Blind Date mit Folgen - Roman
Chat.
Sie setzte sich bequem hin, als der SMS-Ton erklang. Sie griff nach ihrem Handy und der Name des Absenders zauberte ein kurzes Lächeln auf ihr Gesicht. Wenn sie Sven nicht hätte. Sie streckte ihre schlanken Beine auf dem hölzernen Couchtisch aus und band sich ihre langen Haare zu einem Pferdeschwanz. Trotz des Gewitters war es immer noch schwül.
Hi, Kleine. Was treibst du so?
Lust auf Kino? Viel mehr gibt der Tag
eh nicht her und wenn du magst können
wir danach ins Tapadera gehen auf ein
paar Margheritas :-). Ich weiß doch, dass
du Zu Hause hockst und dir die Decke auf
den Kopf fällt. Besito, S.
Guter alter Sven. Bei ihm fühlte sie sich aufgehoben und vor allem verstanden. Ohne große Worte erahnte er stets ihren Gemütszustand und es war ihr nicht peinlich, dass er sie immer wieder in schwachen und depressiven Momenten erlebte. Und diese waren nicht selten gewesen in den letzten Jahren. Ihre Freundschaft bedeutete ihr viel. Trotzdem hatte sie heute keine Lust auf seine Gesellschaft. Sie schrieb ihm eine SMS zurück, ohne ihm jedoch den Grund für die Absage zu nennen.
Der Regen prasselte jetzt gegen die Scheiben. Mitten im Sommer schüttete es wie aus Kübeln, typisch. Mairas Blick wanderte über die Dächer der Stadt, dorthin, wo ihre Freundin Eveline in der historischen Altstadt von Zürich wohnte. Trotz der guten Lage bezahlte die Freundin weniger Miete, weil sie ihre Wohnung mit zwei Mitbewohnern teilte. Der bloße Gedanke engte Maira schon ein: Nicht geschenkt würde sie in eine WG ziehen. Nie allein und ständig eingeschränkt zu sein, das wäre nichts für sie, da gab sie lieber etwas mehr Geld aus, lebte dafür in ihren eigenen vier Wänden. Nur gab sie nicht etwas, sondern einiges mehr an Geld aus, um im Seefeldquartier wohnen zu können. Gemessen an ihrem Einkommen war es ganz klar ein Luxus, den sie sich mit der Wohnung leistete. Aber in Seefeld, das sich am rechten Seeufer entlang erstreckte und wegen der großzügigen Park- und Quaianlagen, den Seebädern, den alten Villen und den überdurchschnittlich vielen Feinkostgeschäften und Anwaltskanzleien zu den schicksten und beliebtesten Wohngegenden von Zürich zählte, hatte sie schon immer leben wollen. Sie liebte das rege Treiben in dem Viertel, die gut gekleideten Leute, die Nähe zum See und dass sie den Verlag von ›Täglich Zürich‹ in einem zehnminütigen Fußmarsch erreichte, war phänomenal. Den Preis dafür war sie gewillt zu bezahlen. Sie ging nur einmal im Jahr in die Ferien, was ihr Bankkonto mehr oder weniger wieder in Balance brachte.
Ihre Dreizimmerwohnung war mit knapp 70 Quadratmetern zwar eher klein, dafür hatte sie eine große, auf den Hinterhof führende Terrasse und in den lichtdurchfluteten, hellen Zimmern konnten sich ihre üppigen Pflanzen bestens entfalten. Sie liebte die Natur und da sie sich nicht ständig nur im Freien aufhalten konnte, hatte sie die Natur eben in ihre Wohnung geholt. Unzählige Kissen und Duftkerzen in der ganzen Wohnung verteilt, vermittelten Maira ein orientalisches Lebensgefühl und sie konnte ungestört ihre spirituelle Seite ausleben. Wenn sie den Wunsch verspürte, stand sie manchmal schon um fünf Uhr morgens auf, zündete ein paar Räucherstäbchen an, legte die Yoga-CD ein, hockte sich auf den Wohnzimmerboden und meditierte eine Stunde lang, bevor sie zur Arbeit ging. So fühlte sie sich gewappnet für den Tag. Ob ein Mitbewohner solche frühmorgendlichen Rituale ertragen würde, war fraglich. Allein war sie ja nicht, ihre Mitbewohner blieben einfach stumm, wie Fische und Katzen halt so sind, was ein Zusammenleben sowieso viel einfacher machte. Wie zum Zeichen, dass er zustimmte, strich ihr in diesem Moment ihr Tigerkater Pacino um die Beine und schnurrte leise. Trotzdem musste sie sich rückblickend eingestehen, dass die schönste Zeit ihres Lebens die war, als sie mit einem Mann zusammenlebte.
Eveline beschrieb sie – im Gegensatz zu ihr – als eine ungezwungene Person, unkompliziert und ausgeglichen. Offensichtlich schleppte sie nicht die gleichen Sorgen wie Maira mit sich herum. Eve war ihre älteste und einzige Freundin. Eigentlich traurig, aber Maira konnte einfach nicht so gut mit dem weiblichen Geschlecht. Ihr fehlte das Interesse, alte Kontakte zu pflegen, und wenn sie es einmal tat und eine vergessene Bekanntschaft auffrischte, schien ihr der Abend bald langweilig und sie wünschte sich wieder nach Hause. Sven und Eve waren die einzigen Menschen,
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