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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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sprachen darüber, und es ging ihnen ebenso.
    Ehe wir uns empfahlen, machte mir Mr. Jellyby ein höchst unerwartetes und beredtes Kompliment. Er kam im Vorzimmer auf mich zu, ergriff meine beiden Hände, drückte sie und machte zwei Mal den Mund auf und zu.
    Ich wußte so genau, was er meinte, daß ich ganz verlegen abwehrte: »Bitte, sprechen Sie nicht davon, Sir.«
    »Ich hoffe, diese Heirat fällt gut aus, Vormund«, sagte ich, als wir drei nach Hause fuhren.
    »Ich hoffe, Mütterchen! Geduld. Wir werden sehen!«
    »Ist heute Ostwind?« wagte ich zu fragen.
    Er lachte herzlich und verneinte.
    »Aber diesen Morgen muß Ostwind gewesen sein, glaube ich?«
    Er verneinte wieder, und dieses Mal sagte auch mein Liebling ganz zuversichtlich nein und schüttelte das hübsche Köpfchen, das mit den Blumen in dem blonden Haar wie der Lenz selbst aussah.
    »Was weißt du denn von Ostwind, mein häßlicher Liebling«, sagte ich und mußte sie in meiner Bewunderung küssen – ich konnte mir nicht helfen.
    Ach, ich weiß gar wohl, daß nur die Liebe der beiden zu mir die Ursache war, daß sie mir das sagten. Ich muß es hinschreiben, selbst wenn ich es wieder ausstreichen sollte, weil es mir soviel Freude macht: Sie sagten mir, es könne kein Ostwind sein, wo ein gewisser Jemand sei. Wo Mütterchen Hubbart sei, da sei Sonnenschein und Sommerluft.

31. Kapitel
Wärterin und Kranke
    Ich war noch nicht viele Tage wieder zu Hause, als ich eines Abends hinauf in mein Zimmer ging, um Charley über die Schulter zu gucken und zu sehen, wie sie mit ihren Schreibübungen vorankäme. Schreiben war eine harte Arbeit für Charley. Sie schien keine Macht über die Feder zu haben, die in ihrer Hand ein widerspenstiges Leben zu bekommen schien, ausglitschte, krumm ging, stehen blieb, spritzte und sich in die Ecken drängte wie ein Reitesel. Es war seltsam, was für alte Buchstaben Charleys junge Hand machte. Buchstaben, so runzlig und verschrumpft und schlottrig, und die Hand so voll und rund! Und wie ungewöhnlich geschickt Charley in andern Dingen war! Sie hatte so gewandte kleine Finger wie nur irgend jemand.
    »Nun, Charley, wir machen Fortschritte«, ermutigte ich sie, als ich eine ganze Seite voll Os betrachtete, auf der alle möglichen drei- und viereckigen, birnenförmigen und schiefstehenden Formen zu sehen waren. »Wenn es uns erst einmal gelingt, sie rund zu kriegen, sind wir Meister, Charley.«
    Dann machte ich ein O, und Charley machte eins. Charleys Feder wollte es aber nicht zusammenschließen, sondern geruhte, es zu einem Knoten zu wirbeln.
    »Tut nichts, Charley. Wir werden es mit der Zeit schon lernen.«
    Charley war mit ihrem Pensum fertig, legte die Feder hin, machte das steifgewordne Händchen auf und zu, besah mit ernstem Gesicht, halb stolz, halb zweifelhaft, die Seite, stand auf und knickste.
    »Ich danke Ihnen, Miß. Wenn Sie erlauben, Miß, haben Sie nicht eine arme Frau namens Jenny gekannt?«
    »Die Frau eines Ziegelstreichers, Charley«
    »Ja. Sie redete mich vor kurzem an, als ich ausging, und sagte, sie kenne Sie, Miß. Sie fragte mich, ob ich nicht die kleine Zofe der jungen Dame sei – sie meinte Sie, Miß –, und ich sagte ja, Miß.«
    »Ich dachte, sie wäre weggezogen, Charley.«
    »Sie war auch weg, Miß, aber ist wieder in ihre alte Wohnung zurückgekommen – sie und Liz. Haben Sie die andre arme Frau namens Liz gekannt, Miß?«
    »Ich glaube wohl, wenn auch nicht dem Namen nach.«
    »Sie hat das auch gesagt«, entgegnete Charley. »Sie sind beide zurückgekehrt, Miß, und haben sich weit und breit herumgetrieben.«
    »Weit und breit herumgetrieben haben sie sich, Charley?«
    »Ja, Miß.«
    Wenn Charley die Buchstaben in ihrem Schreibheft nur so rund hätte machen können wir ihre Augen, als sie mich dabei ansah, wären sie vortrefflich gewesen.
    »Und diese arme Frau kam vor drei oder vier Tagen hierher ins Haus in der Hoffnung, Sie zu sehen, Miß. Weiter wollte sie nichts, sagte sie. Aber Sie waren nicht da. Sie sah mich herumgehen, Miß«, sagte Charley und lachte voll Freude und Stolz, »und meinte, ich sähe ganz wie Ihre Zofe aus.«
    »Meinte sie das wahrhaftig, Charley?«
    »Ja, Miß, wirklich und wahrhaftig.«
    Charley machte wieder kreisrunde Augen, lachte fröhlich auf und sah dann so ernsthaft drein, wie es sich für meine Zofe schickte. Ich konnte mich nie satt an Charley im Vollgenuß ihrer großen Würde sehen, wenn sie mit ihrem jungen Gesicht, ihrer kindlichen Gestalt und doch so

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