Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
ihr geschickt hatten. Soll ich den Brief Dir mal mit hinschicken?
Und nun ist es bald soweit, daß Heidi wieder aufwacht, und dann geht das Leben wieder los. Vater liegt lang und Mutter ist baden. Hat Dein Berg Arbeit wieder etwas abgenommen? Ein Gutes ist bei der vielen Arbeiterei, man vergißt und die Zeit vergeht schnell. Haben sich wenigstens Deine Dohlen gefreut, als Du wieder im Hause warst? Einmal wird schon die Zeit kommen, wo Du endgültig mit dem Zug in Richtung Leipzig fahren kannst, und bis dahin halte vorsichtshalber Dein Ross gesattelt und geölt.
Und nun für heute will ich den ersten Brief wieder beenden, kleiner Mann, bleibe Du uns gesund und behalt uns lieb. Unsere Gedanken sind oft bei Dir, das mußt Du spüren, und nun nimm viele liebe Grüße und einen Kuß
Von Deiner Leni und Heidi.
Grüße von beiden Eltern.
Kannst Du mir nicht mal eine Batterie mitschicken, und evtl. eine Dose weiße Schuhkrem?
Brieffragment von Hans, vermutlich Mitte August)
... zuerst danke ich Dir noch für die Karte vom 13. und die lieben Zeilen vom 14.8. und habe ich die Post bald verschlungen, so neugierig war ich darauf. Ja, kleine Frau, es waren doch schöne 14 Tage und denke ich jeden Tag daran zurück, heute ist nun eine Woche rum, seitdem ich wieder weg bin, die 14 Tage sind eben zu schnell herumgegangen, aber sind doch schöne Erinnerungen. Hoffentlich schmeckt oder hat der Apfelkuchen recht gut geschmeckt. Ueber die Fahrt von Mutter und Tante Gretchen zu Elli wird mir wohl Mutter ein paar Zeilen schreiben und ist sie über Ellis Zustand nicht zu sehr niedergeschlagen. Mit dem Einleben hier, das ist so eine Sache. Aber es hat keinen Sinn, wenn man mit dem Schicksal hadert, man hofft eben, dass der Krieg bald sein Ende findet und man endlich für immer wieder nach Hause kann, denn dort findet man ja erst seine Ruhe und Zufriedenheit wieder.
Da herrscht wohl bei diesen ganzen Räumungen allerhand Betrieb und eventl. auch Aufregung in Leipzig. Da bin ich ja gespannt, wo man Elli hinsteckt. Ich kann mir vorstellen, dass Du und die Eltern etwas geknickt seid über die Absage von Pöschels und halte ich ganz fest den Daumen, dass Ihr doch noch etwas findet, nicht nur allein der Erholung wegen, sondern es wäre ganz gut, wenn Ihr in den nächsten drei bis vier Wochen aus Leipzig herauskönntet. Du, das Gefühl, von Heidi vermisst zu werden, ist für mich sehr beruhigend, hatte ich mir doch früher eingebildet, dass sie für mich durch mein Fernsein überhaupt nichts übrig haben könnte. Aber Du hast ja nun durch ihre ‘Rückfälligkeiten’ viel Arbeit, was Du aber durch die Windeln etwas verminderst. Nun wirst Du mit ihr wieder ins Freie können, denn seit gestern ist hier wieder das schönste Sommerwetter und bei Euch wird es wohl auch so sein. Ein Paket (mit Taschenlampe) ist gestern angekommen, die Plätzchen schlage ich zwar nicht ab, aber Du weisst, kleine Frau, Ihr sollt nichts von Eurer knappen Zuteilung abknapsen. Da hast Du ja jetzt wieder drei Genüsse hinter Dir, nämlich Pferdefleisch, Kino und Theater. Ueber das Theater hatte ich früher schon mal eine sehr gute Kritik gelesen. Von Frau Ziemer habe ich auch einen Brief bekommen, den an Dich gerichteten brauchst Du mir nicht zu schicken, denn ich bin gar nicht mehr so scharf auf den Briefwechsel, da ja doch nichts weiter materiell herausspringt. Meine Dohlen hüpfen froh und munter im ganzen Lager herum, sind aber tüchtig scheu geworden und lassen sich nicht mehr angreifen. Das Rad hat man mir während meines Urlaubs auch entzogen, da wir fünf Stück abgeben mussten, aber die 30 Kilometer schaffe ich auf alle Fälle, wenn es mal sein müsste. Wegen einer Batterie will ich mal morgen in Arnheim mich umsehen, hier ist da ja nichts mehr zu machen.
Am Sonnabend bin ich nachmittags nach Arnheim rein, zuerst habe ich mir eine Kinokarte besorgt und dann ins Bad. Dort musste ich eine Dreiviertelstunde warten und da bin ich unterdessen ins neue Wehrmachtsheim, aber es gab keinen Kuchen, da bin ich bald wieder nach dem Bad gegangen. Daran anschliessend wieder ins Wehrmachtsheim und gab es um 6 Uhr prima Kartoffelsalat mit Tomate, grünem Salat und dazu ein halbes Ei. Hat sehr gut geschmeckt und kam mit einem Glas Bier nur 85 Cent. 8 Uhr ging das Kino los und haben mir die ‘Sonntagskinder’ mit Söhnker, Carola Höhn, Lingen, Platte usw. gut gefallen, allerdings hatte ich den Film vor Jahren schon mal gesehen. Am Sonntag hatte ich U.v.D., da
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