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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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erst sicher sein, daß es dir ernst ist. Es ist eine wichtige Angelegenheit für euch beide. Deshalb werde ich dieses Mädchen zwei Jahre lang unterrichten lassen oder soundso lange mit deinen Schwestern in ein und dieselbe Schule schicken, und du gibst mir dein Ehrenwort, daß du sie während dieser Zeit nur soundsooft siehst. Wenn das Mädchen nach Verlauf dieser Zeit die Gelegenheit entsprechend wahrgenommen hat, so daß ihr hinsichtlich Bildung auf dem richtigen Fuß miteinander steht, und wenn ihr dann immer noch desselben Sinnes seid, so will ich das Meine tun, um euch glücklich zu machen. Ich kenne mehrere Fälle dieser Art, Mylady, und ich glaube, sie zeigen mir, welchen Weg ich einzuschlagen habe.«
    Sir Leicesters Großartigkeit kommt jetzt zum Ausbruch. Ruhig, aber schrecklich.
    »Mr. Rouncewell«, sagt er, die rechte Hand in der Brust seines blauen Fracks – die Staatsstellung, in der sein Bild in der Galerie hängt. »Ziehen Sie einen Vergleich zwischen Chesney Wold und einer« – er unterdrückt einen Erstickungsanfall – »einer Fabrik?«
    »Ich brauche wohl nicht zu versichern, Sir Leicester, daß die zwei Orte sehr verschieden von einander sind, aber zum Zweck der Beurteilung des vorliegenden Falles glaube ich einen gewissen Vergleich zwischen ihnen immerhin ziehen zu dürfen.«
    Sir Leicester läßt seinen majestätischen Blick die eine Seite des langen Salons hinab und die andre heraufschweifen, ehe er glauben kann, daß er wach ist.
    »Ist es Ihnen bekannt, Sir, daß dieses junge Mädchen, das Mylady-Mylady! – in ihre Dienste genommen hat, in der Dorfschule draußen erzogen worden ist?«
    »Sir Leicester, das ist mir wohl bekannt. Es ist eine sehr gute Schule, und sie wird von Ihrer Familie in nicht genug anzuerkennender Weise unterstützt.«
    »Dann muß ich gestehen, Mr. Rouncewell, daß mir Ihre Äußerungen vollkommen unverständlich sind.«
    »Werden sie Ihnen begreiflicher sein, Sir Leicester, wenn ich Ihnen sage«, entgegnet der Eisenwerksbesitzer, und das Blut steigt ihm ein wenig ins Gesicht, »daß ich nicht der Meinung bin, die Dorfschule könne alles lehren, was der Gattin meines Sohnes zu wissen wünschenswert ist?«
    »Von dem Unterfangen, die bis zu dieser Minute sakrosankt gewesene Dorfschule von Chesney Wold herabzusetzen, bis zu dem ganzen sozialistischen Lattenbau mit seinen Übergriffen, Menschen über ihren Stand zu erziehen und dadurch die Grenzen zu verwischen, die Schleusen zu öffnen und alles andre Übel anzurichten, ist nur ein Schritt.« Das ist der rasche Ideengang im Geiste des Dedlockhauptes.
    »Mylady, bitte um Verzeihung! Gestatten Sie mir nur noch einen Augenblick!« – Sie hatte ein leises Zeichen gegeben, daß sie sprechen wollte. – »Mr. Rouncewell, unsere Ansichten von Pflicht und unsere Ansichten von gesellschaftlicher Stellung, unsere Ansichten von Erziehung und unsere Ansichten von... Kurz, alle unsere Ansichten stehen in so entschiednem Gegensatz zueinander, daß eine Verlängerung dieser Unterhaltung Ihre Gefühle ebenso verletzen müßte wie die meinen. Dieses junge Mädchen wird mit Myladys Beachtung und Gunst beehrt. Wenn sie sich dieser Beachtung und Gunst zu entziehen wünscht oder es vorzieht, sich unter den Einfluß jemandes zu begeben, der infolge seiner eigentümlichen Ansichten – Sie werden mir den Ausdruck eigentümliche Ansichten gestatten, wenn ich auch gern zugestehe, daß ich keinerlei Rechtfertigung derselben zu fordern habe –, der sie infolge seiner eigentümlichen Ansichten dieser Beachtung und Gunst zu entziehen wünscht, so steht das dem Mädchen jeder Zeit frei. Wir sind Ihnen verbunden für die Offenheit, mit der Sie sich ausgesprochen haben. Sie wird an sich in keiner Weise die Stellung des jungen Mädchens hier beeinflussen. Zu etwas weiterem können wir uns nicht verstehen und bitten Sie – wenn Sie so gut sein wollen –, das Thema fallen zu lassen.«
    Der Besuch schweigt einen Augenblick, um Mylady Gelegenheit zu geben, das Wort zu ergreifen, aber sie sagt nichts. Dann steht er auf und entgegnet:
    »Sir Leicester und Lady Dedlock, erlauben Sie mir, Ihnen für das Gehör, das Sie mir geschenkt haben, zu danken und nur zu bemerken, daß ich meinem Sohn angelegentlichst raten werde, seiner Herzensneigung Herr zu werden. Gute Nacht!«
    »Mr. Rouncewell«, sagt Sir Leicester mit dem ganzen Glanz eines vollendeten Gentlemans, »es ist spät, und die Wege sind finster. Ich hoffe, Ihre Zeit ist nicht so kostbar,

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