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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Blut, prachtvoll gekleidet.
    »Ich habe Euer Gnaden um Entschuldigung zu bitten«, stammelt Mr. Guppy sehr niedergeschlagen. »Es ist dies eine sehr unpassende Zeit...«
    »Ich sagte Ihnen, Sie könnten zu jeder Zeit kommen.« Mylady nimmt einen Stuhl und sieht ihn unverwandt an wie das letzte Mal.
    »Danke verbindlichst, Euer Gnaden. Euer Gnaden sind sehr gütig.«
    »Sie können Platz nehmen.« Ihr Ton ist durchaus nicht gütig.
    »Ich weiß nicht, Euer Gnaden, ob es der Mühe wert ist, mich zu setzen und Sie aufzuhalten, denn ich – ich habe die Briefe, von denen ich neulich sprach, als ich die Ehre hatte, der Allergnädigsten meine Aufwartung zu machen, nicht bekommen.«
    »Sind Sie bloß deswegen hier, um mir das zu sagen?«
    »Bloß, um Ihnen das zu sagen, Euer Gnaden.« Mr. Guppy ist sehr deprimiert, sehr enttäuscht und befangen, aber der Glanz und die Schönheit Myladys bringen ihn noch um seinen Rest von Fassung. Sie kennt die Wirkung ihrer Erscheinung vollkommen. Sie hat sie zu gut studiert, um auch nur die geringste Spur ihres Eindrucks auf andre zu übersehen. Wie sie ihn so fest und kalt anblickt, fühlt er nicht bloß, daß er hoffnunglos hinsichtlich dessen, was sie sich denkt, führerlos im Dunkel tappt, sondern ihr auch sozusagen von Sekunde zu Sekunde weiter entrückt wird.
    Sie will nicht sprechen, das ist klar. Also muß er anfangen.
    »Kurz, Euer Gnaden«, sagt er zerknirscht wie ein reuiger Dieb, »die Person, von der ich die Briefe bekommen sollte, ist plötzlich gestorben und...«
    Lady Dedlock vollendet ruhig den Satz: »und die Briefe sind mit ihr vernichtet?«
    Mr. Guppy möchte nein sagen, wenn er könnte, aber er ist nicht imstande, sich zu verstellen.
    »Ich glaube ja, Euer Gnaden.«
    Ob er jetzt in ihrem Gesicht auch nur die leiseste Spur von Erleichterung sehen könnte? Nein, er könnte nichts derart sehen, selbst wenn ihre eisige Miene ihn nicht gänzlich aus der Fassung brächte.
    Er stammelt ein paar ungeschickte Worte der Entschuldigung, daß der Plan fehlgeschlagen ist.
    »Ist das alles, was Sie mir zu sagen haben?« fragt Lady Dedlock, nachdem sie ihn ruhig hat ausstottern lassen.
    Mr. Guppy glaubt, das sei alles.
    »Überlegen Sie sich wohl, ob Sie mir nichts weiter zu sagen haben, denn es ist das letzte Mal, daß Ihnen Gelegenheit dazu geboten ist.«
    Mr. Guppy ist fest davon überzeugt.
    »Das genügt. Ich erlasse Ihnen Ihre Entschuldigungen. Guten Abend.« Und Mylady klingelt dem Merkur, um den jungen Mann namens Guppy hinunterführen zu lassen.
    Nun befindet sich im Hause zufällig in demselben Augenblick auch ein alter Mann namens Tulkinghorn. Und dieser alte Mann geht jetzt mit lautlosem Schritt zur Bibliothek und legt gerade die Hand auf die Türklinke, tritt ein und steht dem jungen Mann gegenüber, als dieser das Zimmer verläßt.
    Ein Blick fliegt zwischen dem Alten und Mylady hin und her, und eine Sekunde lang geht der Vorhang, der immer über sein Gesicht gezogen ist, empor. Verdacht, scharf und heftig, blitzt in Mr. Tulkinghorns Auge auf. In der nächsten Sekunde ist alles wieder vorbei.
    »Ich bitte um Verzeihung, Lady Dedlock. Ich bitte tausend Mal um Verzeihung. Es ist sehr ungewöhnlich, Sie zu dieser Stunde hier zu finden. Ich nahm an, das Zimmer sei leer. Ich bitte um Verzeihung.«
    »Ach, bleiben Sie nur!« Sie ruft ihn nachlässig zurück. »Bitte, bleiben Sie nur. Ich fahre gerade zum Diner. Ich habe dem jungen Mann weiter nichts zu sagen.«
    Fassungslos verbeugt sich der junge Mann beim Hinausgehen und hofft untertänigst, daß sich Mr. Tulkinghorn wohl befinde.
    »Es macht sich«, sagt der Advokat und sieht Guppy unter den Augenbrauen hinweg an, obgleich er nicht nötig hat, noch einmal hinzusehen – er gewiß nicht. »Bei Kenge & Carboy, nicht wahr?«
    »Bei Kenge & Carboy, Mr. Tulkinghorn. Mein Name ist Guppy, Sir.«
    »Ja, richtig. Ich danke Ihnen, Mr. Guppy, es geht mir gut.«
    »Sehr erfreut zu hören, Sir. Es kann Ihnen nicht zu gut gehen, Sir, zu Ehren unsres Standes.«
    »Danke, Mr. Guppy.«
    Mr. Guppy drückt sich hinaus.
    Mr. Tulkinghorn, in seinem altmodischen stumpfen Schwarz, ein seltsamer Gegensatz zu Lady Dedlocks Glanz, geleitet sie die Treppe hinunter an den Wagen. Er kommt wieder zurück und reibt sich das Kinn. Reibt es sich im Lauf des Abends sehr oft.

34. Kapitel
Unter der Schraube
    »Was mag das sein, möchte ich gern wissen?« sagt Mr. George. »Eine Platzpatrone oder eine scharfe? Brennt's nur auf der Pfanne oder ist es ein

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