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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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gebracht, und er war mit Schreiben beschäftigt. – »Du brauchst Geld!«
    »O nein, ich habe noch eine ganze Menge.«
    »Es hat wohl noch nie ein Hausmütterchen gegeben, das mit Geld so lange ausgekommen wäre.« Er legte seine Feder hin, lehnte sich in seinen Stuhl zurück und sah mich nachdenklich an.
    Wie genau kannte ich jeden Zug seines milden menschenfreundlichen Gesichtes, aber noch nie glaubte ich soviel Liebe und Güte darin gesehen zu haben. – Ein Glanz von Glück lag darauf, daß ich mir unwillkürlich dachte: er muß diesen Morgen etwas ganz besonders Segensreiches getan haben.
    Er hatte sein altes Benehmen mir gegenüber bisher unverändert beibehalten. Ich liebte es an ihm so sehr, daß ich, als ich jetzt zu ihm ging und mich, wie so oft, wenn ich mit ihm plauderte, ihm vorlas oder an einer Stickerei arbeitete, neben ihn setzte, mich fast fürchtete, seine Seelenruhe zu stören, indem ich an seine Herzensangelegenheit rührte. Aber wie ich fand, überraschte es ihn gar nicht.
    »Lieber Vormund«, fing ich an, »ich möchte dich gerne etwas fragen. Bin ich in irgend etwas säumig gewesen?«
    »Säumig gewesen, mein Kind?«
    »War ich vielleicht nicht so, wie ich beabsichtigte, seitdem ich dir die Antwort auf deinen Brief brachte, Vormund?«
    »Du bist mir alles gewesen, was ich nur wünschen konnte, mein Liebling!«
    »Ich freue mich wirklich von Herzen, das zu hören. Du weißt, du fragtest mich, ob ich die Herrin von Bleakhaus sein wolle? Und ich sagte ja.«
    »Ja«, sagte mein Vormund und nickte freudig. Er hielt seinen Arm um mich geschlungen, als ob er mich vor etwas beschützen müßte, und sah mir lächelnd ins Gesicht.
    »Seit damals haben wir nie wieder über diese Sache gesprochen. Nur ein einziges Mal, Vormund.«
    »Und damals sagte ich, Bleakhaus wird einsam, und das ist es auch geworden, mein Liebling.«
    »Und ich sagte«, erinnerte ich ihn schüchtern, »aber seine Herrin bleibt.«
    Er hielt mich immer noch mit seinem Arm beschützend, dieselbe strahlende Herzensgüte auf seinem Gesicht, umschlungen.
    »Lieber Vormund«, sagte ich, »ich weiß, wie sehr du alles, was geschehen ist, mit mir gefühlt hast und wie rücksichtsvoll du gewesen bist. Da es schon so lange her ist und du erst diesen Morgen äußertest, daß ich wieder wohlauf sei, so erwartest du vielleicht, daß ich von der Sache anfange. Ich glaube, es ist dies meine Pflicht. Ich will die Herrin von Bleakhaus sein, wann du wünschest.«
    »Schau nur«, entgegnete er heiter, »welche Gedankengleichheit zwischen uns herrscht! Den armen Richard vielleicht ausgenommen, hat mir nichts so sehr auf dem Herzen gelegen. Als du hereintratest, war ich ganz damit beschäftigt. Wann soll Bleakhaus seine Herrin bekommen, Frauchen?«
    »Wann du wünschest.«
    »Nächsten Monat?«
    »Nächsten Monat, lieber Vormund.«
    »Der Tag, an dem ich den glücklichsten und besten Schritt meines Lebens tun, der Tag, an dem ich der glücklichste und beneidenswerteste Mensch auf der Welt sein werde, der Tag, an dem ich Bleakhaus seine kleine Herrin gebe, soll also nächsten Monat sein?«
    Ich umarmte und küßte ihn, gerade wie an dem Tage, wo ich ihm eine Antwort überbracht hatte.
    Das Dienstmädchen öffnete die Tür, um Mr. Bucket zu melden, was ganz unnötig war, denn er blickte ihr bereits über die Achsel.
    »Mr. Jarndyce und Miß Summerson«, sagte er etwas außer Atem, »ich bitte um Verzeihung, wenn ich störe, aber würden Sie mir vielleicht erlauben, jemanden herausbringen zu lassen, der auf der Treppe wartet und sich dort zu bleiben weigert, weil er befürchtet, daß wir hinter seinem Rücken über ihn sprechen könnten? Ja? Ich danke. – Sie sind wohl so gut und bringen diesen Stuhl da herauf, nicht wahr?« Er winkte über das Treppengeländer hinunter.
    Auf diese eigentümliche Aufforderung hin wurde ein alter Mann in einem schwarzen Hauskäppchen, der nicht gehen konnte, von ein paar Männern heraufgetragen und im Zimmer niedergesetzt. Mr. Bucket schickte die Träger fort, machte geheimnisvoll die Türe zu und schob den Riegel vor.
    »Nun, sehen Sie, Mr. Jarndyce«, fing er an, setzte seinen Hut hin und eröffnete seinen Vortrag mit seinem mir unvergeßlichen Hin- und Herbewegen seines Zeigefingers, »Sie kennen mich, und Miß Summerson kennt mich. Dieser Herr kennt mich ebenfalls, und sein Name ist Smallweed. Eskomptieren ist sein Hauptgeschäft, und er 'macht in Wechseln' wie man so sagt. Nicht wahr, so ungefähr verhält sich die

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