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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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keineswegs außer Sorgen seinetwegen. Begreiflicherweise.«
    In der letzten Zeit war mein Herzenskind täglich bei uns gewesen, manchmal sogar zwei Mal. Aber wir fühlten, daß dies nur bis zu meiner vollständigen Genesung so fortgehen könnte. Wir wußten recht gut, daß ihr Herz voller Liebe und Dankbarkeit für ihren Vetter John schlug, und waren überzeugt, daß Richard keinen Versuch machen würde, sie von uns fernzuhalten; aber andrerseits sahen wir ein, daß sie es für Pflicht ihrem Gatten gegenüber halten mußte, ihre Besuche bei uns nach Möglichkeit einzuschränken. Mein Vormund hatte bei seinem Zartgefühl die Situation bald überschaut und sie merken lassen, daß er ihre Ansicht billige.
    »Lieber unglücklicher irregeleiteter Richard«, sagte ich. »Wann wird endlich die Binde von seinen Augen fallen!«
    »So bald wohl kaum, mein Kind. Je mehr er leidet, desto mehr wächst seine Abneigung gegen mich. Er hält mich doch für die Hauptursache seiner Leiden.«
    »Wie unvernünftig«, rief ich aus.
    »Ach Frauchen, Frauchen!« entgegnete mein Vormund. »Wo 'Jarndyce kontra Jarndyce' mitspielt, ist's um Vernunft und Einsicht geschehen. Unverstand und Ungerechtigkeit auf allen Seiten, innen und außen, Unverstand und Ungerechtigkeit von Anfang bis zu Ende, wenn man überhaupt bei einem Prozeß von einem Ende reden kann. Wie sollte da der arme Rick, der sich beständig damit abgibt, zu Verstand kommen? Er kann ebensowenig Trauben von Dornen oder Feigen von Disteln ernten.«
    – Die Rücksicht, Sanftmut und Güte, mit der er stets von Richard sprach, rührten mich so, daß ich jedes Mal sehr bald wieder dieses heikle Thema fallen ließ. –
    »Ich glaube, der Lordkanzler und die Vizekanzler und die ganze Kanzleibatterie würden sich auch wundern, wenn sie soviel Unverstand und Ungerechtigkeit bei einem ihrer Klienten fänden«, fuhr mein Vormund fort. »Ich meinesteils wieder würde mich wundern, wenn es diesen gelehrten Herren gelingen sollte, aus dem Puder, den sie in ihre Perücken streuen, Moosrosen zu ziehen.«
    Er hatte einen Blick nach dem Fenster geworfen, um zu sehen, woher der Wind wehte, und lehnte sich nun auf die Rücklehne meines Stuhles.
    »Aber weg damit, kleines Frauchen! Zeit, Zufall und vielleicht ein wenig Glück werden diesen Block schon aus dem Wege räumen, aber wir dürfen Ada nicht daran Schiffbruch leiden lassen. Sie und er dürfen sich unter keinen Umständen mehr der Gefahr, sich einen Freund zu entfremden, aussetzen. Deshalb habe ich Woodcourt inständigst gebeten, und bitte auch dich, meine Liebe, jetzt inständig, bei Rick an dieses Thema auch mit keinem Wort mehr zu rühren. Lassen wir die Sache vorläufig begraben sein. In Wochen, Monaten, Jahren, früher oder später, wird ihm die Binde schon von den Augen fallen. Ich kann warten.«
    »Aber ich habe bereits mit ihm darüber gesprochen und, wie ich glaube, auch Mr. Woodcourt«, gestand ich.
    »Ich weiß«, entgegnete mein Vormund. »Mr. Woodcourt hat seinen Protest eingelegt, und Mütterchen Durden ebenfalls, und damit gut und Schluß ein für allemal. – Um von etwas anderm zu sprechen, wie gefällt dir Mrs. Woodcourt, mein Kind?«
    Die Frage kam seltsam unvermittelt, und ich sagte, daß mir die alte Dame jetzt sehr gefiele und angenehmer vorkäme als früher.
    »Mir auch«, sagte mein Vormund. »Weniger Stammbaum, nicht wahr? Nicht mehr soviel Morgan – ap... Wie heißt er doch?«
    »Ja, an den habe ich gedacht«, gab ich zu, »aber er scheint eine sehr harmlose Person gewesen zu sein, wenigstens, was wir von ihm gehört haben.«
    »Jedenfalls bleibt er am besten in seinen heimatlichen Bergen. Ich bin ganz deiner Meinung. Also, kleines Frauchen, ist es nicht das Wichtigste, Mrs. Woodcourt eine Zeit hier zu behalten?«
    »Ja. Und doch...«
    Mein Vormund sah mich erwartungsvoll an.
    Ich hatte eigentlich nichts zu sagen. Wenigstens nichts im Sinn, was ich in Worte fassen konnte. Ich hatte ein unbestimmtes Gefühl, daß ein andrer Gast vielleicht vorzuziehen gewesen wäre, aber warum, darüber war ich mir selbst keineswegs klar.
    »Unsre Wohnung«, sagte mein Vormund, »liegt auf Woodcourts Weg, und er kann seine Mutter so oft besuchen kommen, wie er will; das wird beiden sehr angenehm sein; überdies hat sie dich gern und hängt an uns.«
    – Ja. Das war unleugbar der Fall. Dagegen konnte ich nichts einwenden. Ich hätte selber kein besseres Arrangement treffen können; aber doch war ich innerlich nicht ganz ruhig.

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