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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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sich in einer Höhe von mindestens vier Metern. Mit der Leiter könnte sie sie erreichen. Allerdings waren sie sehr schmal. Ob sie hindurchpassen würde, wusste Miriam nicht, und sie hätte nur einen einzigen Versuch. Und was dann? Wenn sie auf der anderen Seite hinunterspringen würde, würde sie sich vielleicht den Hals brechen.
    Hektisch lief Miriam umher, doch es gab in der leeren Schwimmhalle keine weitere Fluchtmöglichkeit. Ihre Gedanken überschlugen sich. Die Leiter an die Wand stellen und einen Fluchtversuch wagen? Sich mit dem Schraubenzieher als Waffe auf einen Kampf einlassen?
    Plötzlich hörte sie ein leises Husten hinter der Tür.
    Damit war die Frage beantwortet. Sie würde es nicht mehr schaffen, durch die Lichtleiste zu entkommen.
    Blitzschnell traf Miriam eine Entscheidung.
    Es fiel ihr unsagbar schwer, aber so schnell sie konnte, zog sie ihre Kleidung wieder aus, legte sie in die schwarze Stofftasche zurück und kletterte dann ins Schwimmbecken hinab. Dort legte sie sich an die Stelle, an der er sie eingesprüht hatte. Sie zog die grauen Decken über ihren nackten Körper und versteckte die Arme unter ihrem Rücken, ganz so, als sei sie noch gefesselt. Den Schraubenzieher hielt sie weiterhin fest umklammert. Damit hatte sie wenigstens so etwas wie eine Waffe und obendrein das Überraschungsmoment auf ihrer Seite.
    In ihrer Wunschvorstellung stieg ihr Entführer ins Becken hinab, kam zu ihr herüber und beugte sich über sie, um die Decken wegzuziehen. In dem Moment würde sie ihm den Schraubenzieher in den Hals stechen. Oder in den Bauch, egal, sie musste nur schnell und eiskalt handeln. Anderenfalls würde sie hier sterben.
    Ihr Herz raste.
    Oben wurde eine Tür geöffnet.
    Miriam hielt den Atem an.
    »Das war Nicola Sadowski«, sagte Tanja Schildknecht, nachdem das Telefongespräch plötzlich abgebrochen war.
    »Sie sagt, bei ihrem Mann läge jemand im Kofferraum. Sie ist ihm gefolgt, irgendwo aufs Land hinaus. Sie weiß nicht, wo sie ist, aber da steht ein Schild. Waldbad Wolfsbruch, sagt sie. Davon habe ich noch nie gehört.«
    »Aber ich«, sagte Alexander Seitz. »Meine Hütte steht im Wolfsbruch. Dieses ehemalige Waldbad ist mit dem Auto keine Viertelstunde von mir entfernt.«
    »Rufen Sie zurück«, befahl Nele. »Frau Sadowski soll auf jeden Fall in ihrem Wagen warten. Wir kommen so schnell wie möglich.«
    Während sie alle zu den Fahrzeugen rannten, wählte Tanja Schildknecht die Nummer, bekam aber keine Verbindung.
    »Ich kann sie nicht mehr erreichen«, rief sie den anderen zu. Dann verteilten sie sich in der alten Besetzung in die Wagen und preschten los.
    Nele fuhr voran und ließ sich von Seitz leiten.
    Vor ihr senkte sich die Landschaft ab. Sie selbst befand sich auf einer Höhe mit den Kronen der Bäume, die an der tiefsten Stelle dieser Senke wuchsen.
    Der Akku ihres Handys hatte gerade noch gereicht, um der Polizistin zu beschreiben, wo sie war. Aber wie lange würde die Polizei brauchen, um hier rauszukommen? Eine halbe Stunde? Vielleicht nur zwanzig Minuten? Auf jeden Fall aber zu lange.
    Zu lange für die anderen. Für die Person im Kofferraum. Wahrscheinlich eine Frau, die leiden musste, weil sie selbst ihm nicht gegeben hatte, was er wollte. Was er sich am allermeisten wünschte.
    Alles fiel auf sie zurück. Sie allein war schuld daran, was an diesem einsamen Ort geschah.
    Der Weg, der von dem kleinen Schild mit der Aufschrift Waldbad Wolfsbruch in die Senke hinunterführte, verschwand vor ihr zwischen den Bäumen. Dort war es dunkel. Nicola konnte nicht sehen, wie weit er noch gefahren war, wo er den Wagen hatte stehen lassen.
    Sie rannte los. Ihre Beine bewegten sich wie von selbst und viel zu schnell, sodass sie schon nach wenigen Metern stürzte. Sie fing sich mit Händen und Knien ab, biss sich aber trotzdem so heftig auf die Unterlippe, dass sie sofort den bekannten, rostigen Geschmack von Blut in ihrem Mund spürte. Sie ignorierte ihn, kämpfte sich wieder auf die Beine und lief weiter. Langsamer als zuvor und den Blick zu Boden gerichtet.
    Und blieb erst wieder stehen, als sie einen kleinen, freien Platz erreichte, auf dem der schwarze Wagen stand.
    Er war leer.
    Fußspuren führten über einen schmalen Weg weiter in die Senke hinein. Spuren von zwei Personen.
    Nicola starrte in den Wald und lauschte.
    Blut rauschte in ihren Ohren, ihr Herz wummerte gegen den Brustkorb, aber ansonsten herrschte Stille.
    Eine tödliche Stille.
    Miriam Singer schaffte es nicht, ihre

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