Bleib bei mir, Greg
Unrecht“, erwiderte er trotzig.
„Ha! Wer’s glaubt, wird selig. Du machst dir ja selbst etwas vor.“
„Nun hör endlich auf“, warf George ein. „Er hat dir doch geantwortet. Jetzt lass ihn auch in Ruhe.“
Helen hob abwehrend die Hände. „Na gut, wenn du es unbedingt so willst. Ich dachte nur, dass du vielleicht mit jemandem reden möchtest, der dich versteht.
Aber wenn du unbedingt alles in dich hineinfressen willst, wie du es bereits die letzten drei Jahre getan hast, dann bitte. Das kannst du haben.“ Sie wandte sich ab und verließ den Raum.
„Frauen“, murmelte George.
Greg lächelte. „Aber ohne sie können wir auch nicht leben“, erwiderte er.
George sah ihn an. „Du weißt hoffentlich, dass Helen es nur gut mit dir meint.
Sie macht sich Sorgen um dich. Genau wie ich.“
Greg erhob sich, ging zu George hinüber und legte eine Hand auf seine Schulter.
„Danke. Ich weiß eure Fürsorge wirklich zu schätzen.“
Dann ging er zu dem Klavier hinüber, auf dem Helen die Familienfotos arrangiert hatte. Jill lächelte ihm von mehreren Fotos entgegen.
Jill war ein wunderbarer Mensch, und sie war eine schöne Frau gewesen – groß, gut proportioniert, mit dunklen Locken und fast exotischen Gesichtszügen. Ihr Lächeln war das Erste gewesen, was ihm an ihr aufgefallen war, und dann ihr heiteres Wesen und ihre Lebendigkeit. Wie oft hatte sie ihn zum Lachen gebracht!
Er schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
Greg verließ das Wohnzimmer, nachdem er George eine gute Nacht gewünscht hatte, und ging ins Gästezimmer. Als er sich ausgezogen und gewaschen hatte, schlüpfte er unter die Bettdecke und dachte an den verhängnisvollen Tag, an dem er Jill verloren hatte.
Sie waren an einem kleinen Supermarkt vorbeigekommen, und Jill war eingefallen, dass sie unbedingt noch Milch brauchten. Während sie sofort nach hinten zum Kühlregal ging, blieb er vorne bei den Zeitschriften stehen. Als er zufällig zu dem Kassierer hinübersah, bemerkte er, dass der Mann bleich war vor Schreck und auf etwas starrte, was der Kunde vor ihm in der Hand hielt. Greg ging ein wenig näher und sah, dass der Mann einen Revolver in der Hand hatte.
Leise schlich er sich zu Jill, reichte ihr sein Handy und bat sie, unauffällig hinauszugehen und der Polizei den Überfall zu melden.
Greg zog seinen Revolver und wartete auf den Polizeiwagen. Er hatte nicht bemerkt, dass ein zweiter Mann draußen am Hinterausgang gewartet hatte und Greg mit seinem Revolver gesehen haben musste.
Dann brach die Hölle los. Der zweite Gangster schoss mit einer halb automatischen Waffe wild durch den Laden und schrie seinem Partner zu, dass er weglaufen sollte. Greg eröffnete ebenfalls das Feuer.
Mehrere Polizeiwagen erschienen, blockierten den flüchtenden Gangstern den Weg und nahmen sie fest. Greg erinnerte sich daran, wie er seine Erkennungsmarke zog und durch die Menge der Polizisten lief, um nach Jill zu suchen. Doch er kam zu spät, eine Kugel hatte sie erwischt. Sie starb in seinen Armen, bevor noch der Krankenwagen eingetroffen war.
Greg hatte seither mit dieser Schuld gelebt. Er hätte niemals die Waffe ziehen, sondern mit Jill nach draußen gehen und die Polizei rufen sollen.
Der Therapeut, den er einige Monate lang aufsuchte, hatte versucht, ihn davon zu überzeugen, dass ihn keine Schuld traf. Selbst Helen hatte ihn immer wieder gefragt, wie lange er sich noch die Schuld an Jills Tod geben wollte. Nichts hatte geholfen. Aber dann war doch etwas in seinem Leben geschehen. Helen hatte es bemerkt und wollte jetzt wissen, was in Schottland passiert war.
Fiona war ihm passiert.
Fiona, die einen Fremden in ihr Haus aufgenommen und ihn gepflegt hatte, als er im Fieberwahn lag.
Fiona, die so zart und zerbrechlich aussah und doch so viel Kraft hatte.
Fiona, die so naiv war zu glauben, dass sie es war, die ihn verführt hatte.
Fiona, die etwas in ihm berührte, was er für tot gehalten hatte.
Ab jetzt würde er von zwei Frauen verfolgt werden. Eine, die nie mehr zurückkehrte, und eine, die zu weit entfernt lebte und zu anders war, als dass sie jemals ein Teil seines Lebens werden könnte.
Ganz davon abgesehen, dass er sie gar nicht in seinem Leben wollte, auch wenn er sich vor Sehnsucht nach ihr verzehrte. Denn wenn er sich noch ein weiteres Mal auf einen Menschen einließ, wäre er wieder verletzlich, und das wollte er auf keinen Fall sein. Nie mehr wollte er den Verlust eines geliebten Menschen erleben müssen. Ein zweites
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