Bleib doch für immer!
belebte Geschäftsstraße. Solche Situationen mochte er eigentlich überhaupt nicht. Er tat es nur Shana zu Gefallen. Wenn es ihrer Karriere half …
„Guten Tag, Gavin“, klang eine sanfte Stimme an sein Ohr. „Ich bin Julia Swanson. Kommen Sie doch bitte herein.“
Er hätte nicht sagen können, wie alt sie war. Mit ihrem leicht gewellten aschblonden Haar, dem graugrünen Kleid und den hohen Absätzen, dank derer sie fast so groß war wie er mit seinen ein Meter neunzig, wirkte sie sehr elegant. Er folgte ihr ins Büro. Auf der Wand hinter ihrem Mahagonischreibtisch hing das Firmenlogo mit dem in schlichten Goldbuchstaben geprägten Motto: Wenn Sie Wert auf persönliche Zuwendung legen … Alles in Julia Swansons Firma strahlte Noblesse und Diskretion aus – ganz wie ihre Besitzerin.
„Bitte nehmen Sie Platz“, forderte sie ihn auf, während sie sich an ihren Schreibtisch setzte.
„Danke.“ Sein Blick fiel auf das Panoramafenster. „Ich vergesse immer, dass auch Sacramento eine tolle Skyline hat. Wenn man in San Francisco lebt …“
„Ich liebe diese Stadt. Sie ist zwar groß, aber dennoch angenehm überschaubar.“ Julia öffnete eine Akte auf ihrem Schreibtisch. „Ihre Schwester hat nicht übertrieben.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich hören möchte, was Sie damit meinen. Schließlich kenne ich meine Schwester.“
Julia lächelte. „Sie hat Sie als groß, blond und gut aussehend beschrieben. Als ‚Surfertypen‘.“
„Surfertyp?“ Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Wahrscheinlich wollte sie sich nur dafür rächen, dass ich sie als Kind immer Goldlöckchen genannt habe.“
„Mir ist klar, dass ein Mann in Ihrer Position normalerweise keinen temporären Job annimmt“, fuhr Julia fort. „Die Bezahlung ist zwar nicht schlecht, aber ich vermute, das spielt für Sie keine Rolle. Ich sage Ihnen ganz offen, dass Sie mir mit Ihrer Zusage einen großen Gefallen tun würden …“
„Den hätten Sie aber auch verdient“, unterbrach Gavin sie.
Erstaunt sah sie ihn an.
„Wissen Sie, Shana ist regelrecht aufgeblüht, seitdem sie für Sie arbeitet“, erklärte er. „Dixie, meine andere Schwester, findet das auch. Wir sind Ihnen beide sehr dankbar dafür. Und das ist der Grund, warum ich hier bin.“
„Vielen Dank. Ja, Shana ist sehr ambitioniert und sehr flexibel. Das ist bei unserer Arbeit manchmal sogar noch wichtiger. Wie würden Sie sich beschreiben, Gavin?“
„Man sagt, ich arbeite rund um die Uhr. Aber das stimmt nicht. Bestenfalls achtzehn Stunden pro Tag. Und Anpassungsfähigkeit ist in meinem Job gefragt. Bei meiner Arbeit muss ich sehr flexibel sein.“ Er zögerte kurz. „Sie wissen, dass ich nur hier bin, weil Shana mich darum gebeten hat? Die Aufgabe selbst interessiert mich nicht besonders – vor allem das Lügen widerstrebt mir. Ich bezweifle, dass ich gut darin bin.“
Julia änderte ihre Sitzposition und warf ihm ein Lächeln zu. Wieder fragte er sich, wie alt sie sein mochte. Dreißig? Vierzig? Es war unmöglich zu sagen.
„Nun ja, ich hatte auch gewisse Zweifel – obwohl Ihre Schwester Sie mir wärmstens empfohlen hat. Im Internet habe ich eine Menge über Sie herausgefunden.“
Er wartete darauf, dass sie weitersprach, doch sie ließ ihre Bemerkung eine Weile in der Luft hängen.
„Den Test habe ich wohl bestanden, nehme ich an. Sonst säße ich ja jetzt kaum vor Ihnen.“
„Der einzige dunkle Fleck in Ihrer Biografie war dieses juristische Problem, aber das ist ja inzwischen gelöst, wie ich gesehen habe. Ich brauche allerdings eine Erlaubnis, Ihre finanziellen Verhältnisse überprüfen zu lassen, bevor ich Sie meiner Klientin empfehle. Es gehört zum Charakterprofil, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„Mein ‚juristisches Problem‘“, wiederholte er. Wie lange würde es wohl noch dauern, bis der Gedanke daran ihm keinen Stich ins Herz mehr versetzte? „Gelöst ja, aber nicht vergessen. Haben Sie denn auch Ihre Klientin überprüft? Ich möchte sichergehen, dass sie nicht möglicherweise mein Entgegenkommen ausnutzt – wenn Sie verstehen, was ich meine.“
Julia lächelte amüsiert. „Ja, wir haben sie auf Herz und Nieren geprüft. Sie hat den Test in jeder Hinsicht bestanden, bis auf …“
Er wartete, bis er ihr Schweigen nicht länger ertragen konnte. „Bis auf was?“
„Ich versuche gerade, die richtigen Worte zu finden. Sie befindet sich in einer etwas prekären Situation, doch das dürfte wohl nur vorübergehend
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