Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
Vom Netzwerk:
Augen geschlossen zu halten, und vielleicht war das auch besser so; vielleicht wirkte es glaubwürdiger auf ihn, wenn sie mittlerweile wach war.
    Also lag sie am Boden des Schwimmbeckens, spürte den Schraubenzieher in ihrem Rücken, klammerte sich daran und steckte alle Hoffnung in diese Verbindung aus Holz und Metall. In der Dunkelheit suchte sie den Beckenrand ab.
    Wo würde er auftauchen?
    Wo, wo, wo?
    Plötzlich flammte Licht auf. Es kam von einigen in die Decke eingelassenen Neonröhren. Miriam kniff ihre an die Dunkelheit gewöhnten Augen zusammen, und als sie sie wieder öffnete, stand ein Mann oben am Beckenrand.
    Sie erschrak und zuckte zusammen.
    Zum ersten Mal sah sie ihren Peiniger wirklich.
    Er war groß, kräftig, mit breiten Schultern, hatte dunkles Haar und ein vorspringendes Kinn. Sein Gesicht war stark gerötet. Er schwitzte, außerdem zuckte sein Blick unablässig hin und her. Dann merkte er, dass sich am Boden des Beckens jemand befand, und sah zu ihr herunter.
    Der Mann hatte Angst!
    Wieso hatte er Angst?
    Jählings wurde er nach vorn katapultiert und stürzte ins Becken.
    Miriam stieß vor Schreck einen lauten Schrei aus, blieb aber in ihrer Stellung unter den Decken.
    Es sah aus, als würde der große Mann mit wild rudernden Armen aus dem Himmel fallen. Er schrie, und seine Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen. Dann prallte er mit einem klatschenden Geräusch auf die Kacheln, und Miriam meinte, Knochen brechen zu hören. Seine Schreie wurden noch lauter. Miriam zwang sich, weiterhin unter den Decken zu bleiben, hob aber den Kopf, um besser sehen zu können.
    Der Mann rollte sich über den Boden und hielt dabei sein linkes Handgelenk umklammert. Aus dem Augenwinkel nahm Miriam plötzlich eine weitere Bewegung am Beckenrand wahr. Sie riss den Kopf herum.
    Dort oben stand ein zweiter Mann. Miriam wusste sofort, dass dies ihr wahrer Peiniger war. Sie erkannte es an seiner Haltung und seiner Mimik. In der rechten Hand hielt er ein Messer, die linke öffnete und schloss sich krampfhaft. Sein Gesicht war unbewegt, sein Mund nur ein schmaler Strich. Er strahlte eine Aura der Gewalt aus, die sie hier unten im Becken noch spüren konnte.
    Ihre Blicke fanden sich, und während der andere Mann am Boden lag und wimmerte, starrte ihr Peiniger sie eine volle Minute an. Und Miriam erkannte, dass er sie durchschaut hatte. Sie hatte einen Fehler gemacht, und sie wusste auch, welchen.
    Ihr Blut!
    Der Boden rings um den Abfluss in der Mitte des Beckens war mit ihrem Blut besudelt, zudem lagen darin die durchtrennten Fesseln.
    »Nicht schlecht«, sagte er, und seine tiefe Stimme schien die komplette Halle auszufüllen.
    Und dann tat er etwas total Irrsinniges.
    Er warf sein Messer ins Becken.
    Klirrend landete es ganz in ihrer Nähe auf den Kacheln.
    Miriam verfolgte es mit ihrem Blick und sah dann wieder zu ihm hinauf.
    »Nimm es und stich ihn ab«, sagte er. »Stich ihn ab, dann lasse ich dich laufen.«
    Miriam konnte nicht glauben, dass sie diese Worte tatsächlich hörte. Sie blieb reglos unter den Decken liegen.
    Er zuckte mit den Schultern. »Na schön … Dann nimm du das Messer und stich die Schlampe ab. Vielleicht lasse ich dann dich laufen.«
    Obwohl der andere Mann sich in Schmerzen wand, hatte er es gehört. Plötzlich lag er still, und Miriam sah, wie er zu dem Messer hinüberstarrte. Der Mann war vielleicht fünf Meter von ihr entfernt, das Messer höchstens einen. Er würde es niemals vor ihr erreichen. Aber dass er es versuchen würde, konnte sie in seinen Augen erkennen. Darin war kein Skrupel zu sehen, sondern nur reiner, animalischer Überlebenswille.
    »Mach schon!«, brüllte der Mann oben am Beckenrand.
    Der andere biss die Zähne zusammen und robbte vor wie eine Schlange. Speichel tropfte aus seinem Mundwinkel.
    Miriam schleuderte die Decken von sich, warf sich nach vorn und erreichte mit ausgestrecktem Arm das Messer. Ihre Finger schlossen sich um den Holzgriff. Sie zog es zu sich, hielt es vor ihre Brust und stand ganz langsam auf. Die beiden Männer starrten sie an. Der eine voller Angst, der andere voller Erwartung.
    »Stich ihn ab!«, rief ihr Entführer oben am Beckenrand, und jetzt klang seine Stimme wie die eines kleinen Jungen.
    »Stich ihn ab, stich ihn ab, stich ihn ab.«
    »Neiiiiiiiin!«, brüllte Miriam aus Leibeskräften und holte aus, um das Messer aus dem Becken zu schleudern. Doch sie hatte ihre Kraft überschätzt. Das Messer prallte gegen die Fliesen und fiel

Weitere Kostenlose Bücher