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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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nachzukommen, angestellt.
    »Jenny«, sagte Liz keuchend, denn sie war gelaufen und hatte große Angst. »Jenny, dein Mann ist auf dem Heimweg, und meiner kommt auch gleich, und Gott helfe dem Jungen. Wir können nicht mehr für ihn tun.«
    Sie brachten ein paar Halfpence zusammen und drückten sie ihm eilig in die Hand, und dann wankte er halb bewußtlos, halb dankbar aus dem Hause.
    »Gib mir das Kleine, liebes Kind«, sagte die Mutter zu Charley. »Und ich dank dir auch schön. Und gute Nacht, liebe Jenny. – Fräulein, wenn mein Mann mich läßt, will ich nachher unten am Ziegelofen nachschauen, wo der Junge wahrscheinlich sein wird, und auch wieder morgen früh.«
    Sie eilte fort, und gleich darauf sahen wir sie, das Kind in ihren Armen einsingend, an ihrer Tür stehen und voll Spannung die Straße hinunterschauen, die ihr betrunkner Mann kommen mußte.
    Ich wagte nicht, mich aufzuhalten oder mit einer der beiden Frauen zu sprechen, um sie nicht in Ungelegenheiten zu bringen, aber ich sagte Charley, wir dürften den Knaben hier nicht ohne Hilfe sterben lassen. Charley, die viel besser als ich wußte, was not tat, und ebenso rasch wie geistesgegenwärtig war, eilte vor mir her, und gleich darauf holten wir Jo unmittelbar am Ziegelofen ein.
    Ich glaube, er mußte seine Wanderung mit einem kleinen Bündel unter dem Arm begonnen haben, das man ihm vermutlich gestohlen hatte, denn er trug immer noch die zerlumpten Reste einer Pelzmütze wie ein Bündel unter dem Arm und wankte barhäuptig in dem jetzt wieder heftig gießenden Regen einher. Als wir ihn riefen, blieb er stehen, und wieder erwachte seine Furcht vor mir. Er starrte mich mit seinen fieberglänzenden Augen an, und sogar sein Frösteln hörte auf.
    Ich forderte ihn auf, mit uns zu kommen, und sagte, wir würden Sorge tragen, daß er für die Nacht ein Obdach fände.
    »I brauch ka Obdach«, antwortete er. »I kann mi auf die warmen Ziegel legn.«
    »Aber weißt du denn nicht, daß die Leute dort sterben?« wendete Charley ein.
    »Sterben tuns überall. Sie sterben in ihnere Stuben – sie weiß schon wo, ich habs ihr zeigt – und sterben tuns in Toms Einöd haufenweis. Sterben tuns mehr, als s leben, was i weiß.« Dann flüsterte er Charley heiser zu: »Wanns nicht die andre is, is a net die Ausländerin. Gibt's denn drei?«
    Charley sah mich erschrocken an. Ich fürchtete mich förmlich vor mir selbst, als mich der Knabe so anstarrte.
    Aber er wendete sich um und folgte mir, als ich ihm winkte, und da ich sah, daß mein Einfluß auf ihn soweit reichte, führte ich ihn graden Wegs nach Hause. Es war nicht weit. Nur den Hügel hinauf. Wir trafen bloß einen Mann unterwegs. Ich bezweifle, ob wir ohne Beistand nach Hause gekommen wären, so unsicher und schwankend war der Gang des Jungen. Aber er ließ keinen Laut der Klage hören und war seltsam unbekümmert um sich, wenn ich mich so ausdrücken darf.
    Ich ließ ihn einen Augenblick in der Vorhalle stehen, wo er sich in eine Ecke des Fenstersitzes drückte und mit mehr Teilnahmslosigkeit als Verwunderung den Komfort der Umgebung anstarrte. Dann ging ich in das Besuchszimmer, um mit meinem Vormund zu sprechen. Dort fand ich Mr. Skimpole, der mit der Landkutsche angekommen war, ohne vorher jemanden verständigt zu haben, wie das so seine Gewohnheit war. Nie pflegte er sich in solchen Fällen Kleider mitzubringen, sondern stets alles, was er brauchte, zu borgen.
    Sie kamen gleich mit mir heraus, um den Jungen zu besichtigen. Auch die Dienerschaft hatte sich in der Vorhalle versammelt. Jo kauerte, von Fieber geschüttelt, in der Fensternische wie ein verwundetes Tier, das man in einem Graben gefunden hat, und Charley stand bei ihm.
    »Das ist ein trauriger Fall«, sagte mein Vormund, nachdem er ihm einige Fragen gestellt, ihm den Puls gefühlt und seine Augen untersucht hatte. »Was meinen Sie, Harold?«
    »Das Beste ist, Sie schicken ihn fort«, riet Mr. Skimpole.
    »Was meinen Sie?« fragte mein Vormund fast zornig.
    »Mein lieber Jarndyce«, entschuldigte sich Mr. Skimpole, »Sie wissen doch, was ich bin. Ich bin ein Kind. Schelten Sie mich nicht aus, wenn ich es vielleicht verdiene. Aber ich habe eine angeborne Abneigung gegen dergleichen. Ich hatte sie stets, als ich noch Arzt war. Er ist krank, müssen Sie wissen. Er hat ein sehr bösartiges Fieber.«
    Mr. Skimpole hatte sich wieder aus der Vorhalle in das Besuchszimmer zurückgezogen, sich auf den Musikstuhl gesetzt und sagte dies, während wir um

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