Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
hätte.«
    »Doch wohl nicht ganz so weit«, sagte Mr. Jarndyce.
    »Bei meinem Leben und bei meiner Ehre, ja! Um keinen Preis der Welt würde ich mich der unglaublichen Unverschämtheit schuldig machen, eine Dame vom Hause solang warten zu lassen. Lieber hinrichten würde ich mich lassen.«
    Bei diesen Worten gingen sie die Treppen hinauf, und gleich darauf hörten wir den Gast oben in seinem Schlafzimmer losdonnern: »Hahaha!« und wieder »Hahaha!« bis das leiseste Echo in der Nachbarschaft davon angesteckt wurde und so lustig zu lachen schien wie er und wie wir.
    Wir alle faßten ein Vorurteil zu Mr. Boythorns Gunsten, denn es lag ein gewisser innerer Wert in seinem Lachen, seiner kräftigen, gesunden Stimme und der Wucht, mit der jedes seiner Worte aus seinem Munde kam, und selbst in der Wut seiner Superlative, die wie blindgeladene Kanonen loszugehen und niemanden zu verletzen schienen, aber wir waren kaum daraufgefaßt, dieses Vorurteil so durch seine äußere Erscheinung gerechtfertigt zu sehen, als ihn Mr. Jarndyce vorstellte.
    Er war nicht nur ein schöner alter Herr, aufrecht und kraftvoll, wie er uns beschrieben worden, mit einem massiven grauen Kopf, einer schönen Ruhe im Gesicht, wenn er schwieg, einer Gestalt, die ein wenig zur Korpulenz geneigt hätte, wenn er sie nicht so beständig in Leben erhalten haben würde, einem Kinn, das, ohne die heftige Emphase, in der er sich beständig befand, ein Doppelkinn hätte werden können – er war auch ein echter Gentleman in seinem Benehmen, so ritterlich höflich, das Gesicht von einem freundlichen liebenswürdigen Lächeln erhellt, und es schien so klar zu sein, daß er nichts zu verbergen hatte und sich immer so gab, wie er war –, unfähig, etwas in beschränktem Maßstabe zu tun, und immer die blindgeladenen Kanonen abfeuernd, weil er keine kleinern Waffen hatte, daß ich wirklich nicht anders konnte als ihn bei Tisch stets mit gleicher Freude anzusehen, mochte er nun lächeln, sich mit Ada oder mir unterhalten oder sich von Mr. Jarndyce zu einer großen Salve von Superlativen verleiten lassen oder den Kopf wie ein Bluthund emporwerfen und das gewaltige Hahaha ertönen lassen.
    »Du hast doch deinen Vogel mitgebracht?« fragte Mr. Jarndyce.
    »Bei Gott! Es ist der erstaunlichste Vogel in ganz Europa«, rief Mr. Boythorn. »Er ist das allerwunderbarste Geschöpf. Ich gebe diesen Vogel nicht für zehntausend Guineen her. Ich habe ihm in meinem Testament eine Leibrente ausgesetzt, falls er mich überleben sollte. Er ist, was Verstand und Anhänglichkeit betrifft, ein Phänomen. Und sein Vater war einer der fabelhaftesten Vögel, die jemals gelebt haben.«
    Der Gegenstand dieser Lobeshymne war ein außerordentlich kleiner Kanarienvogel, so zahm, daß ihn Mr. Boythorns Bedienter auf dem Zeigefinger herunterbrachte und daß er jetzt seinem Herrn auf den Kopf flog, nachdem er vorher in der Stube herumgeflattert war.
    Den alten Herrn die unversöhnlichsten und leidenschaftlichsten Aussprüche tun zu hören, während das winzige schwache Geschöpfchen ruhig auf seiner Stirne saß, war die beste Illustration zu seinem Charakter, wie mir vorkam.
    »Meiner Seel, Jarndyce«, sagte Mr. Boythorn und hielt dem Kanarienvogel zärtlich ein Stückchen Brot zum Picken hin, »wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich alle Kanzleigerichtsassessoren morgen früh an der Kehle packen und sie schütteln, bis ihnen das Geld aus der Tasche fiele und die Knochen im Leibe schepperten. Ich würde mir eine Entscheidung erzwingen durch gute Mittel oder durch schlimme. Wenn du mich dazu ermächtigen willst, so werde ich es mit dem größten Vergnügen verrichten.«
    – Die ganze Zeit über fraß ihm der winzige Kanarienvogel aus der Hand. –
    »Ich danke dir, Lawrence«, lachte Mr. Jarndyce, »aber der Prozeß ist auf einem Punkt angelangt, wo ihn nichts weiter vorwärts bringen könnte, selbst wenn man das ganze Richterkollegium und das gesamte Barreau durchrütteln würde.«
    »Es hat auf der ganzen Welt noch keinen so höllischen Hexenkessel gegeben wie dieses Kanzleigericht«, stimmte Mr. Boythorn bei. »Nur eine Mine darunter gelegt, während der Gerichtszeit, wenn alle Urkunden und Dekrete und Präzedenzien und alle dazugehörigen Beamten groß und klein, aufwärts und abwärts gezählt von dem Sohne, dem Generalrevisor, bis zu seinem Vater, dem Teufel, darin sind, und dann das Ganze mit zehntausend Zentnern Pulver in die Luft gesprengt, würde seinen Mängeln ein wenig

Weitere Kostenlose Bücher