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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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mit seiner guten Laune, seinem feinen Takt und seinem liebenswürdigen Benehmen, selbst aus der ungemütlichsten Gesellschaft etwas Angenehmes zu machen. Keiner der Gäste schien von etwas anderm als von seiner eignen Mission sprechen zu können, aber mein Vormund wußte alles in heiterer Weise zu Ehren der Feier und zur Aufmunterung Caddys zu drehen und steuerte uns sicher durch die Gefahren des Frühstücks. Was wir ohne ihn gemacht hätten, fürchte ich mich fast auszudenken, denn da jeder auf Braut und Bräutigam von oben herabsah und sich der alte Mr. Turveydrop infolge seines vornehmen Anstandes und seiner Allüren der ganzen Gesellschaft unendlich überlegen hielt, war es ein geradezu verzweifelter Fall.
    Endlich kam die Zeit, wo die arme Caddy Abschied nehmen mußte und ihr ganzes Hab und Gut auf den gemieteten Zweispänner, der sie und ihren Gatten nach Gravesend bringen sollte, gepackt wurde.
    Es war rührend, wie sie sich jetzt gar nicht von dem Vaterhaus, das ihr so jämmerlich wenig geboten, trennen konnte und mit der größten Zärtlichkeit am Halse der Mutter hing.
    »Es tut mir so leid, daß ich nicht länger diktando schreiben konnte, Ma«, schluchzte sie. »Ich hoffe, du verzeihst mir jetzt.«
    »Ach Caddy, Caddy«, seufzte Mrs. Jellyby. »Ich habe dir doch oft genug gesagt, daß ich einen Knaben aufgenommen habe, und damit ist's abgemacht.«
    »Bist du auch ganz gewiß nicht ein bißchen böse mehr auf mich, Ma? Sage, daß du's nicht bist, ehe ich weggehe, Ma!«
    »Du närrische Caddy«, entgegnete Mrs. Jellyby. »Sehe ich böse aus oder neige ich überhaupt zum Bösesein? Oder habe ich Zeit dazu?«
    »Gib ein bißchen auf Papa acht, wenn ich fort bin, Ma!«
    Mrs. Jellyby lachte geradezu über diesen Einfall. »Du romantisches Kind!« sagte sie und klopfte Caddy auf den Rücken. »Geh nur. Es liegt nicht der geringste Schatten zwischen uns. Jetzt leb wohl, Caddy, und sei recht glücklich.«
    Dann umarmte Caddy ihren Vater und legte seine Wange an ihre, als wäre er ein krankes Kind, und konnte sich gar nicht von ihm losreißen.
    Alles dies spielte sich in der Vorhalle ab. Der Vater ließ sie los, zog sein Taschentuch heraus, setzte sich auf die Treppe und lehnte den Kopf an die Wand. Ich hoffe, daß ihn das einigermaßen getröstet hat. Ich glaube es sogar.
    Und dann nahm Prince ihren Arm und wandte sich in großer Ergriffenheit und Verehrung zu seinem Vater, dessen Anstand und Allüren in diesem Augenblick sich in geradezu überwältigender Weise entfalteten.
    »Ich danke dir aber- und abermals, Vater«, sagte Prince und küßte ihm die Hand. »Ich bin dir unendlich dankbar für all deine Güte und deine Rücksicht betreffs unsrer Heirat. Und dasselbe, kann ich dir versichern, fühlt auch Caddy.«
    »Sehr«, schluchzte Caddy, »seh-e-r.«
    »Mein lieber Sohn«, antwortete Mr. Turveydrop, »und du, meine liebe Tochter, ich habe meine Pflicht getan. Wenn der Geist der Verewigten über uns schwebt und jetzt herabblickt, so ist das und eure beständige Liebe mein Dank, mein Sohn. Ihr werdet euere Pflicht, mein Sohn und meine Tochter, doch niemals vergessen?«
    »Teurer Vater, nie!« rief Prince.
    »Nie, nie, lieber Mr. Turveydrop!« beteuerte auch Caddy.
    »So sei es! Meine Kinder, mein Haus gehört euch, mein Herz ist euer. Und alles, was mein ist. Ich will euch nie verlassen, und nur der Tod soll uns scheiden. Mein lieber Sohn, gedenkst du wirklich, eine ganze Woche wegzubleiben?«
    »Eine Woche, lieber Vater. Wir kommen heute über acht Tage wieder nach Hause.«
    »Mein liebes Kind, ich muß dir selbst unter den gegenwärtigen Ausnahmeverhältnissen strengste Pünktlichkeit empfehlen. Es ist von höchster Wichtigkeit, mit der Kundschaft in Fühlung zu bleiben. Wenn man Schulen auch nur im mindesten vernachlässigt, so rächt sich das leicht.«
    »Heute über acht Tage, Vater, sind wir gewiß zum Mittagessen wieder zu Hause.«
    »Gut«, sagte Mr. Turveydrop. »Euer Zimmer wird geheizt sein, liebe Caroline, und das Essen in meinem eignen Appartement bereit stehen. Ja, ja, Prince«, kam er einem bescheidnen Einwand von Seiten seines Sohns mit einer großartigen Geste zuvor, »Du und unsre Caroline werden sich im obern Teil des Hauses noch nicht heimisch fühlen, und ich will deshalb, daß ihr für diesen Tag in meinem Appartement diniert. Und nun behüt euch Gott!«
    Sie fuhren fort. Ob ich mich mehr über Mrs. Jellyby oder über Mr. Turveydrop wundern sollte, wußte ich nicht. Mein Vormund und Ada

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