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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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lassen. Einige der Autoritäten, selbstverständlich die aufgeklärtesten, behaupten mit Entrüstung, daß der Verstorbne kein Recht hatte, so zu sterben. Sie betrachten des seligen Mr. Krooks Dickschädligkeit, mit der er zu seinem Ausgang aus der Welt einen solchen Nebenpfad gewählt hat, für höchst ungerechtfertigt und geradezu persönlich beleidigend. Es hilft nichts, daß andre Autoritäten sie an eine gewisse Untersuchung dieser Sorte von Todesfällen erinnern, die im sechsten Band der »Philosophischen Abhandlungen« abgedruckt ist, ferner an ein gewisses nicht ganz unbekanntes Buch über englische Gerichtsmedizin, an den Fall der italienischen Gräfin Cornelia Baudi, ausführlich erzählt von dem Stiftsgeistlichen Bianchini in Verona, der ein paar gelehrte Werke schrieb und zu seiner Zeit gelegentlich ein nicht ganz unvernünftiger Mann genannt worden sein soll, ferner an das Zeugnis der Herren Foderé und Mere, zweier unangenehmer und höchst lästiger Franzosen, die schon damals durchaus solchen Vorkommnissen auf die Grundursache kommen wollten, und endlich auf das unumstößliche Zeugnis Monsieur le Cats, des berühmten französischen Chirurgen, der die Rücksichtslosigkeit besessen hatte, in einem Hause zu wohnen, wo sich ein solcher Fall ereignete, und sogar einen Bericht darüber abzufassen.
    Je weniger der Hof von all dem versteht, desto mehr gefällt es ihm und desto größeren Genuß findet er an den Vorräten in der »Sonne«.
    Dann erscheint der Künstler einer illustrierten Zeitung mit einem bereits vorgezeichneten Vordergrund – nebst Figuren – für alles, vom Schiffbruch an der Küste von Cornwallis angefangen bis zu einer Revue im Hydepark oder einer Volksversammlung in Manchester, passend –und zeichnet von Mrs. Perkins eignem Zimmer aus, das dadurch für alle Zeiten unsterblich wird, Mr. Krooks Haus außerordentlich groß, sozusagen in Überlebensgröße, denn er macht einen wahren Tempel daraus. Ebenso entwirft er das Unglückszimmer, in das man ihm erlaubt hat, einen Blick zu werfen, ungefähr dreiviertel Meilen lang und fünfzig Meter hoch, worüber sich der Hof besonders freut.
    Die ganze Zeit über wimmeln die beiden bereits erwähnten Herren mit den schäbigen Knopflöchern in jedem Hause herum, wohnen den gelehrten Disputationen bei, stecken überall die Nase hinein und machen lange Ohren. Beständig verschwinden sie dann wieder in das Gastzimmer der »Sonne« und schreiben mit den gefräßigen kleinen Federn auf dünnes Papier.
    Endlich kommt der Totenbeschauer mit seinen Geschworenen, wie schon damals, nur hebt er diesen Fall als etwas Ungewöhnliches hervor und äußert – inoffiziell – gegen die Herren von der Jury: Das Haus nebenan, meine Herren, scheint ein Unglückshaus zu sein, aber so was kommt eben manchmal vor, und das sind Geheimnisse, die wir nicht erklären können. Sodann kommt der »sechs Schuh lange« aufs Tapet und wird sehr bewundert.
    Bei alledem spielt Mr. Guppy eine höchst unbedeutende Rolle, außer bei Ablegung seiner Zeugenaussage. Vorläufig kann er sich vor dem geheimnisvollen Haus herumtreiben, wo er, zu seinem größten Ärger, Mr. Smallweed ein Vorhängschloß an der Tür befestigen sieht, was soviel bedeutet, daß er nicht mehr hinein darf. Aber ehe alles vorüber ist, das heißt, am Abend nach der Katastrophe, muß Mr. Guppy Lady Dedlock unbedingt berichten gehen.
    Aus diesem Grund erscheint der junge Mann namens Guppy mit bangem Herzen und zerknirscht vor Schuldbewußtsein, das Furcht und langes Wachsein in der »Sonne« erzeugt haben, im Stadtpalais gegen sieben Uhr abends und will mit Mylady sprechen. Der Merkur gibt zur Antwort, daß sie gerade zu einem Diner ausfahren will, und ob er denn nicht den Wagen vor der Tür stehen sehe?
    Ja, er sieht den Wagen vor der Tür, wünscht aber dennoch Mylady zu sprechen.
    Der Merkur ist geneigt, wie er voraussichtlich gleich einem Kameraden erklären wird, »dem jungen Mann eins zu geben«, aber er hat bestimmten Befehl. Deshalb meint er mürrisch, der junge Mann müsse wohl mit in die Bibliothek hinaufkommen. Dort läßt er ihn in dem großen, nicht übermäßig hellen Zimmer stehen, während er ihn anmeldet.
    Mr. Guppy sieht sich nach allen Richtungen in der Dämmerung um und entdeckt das gewisse verkohlte, mit weißer Asche bestreute Stück Holz, das er nicht loswerden kann, in jeder Ecke. Gleich darauf hört er ein Rauschen. Ist es ein Geist? Nein, es ist kein Gespenst, sondern Fleisch und

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