Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
während wir die 22 Kilometer bis Z. tippeln konnten. Bei unserem Abmarsch ein Schneegestöber, dass man kaum drei Meter weit sehen konnte, aber das hörte dann hinter Arnheim auf. Dafür die Strasse vereist und kein LKW zu sehen, so dass wir zu meinem grössten ‘Vergnügen’ die 22 Kilometer gelaufen sind und in Zevenaar um 6 Uhr ankamen. Dort fanden wir ein Parteilokal, wo es sogar noch Bier, das Glas 15 cent, gab und haben wir dort bis 8 Uhr gesessen. Dann sind wir zur Uebernachtungsstelle und haben dort prima auf Matratzenbetten und im geheizten Raum bis 3 Uhr geschlafen. Anschluss hatten wir denn gleich in Oberhausen, Essen, und waren gegen 12 Uhr in Hagen, wo uns der Zug nach hier vor der Nase wegfuhr. Da hatten wir nun bis ½ 5 Uhr Zeit und sind zuerst ins Wehrmachtsheim, wo wir auf unseren Marschbefehl eine prima Suppe, Salzkartoffeln mit Rotkraut und Pudding bekamen, was uns sehr gut geschmeckt hat. Erst wussten wir nicht, was wir mit der Zeit anfangen sollten, aber dann kam ich auf die Idee, ins Kino zu gehen. Wir fragten die Schwester, wo ein Kino wär und was gespielt würde. Sie meinte, dass es nicht den Versuch lohne, da zum Sonntag alles ausverkauft sei. Aber wir sind doch in den Ufatonpalast gegangen, aber es gab keine Karten mehr. Ich hab nun Krach geschlagen, vom Westen kommen, seit sieben Monaten keinen Film mehr gesehen usw. und siehe da, auf einmal waren die Plätze da und wir sahen und hörten ‘Die Frau meiner Träume’. Kleine Frau, wenn Du mir auch nicht nur im Traum, sondern im Leben viel, viel mehr wert bist, so war es doch ein guter Ausstattungsfilm mit etwas naiver Handlung, aber gefreut hab ich mich doch, dass ich ihn gesehen habe. Seit meinem letzten Besuch im November ist nun Hagen auch schon heimgesucht; das Kino war auch behelfsmässig untergebracht und die Innenstadt sieht ähnlich wie Leipzig aus. Ich weiss nun noch nicht, ob wir morgen schon hier wegkommen, sonst fahren wir übermorgen nach Paderborn und von dort über Gronau zurück, denn die Lauferei mache ich nicht noch mal mit. Die schwedischen Bücher habe ich hier mit, muss sie aber noch verpacken und will sehen, dass ich sie auf der Post los werde. Nun ist es ziemlich spät und bin ich hundmüde, so dass ich doch morgen erst an die Eltern und Helenchen schreiben werde; meine Füsse sind wie Bleiklumpen, hoffentlich werden sie wieder besser.
Und nun, kleine Frau, Dir und dem Heidikind wieder viele liebe Grüsse und Küsse und drücke ich den Daumen, dass der Brief Euch recht schnell erreicht. Viele Grüsse inzwischen an die Eltern
Dein Dichliebender Hans.
Denk an die neue Feldpostnummer 61654 Lg Pa-Unna
Meinerzhagen, den 22.1. 45
Meine liebe kleine Lenifrau!
Nun will ich gleich noch Deine Briefe Nummer 11 u. 12, die ich heute hier bekam, beantworten. Hab recht vielen Dank für Deine lieben Zeilen, ich habe mich sehr darüber gefreut und kannst Du Dir das ja vorstellen, gestern zwei Briefe von Dir, einen von Helenchen vom 28.12., heute die zwei Briefe von Dir, von Helenchen einer vom 15., Mutters Brief vom 5.1. und ein Brief von Lieberoths. Morgen will ich nun von Paderborn an Helenchen schreiben und dann von Holland aus mal an Lieberoths. An Mutter habe ich heute schon geschrieben, bei ihr scheinen von mir ein paar Briefe verloren gegangen zu sein. Ja, kleiner Strolch, ich glaube fest daran, dass es dieses Jahr mit dem Krieg zu Ende geht und das ist auch sehr nötig. Wie ich nun das neue Jahr angetreten habe, darüber habe ich Dir ja ausführlich geschrieben. Lisa hat ja mächtig die Spendierhosen angehabt, sie soll nur eine Tasse Bohne für mich aufheben. Wie hat denn der Hasenbraten geschmeckt? Bei Deinem neuerweckten Appetit ist das ja ein ‘gefundenes Fressen’ gewesen. Das habe ich ja noch gar nicht gewusst, dass unser Kerlchen Lisa und Martin so gerne hat. Lisa tut mir ja leid, dass sie so gesundheitlich gar nicht auf der Höhe ist. Hoffentlich ist da Martin etwas rücksichtsvoller. Ich wünsche Lisa recht gute Besserung und richte an beide viele Grüsse aus. Das wäre ja ein ganz lieber und überraschender Besuch geworden, wenn das kleine Kerlchen hier angekommen wäre. Aber leider! Jedenfalls sag Heidi, dass ich mich über ihren Willen mich aufzusuchen, sehr gefreut hätte, aber es ginge wirklich nicht. Vielleicht klappt es Ende Februar, Anfang März mit einer Dienstreise, der Inspektor will sehen, ob es sich ermöglichen lässt. Allerdings wird da wohl kaum noch Schnee liegen, sollte es aber
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