Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Heidikind, wie oft spricht sie von Dir und freut sich schon darauf, wenn der Vati endlich da ist. Ob er wohl zu Weihnachten da sein wird? Sie ist groß geworden. Ein kleiner Eigensinn zuweilen und doch unser aller Sonnenschein. Heute Abend will Leni ins Kino ‘Eine Frau nach Maß’.
Nun will ich zum Schluß kommen. Bleib mir recht gesund und komm bald heim. Von Vater und mir viele liebe Grüße und von mir einen Kuß.
Deine alte Mutter, die Dich sehr lieb hat.
Anbei lege ich Dir 5 Mark bei, wenn Du es erhältst, schicke ich mehr.
Nienburg, d. 26.11. 45
Meine lieben Eltern!
Heute zum Dienstag haben wir unseren freien Tag und da will ich Euch gleich wieder ein paar Zeilen schreiben. Ich hoffe, dass es gesundheitlich Euch beiden gut geht. Von mir darüber zu schreiben, lohnt sich jetzt gar nicht, denn ich bekomme schon wieder dicke Backen, esse aber auch wie ein Scheunendrescher. Gestern hat es nun das erste Mal dieses Jahr geschneit, wurde dann aber Regen und zuletzt hatten wir Glatteis. Auf der Strecke war es kein Genuss zu arbeiten und hab ich mich ab Mittag bis kurz vor Schluss (2 Uhr) bei einem Bauern aufgewärmt und kam dabei zu einem guten Mittagessen. Für heute Nachmittag habe ich eine Kinokarte für ‘Die Frau meiner Träume’. Jetzt kann man schon eher mal in ein Lokal hier gehen, seitdem wir neue Klamotten haben. Erinnert bitte Leni noch mal daran, dass sie mal bei Frau W. Krause in der Markthalle vorspricht. Der Sohn, der mit bei mir ist, hat noch keine Antwort von zu Hause und vielleicht springt dabei etwas heraus.
Bleibt mir recht gesund und schreibt mir bald. Euch beiden viele liebe Grüße und Mutter einen Kuss
von Eurem Hans.
Nienburg, den 9.12. 45
Meine liebe Mutter!
Heute will ich Dir ein paar Zeilen schreiben, damit Du weisst, dass ich immer an Dich denke. Du wirst wohl inzwischen meinen Kartengruss aus Holtensen erhalten haben, aus dem Du ersehen hast, dass ich bei Heinz war. Die Fahrt dorthin war nicht so einfach, da es im Hannoverschen sieben Orte gleichen Namens gibt. Am Donnerstag früh bin ich mit einem LKW von uns nach Hannover und ca. 13 Kilometer seitlich von der Strasse stiessen wir auf ein Holtensen, was natürlich nicht das richtige war. Die Fahrer streikten mit der Weiterfahrt und so musste ich zurück mit nach Hannover, und bin dann mit dem Zug nach Elge gefahren, wo ich um 5 Uhr ankam. Es fing schon zu dämmern an und bis Holtensen sollte es noch zehn Kilometer sein. Ich hab nun mächtig grosse Schritte gemacht und geschimpft, denn manchmal fand ich mich überhaupt nicht mehr zurecht. Aber ¾ 7 Uhr war ich in H. in der Schule, aber wer nicht da war, das war Heinz, der im Nachbarort eine Varietevorstellung besuchte. Sein Lehrervorgänger war aber sehr nett und gegen 11 Uhr kam Heinz zurück und haben wir dann noch bis früh erzählt. Es ist ein nettes Schulhaus und die Umgebung ist nicht übel, aber auf die Dauer werden sich Schlichts dort wohl weder niederlassen noch wohlfühlen und sprach ja Heinz auch davon, dass sie wieder ins Ausland wollten. Heinz ist ein netter Kerl, aber Kontakt würde ich zu ihm wohl kaum gross finden, dazu sind unsere Ansichten zu verschieden. Aber dies nur unter uns zweien. Was ich aber von ihm über die Lebensmittelfrage zu hören bekam, das war ja entsetzlich. Leni schrieb mir zwar, dass es etwas besser geworden sei, aber man fragt sich nur, wie Ihr dabei bestehen könnt. Ist es denn nun etwas besser geworden? Mit Heinz habe ich mich ausführlich wegen Weihnachten unterhalten; ob ich schwarz über die Zonengrenze gehen kann und soll und ist es bei dem Risiko, bei einem geschnappt werden oder zu spät zurückkommen mit der Entlassung ein Jahr zurückgestellt zu werden, nicht wert, ein oder zwei Tage zuhause zu sein. Ich weiss nicht, ob Ihr alle mich darin versteht. Ich weiss, liebe Mutter, dass Du besonders auf mich wartest, aber was nützt es für kurze Zeit, und dann lässt man mich nicht weg. So rechne ich Anfang Frühjahr 46 mit Entlassung; sollte der Russe im Februar rausgehen, komme ich sofort auf Urlaub. Sehr gefreut hätte ich mich, zum Fest wieder zuhause zu sein, aber ich habe mich nüchtern an die Tatsachen halten müssen. Nun verlier nicht den Mut und denk immer daran, dass ich oft an Dich denke. Man hat uns mit unserer damaligen freiwilligen Arbeitsmeldung ganz schön in der Hand, aber hätte ich mich nicht gemeldet, so wäre ich heute noch in Belgien. Meine liebe Mutter! Ihr habt Euch ja wieder schön in
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