Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Flieger-Unteroffizier, der vor zehn Tagen aus Sizilien weg ist. Na, was der mir erzählte, war alles andere als schön und aussichtsreich für uns. Wenn nur die Hälfte wahr gewesen ist, dann dauert es nicht mehr lange und wir sind aus Sizilien raus. Seiner Meinung nach, übrigens auch die Meinung vieler Soldaten hier in Holland, ist spätestens Weihnachten Schluss, fragt sich nur, was für ein Ende. Der Unteroffizier war da ziemlich optimistisch, er sagte, er wäre drei Tage in amerikanischer Gefangenschaft gewesen und nach der Behandlung schliesst er auch auf einen halbwegs guten Frieden. Auf die Italiener war er überhaupt nicht gut zu sprechen und schien er da seine Gründe zu haben. Um
½ 3 Uhr waren wir in Zwolle und bin ich gleich zu dem Händler, der aber auch gar nichts da hatte. Er will mir aber am Sonnabend zwölf Pfund Butter und zwei Pfund Kaffee besorgen, letzterer könnte ungefähr M 190.– bis M 210.– kosten. Nun muss ich bloss sehen, wie ich es herbekomme, es wird sich schon noch ein Weg finden. Die Butter würde ich wie folgt schicken: drei Pfund Schramms, 1 ½ Pfund Ilse und 1 ½ Pfund Fränze, drei Pfund nach Pöhla an die Eltern und nun musst Du mir ganz schnell schreiben, wie ich es mit Deinen drei Pfund machen soll. Aber warte ja nicht darauf, sonst kommst Du überhaupt nicht zu Hause weg. Dann bin ich ins Wehrmachtsheim, aber da war die Tischzeit schon vorbei und habe ich aber drei Stück Kuchen bekommen. Um 4 Uhr bin ich mit dem Bus nach Apeldoorn gefahren, halt, in Zwolle hab ich das Paket nach den Haag aufgegeben und wird es morgen früh schon Frau L. ihre Schwester haben, anbei der Anlieferungsschein. In Apeldoorn war ich ¾ 6 Uhr und da ich eine Stunde Zeit hatte, bin ich ins Wehrmachtsheim, da bekam ich ohne Macken einen Teller grüne Bohnen und eine Butterbrotschnitte mit Tomaten belegt, hat sehr gut geschmeckt und habe ich noch 2 Schnitten von Dir gegessen. Um 7 Uhr ging es dann weg und um 8 Uhr war ich in Terlet. Hier ist heute alles in Arnheim zum Fussballspiel, verschiedene Kameraden sind ganz weg, dann gibt es einen Haufen Kranke, leider ist der Spiess nicht mit dabei und für mich liegen ohne zu lügen paar Berge Arbeit da. Ausserdem soll ich in den nächsten Tagen in eine Zweimannstolle umziehen und nun geht der Kotz hier wieder los. Aber es hilft nun alles nicht, ich hoffe nur, dass ich recht recht bald wieder bei Euch bin, morgen gebe ich den Film nach Arnheim und will mich wegen der Punkte genau erkundigen. So, das war das Neueste, was ich Dir schreiben kann. Warst Du mit unserem Urlaubsprogramm und mit Deinem Mann zufrieden? Ich habe es wunderbar gefunden und werde ich mich hier wieder sehr schlecht eingewöhnen, es bohrt eben immer noch, dass man nicht zu Hause bleiben kann. Dir sende ich für heute recht viele liebe Grüsse und einen Gutenachtkuss und beides auch für Heidi
Von Eurem Hans und Papa.
E.U., den 13.8. 43
Liebe kleine Frau!
Jetzt sitze ich hier und warte auf ein Telefongespräch und will die Zeit benutzen, um Dir paar Zeilen zu schreiben. Nun danke ich Dir erst mal für Deine liebe Karte, um so mehr, als ich gar nicht mit Post gerechnet hatte; es war doch ein Gruss wieder von daheim. Hat denn Heidi nun ihren Weltschmerz überwunden, denn so schlimm wird doch die ‘Versohlerei’ bei ihrer Mama nicht gewesen sein?
Ich kann es gar nicht glauben, dass sie mich vermisst, aber schön ist es doch, wenn es an dem wäre, dann wird sie mich vielleicht wiedererkennen.
Den Siegesthaler habe ich nicht mit, wenn Du ihn wieder findest, schicke ihn mir, vielleicht komme ich dadurch eher nach Hause. Jetzt habe ich mich schon durch die Arbeit durchgefunden und einen Überblick gewonnen; habe aber auch gestern bis 9 Uhr gearbeitet. Aber heute mache ich nicht so lange und morgen will ich nach Arnheim rein. Vielleicht muss ich auch heute noch an den Bahnhof, da aus Westfalen vier Mann mit einer grossen Kiste kommen sollen, die ich übernehmen muss. Aber viel Wert lege ich da nicht drauf, noch nach Arnheim reinzufahren, denn draussen ist es sehr windig und kalt; hoffentlich habt Ihr zu Hause besseres Wetter, damit Ihr alle Euren Urlaub recht geniessen könnt. Anbei ein Einschreibzettel über den Brief mit den Kleiderkarten. Ich soll heute eine Adresse von einer Helferin bekommen, wo es noch Wäsche zu kaufen gibt, mal sehen, ob es was wird. Heute vor einer Woche waren wir in der Operette, war doch wirklich nett dort. (Rest fehlt)
Leipzig, den 14.8.
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