Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 5
Inhalt
„Eine junge Lady sollte nicht fluchen“, bemerkte Phineas Fletcher tadelnd. „Aber in Anbetracht Ihres vermutlich sehr aufgewühlten Gemütszustandes werden wir darüber hinwegsehen, Miss Fenton.“
Kate war erleichtert, aber auch verwirrt. Nach ihrem erfolgreichen Kampf gegen die verruchte und aggressive Lola und ihrer Flucht aus dem Kohlenkeller hatte sie soeben in dem unterirdischen Labyrinth ihre Gefährten Phineas Fletcher und David Benson getroffen. Es gab niemanden, dem Kate hier unten lieber begegnet wäre, abgesehen natürlich von ihrem Verlobten James Barwick. Aber der hatte sich leider auf eine geheime Mission ins Unbekannte verabschiedet. So hatte sich Kate allein aus der Gewalt des Pariser Verbrecherchefs Serpent befreit, der eine Bande von sogenannten Apachen befehligte.
Kate zwinkerte ungläubig. Sie hätte sich am liebsten selbst in den Arm gekniffen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte. Aber ihre beiden Reisegefährten standen wirklich vor ihr.
Zuletzt hatte sie Benson und Fletcher gesehen, als an der Place de la Bastille Schüsse gefallen waren. Kate war sehr erleichtert, aber es drängte sich ihr natürlich eine Frage auf. „Wie haben Sie mich hier gefunden?“
„Ich schlage vor, dass wir wieder zum vertrauten Du übergehen, Miss Fenton“, sagte der Kriminalassistent. „Wir wollen doch weiterhin den Anschein erwecken, dass ich Ihr Cousin bin und dass Mr Fletcher ihr Onkel ist.“
„Also gut – David.“
Während dieses leise geführten Wortwechsels war das Trio natürlich nicht stehengeblieben. Sie schlichen in dem schmalen Gang zügig hintereinander her. Der Erfinder bildete die Vorhut; er trug eine Blendlaterne, mit der er vor sich her leuchtete. Hinter ihm ging Kate, der Kriminalassistent David Benson bildete den Schluss. Er war es auch, der Kate mit seiner lispelnden Stimme auf den neuesten Stand brachte.
„Der Angriff an der Place de la Bastille hat uns leider völlig überrascht. Ich hatte auch keine Schusswaffe bei mir. Aber ich hätte ohnehin nicht feuern können. Die Gefahr, dich zu treffen, wäre viel zu groß gewesen, Kate.“
Als Benson ihren Namen aussprach, hörte sich das sehr liebevoll an. Kate war sich jetzt noch sicherer, dass der Scotland-Yard-Mann heimlich in sie verknallt war. Aber erstens war sie mit James liiert, zweitens gefiel Benson ihr vom Typ her überhaupt nicht, und drittens war ein feuchtes Apachen-Kellerlabyrinth der denkbar schlechteste Ort, um romantische Gefühle zu entwickeln.
Kate zog es also vor, beim Thema zu bleiben. „Dieser Gentleman, der niedergeschossen wurde – war das Horace Lindsay?“
„Ja. Wir wissen nicht, warum unser Verbindungsmann sterben musste. Jedenfalls kam für ihn jede Hilfe zu spät. Die Verbrecher brausten in einem elektrisch betriebenen Raketenauto heran. Die Maskierten schlugen dich nieder und zerrten dich an Bord des Fahrzeugs. Die ganze Entführung ging im Handumdrehen über die Bühne! Das Raketenauto war viel zu schnell im Gassengewirr von Paris verschwunden, als dass wir die Verfolgung hätten aufnehmen können. Mr Fletcher und ich hatten ja überhaupt kein Fahrzeug zur Verfügung, von einem Drehflügler ganz zu schweigen. Und um eine solche Maschine bedienen zu können, hätten wir dich gebraucht.“
„Und doch ist es euch gelungen, mich hier zu finden. Wie habt ihr das gemacht, David?“
„Indirekt hat das Raketenauto uns dabei geholfen. Diese Fahrzeuge sind sehr teuer und daher selten. In ganz Paris gibt es nur rund zwei Dutzend von diesen erstaunlichen Maschinen. Wenigstens konnte ich das Messingschild des Herstellers am Heck erkennen. Das Raketenauto wurde von der Pariser Fabrik Fleur & Braque hergestellt. Wir begaben uns unverzüglich dorthin und bestachen einen Angestellten im Auslieferungsbüro. Er gab uns nicht nur eine Liste der Kunden, sondern verriet uns auch unter dem Siegel der Verschwiegenheit, dass einer der Käufer der Raktenautos einen schlechten Ruf hätte. Er wäre womöglich in kriminelle Aktivitäten verwickelt. Der Name dieses Mannes lautet Pierre Flocard. Ihm gehört das Gelände, auf dem wir uns gerade befinden.“
„Pierre Flocard – das sagt mir nichts. Ich nehme an, so lautet der bürgerliche Name von Serpent.“
Kate erzählte Benson kurz und knapp von ihrer Begegnung mit dem Apachenchef und seiner eifersüchtigen Wahrsager-Freundin Lola. Als der Kriminalassistent ihr antwortete, schwang in seiner Stimme unverhohlene Bewunderung mit.
„Du hast
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