Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
Schuß?«
    Ein Brief beschäftigt den Kavalleristen und scheint ihm gewaltiges Kopfzerbrechen zu machen. Er hält ihn mit ausgestrecktem Arm vor sich hin, hält ihn dicht vor die Augen, nimmt ihn in die rechte Hand, nimmt ihn in die linke Hand, liest ihn, den Kopf auf die Seite gelegt, liest ihn, den Kopf auf die andre Seite gelegt, zieht die Augenbrauen zusammen, zieht sie in die Höhe und kann doch nicht ins klare kommen. Er streicht den Brief mit seiner schweren Hand auf dem Tisch glatt, geht gedankenvoll in der Galerie auf und ab und steht dann und wann still, um das Schreiben abermals anzusehen. Selbst das nützt nichts. Ist es eine Platzpatrone oder eine scharfe? überlegt Mr. George immer noch.
    Phil Squod ist mit einem Pinsel und einem Farbtopf im Hintergrund beschäftigt, die Schießscheiben weiß anzustreichen. Er pfeift sich dabei im Geschwindschrittempo eins.
    »Phil!« Der Kavallerist winkt.
    Phil kommt in seiner gewohnten Art näher und schiebt sich seitlich an der Wand entlang, wie wenn er vorhätte, anderswo hinzugehen, um dann wie zu einem Bajonettangriff auf seinen Kommandeur loszustürzen. Einzelne Spritzer weißer Farbe stechen grell von seinem schmutzigen Gesicht ab, und er kratzt sich seine einzige Augenbraue mit dem Stiel des Pinsels.
    »Gib acht, Phil. Hör mal zu!«
    »Zu Befehl, Kommandeur.«
    »Sir. Ich erlaube mir, Sie darauf aufmerksam zu machen, obgleich ich, wie Sie wohl wissen, gesetzlich dazu nicht verpflichtet bin, daß der Wechsel über 97 £ 4 sh. und 9 d. auf zwei Monate Ziel, von Mr. Matthew Bagnet auf Sie gezogen und von Ihnen akzeptiert, morgen fällig ist, und bitte Sie, die Tratte bei Vorkommen pünktlich zu honorieren.
    Ihr
Josua Smallweed.«
    »Was soll das bedeuten, Phil?«
    »Unheil, Govner!«
    »Wieso?«
    »Ich glaube«, entgegnet Phil und folgt mit dem Pinselstiel nachdenklich einer Querfalte auf seiner Stirn, »daß allemal Unheil im Zuge ist, wenn einer Geld will.«
    »Schau mal, Phil«, sagt der Kavallerist und setzt sich auf den Tisch. »Erstens und letztens habe ich, kann ich wohl sagen, die Hälfte mehr an Zinsen nach und nach, als das Kapital beträgt, bezahlt.«
    Phil tritt ein paar Schritte seitlich zurück und schneidet ein saures Gesicht und gibt dadurch zu verstehen, daß ihm durch diesen Einwand die Sache nicht hoffnungsvoller zu werden scheint.
    »Und zweitens, schau, Phil«, sagt der Kavallerist und weist solche voreiligen Schlüsse mit einer Handbewegung zurück. »Es war immer stillschweigend ausgemacht, daß der Wechsel prolongiert werden sollte, wie sie's nennen, und er ist oft genug prolongiert worden. Was sagst du jetzt dazu?«
    »Ich sage, ich glaube, damit ist's jetzt aus.«
    »So, meinst du? Hm! Ich bin so ziemlich derselben Meinung.«
    »Josua Smallweed ist wohl der, den sie damals im Stuhl hierher getragen haben, Govner?«
    »Jawohl.«
    »Govner«, sagt Phil außerordentlich ernst, »er ist ein Blutegel von Natur, eine Schraube und ein Schraubstock in seinen Taten, eine Schlange, was seine Umschlingungen, und ein Hummer, was die Scheren betrifft.«
    Nachdem Mr. Squod so ausdrucksvoll seine Ansichten geäußert und ein wenig gezögert hat, um zu sehen, ob man noch weiteres von ihm erwarte, begibt er sich wieder zu seiner Scheibe und deutet auf seine frühere musikalische Art kraftvoll an, daß er:
Kehret heim aus dem Feld,
Kehret heim aus dem Feld,
Heim zum Mädchen, das er verla-ha-ssen.
    George hat den Brief zusammengelegt und tritt zu ihm.
    »Es gibt schon einen Weg, die Sache abzumachen, Kommandeur«, sagt Phil und sieht seinen Herrn schlau an.
    »Das Geld bezahlen, was? Ja, wenn ich das könnte.«
    Phil schüttelt den Kopf. »Nein, Govner, nein. Etwas Besseres. Es gibt einen Weg. Sehen Sie: so«, sagt Phil mit einer hochkünstlerischen Schwenkung seines Pinsels.
    »Einen Strich drüber machen?«
    Phil nickt.
    »Das wäre mir ein hübscher Ausweg! Weißt du, was dann aus den Bagnets werden würde? Weißt du, daß sie dann meine Schulden bezahlen müßten und zugrunde gerichtet wären. Du bist mir ein netter Kerl«, sagt der Kavallerist und sieht Phil entrüstet an. »Meiner Seel, ein netter Kerl, Phil!«
    Phil, seine Scheibe auf dem Knie, will gerade ernstlich protestieren, wenn es auch nicht ohne viele allegorische Schwenkungen seines Pinsels und Glätten des weißen Randes mit dem Daumen abgeht, und beteuern, er habe die Bagnets ganz vergessen und würde keinem Mitglied dieser würdigen Familie auch nur ein Haar krümmen, als man draußen

Weitere Kostenlose Bücher