Blind Date mit Folgen - Roman
kriegen. Ich bring ihn dir nächstes Mal mit, dann kannst du ihn mal ausprobieren. Dafür bekommst du heute den Quichotto, Quiniotto oder wie das Grünzeug heißt«, blinzelte sie. Nicht mal ein schlechtes Gewissen hatte sie. Maira verzog das Gesicht.
»Schon als Dank dafür, dass ich dir den wieder in Schuss bringe, hätte ich einen Nagellack verdient. Und überhaupt, wieso glaubst du, dass ich ihn wieder hinbekomme? Ich bin ja kein Pflanzenspezialist.«
»Bist du doch. Du hast einen grünen Daumen und wenn jemand den Orangenbaum wieder hinbekommt, dann du.«
»Dafür will ich ein nigelnagelneues Fläschchen, sonst kannst du ihn gleich wieder mitnehmen.« Maira meinte es ernst. Sie stand auf und zog die Pflanze aus der Tasche. Sie machte tatsächlich einen jämmerlichen Eindruck.
»Wow«, entfuhr es Eveline plötzlich. Unbeeindruckt von Mairas Forderung stand sie auf und zeigte auf die Pflanzenwand. »Ich war schon ein Weilchen nicht mehr bei dir, merke ich gerade. Dein Dschungel wird ja immer dichter!« Maira wusste nicht, ob das bewundernd gemeint war. Dann stieß Eve einen spitzen Schrei aus und kniete fassungslos vor ihrem gesunden und mit Orangen behangenen Chinotto hin.
»Auf dem Balkon hab ich drei weitere stehen, die tragen viel mehr Früchte«, meinte sie stolz. Etwas konnte sie doch besser als Eve. Wenn schon nicht Pink Flamingo beschaffen, dann halt mit Gewächsen richtig umgehen. »Und wenn du dich mehr mit deinen Pflanzen abgeben und hie und da mit ihnen reden würdest, hättest du auch bald einen Orangenhain …, weil die spüren das, echt. Und der korrekte Name dafür ist übrigens Chinotto wie das Getränk.«
»Ahh, gut, dass ich das weiß«, meinte Eveline augenzwinkernd und berührte eine der Früchte.
»Kann man die eigentlich essen?« In dem Moment ertönte ein SMS-Piepsen und beide blickten sich kurz an.
»Ist meins.« Maira beugte sich über den Tisch, wo ihr Handy lag.
Okay, Kleine. Dann halt ein anderes Mal.
Ich wünsch dir noch einen gemütlichen Sonntag,
und für morgen einen guten Start in die Woche. S.
Sie würde Sven nächste Woche ins Kino einladen.
»Nein, essen kann man sie nicht«, sagte sie dann zu Eveline gewandt. »Sie sind ziemlich sauer. Aber sie eignen sich gut für Marmelade oder Saft.«
Nun bewunderte die Freundin die Palme am Fenster.
»Wie machst du das bloß? Ich kenne niemanden, der eine so schöne Palme hat …« Also doch Bewunderung.
»Ist halt mein Hobby, weißt du ja …« murmelte Maira, während sie begann, Evelines Orangenbaum zu inspizieren.
»Maira, ist ja alles schön und gut, aber wenn du weniger Zeit mit deinen Pflanzen und mehr Zeit mit Menschen verbringen würdest, hättest du vielleicht mal ein Date, eine Einladung zum Abendessen …, oder was auch immer. Stattdessen hockst du jeden Abend zu Hause und bläst Trübsal.« Autsch.
»Ich blase kein Trübsal, Eve! Ich habe einfach andere Interessen.« Trotz ihrer entstehenden Beziehung mit John hatte Eveline sie nie vernachlässigt und immer wieder vorgeschlagen, Dinge zu dritt zu unternehmen. Sie hatte jedoch meist abgelehnt.
»Okay, hab’s nicht so gemeint. Ich finde es nur schade, dass du alleine bist. So jemand wie John tut echt gut. Ich wünsch dir das auch. Du solltest mehr unter Leute gehen, weißt du.«
»Lustig, dass du das gerade heute sagst, denn soeben wollte ich das tun …«, wehrte sich Maira.
»Ah ja, wohin denn um diese Zeit? In den Jugendtreff?«
»In den Chat …«
»In den Chat? Oh nein. Maira, das meinte ich nicht mit Leute kennenlernen.«
»Wieso nicht? Viele tun es, Sven auch, und er berichtet nur Gutes.«
»Bei ihm ist es vielleicht eine Ausnahme, aber normalerweise chatten nur Leute, die sonst niemanden finden. Du weißt, was ich meine. Ich war selbst schon drin. Nicht um jemanden kennenzulernen, einfach um zu sehen, wie’s dort so läuft.« Sie grinste. »Damit ich mitreden kann. Glaub mir, der Chat ist ein Abbild unserer Gesellschaft. Und wenn du in der Gesellschaft keine Kandidaten findest, weil du einfach zu große oder zu hohe Erwartungen an einen Mann hast, ist das bei einer Online-Plattform nicht anders, glaub’ mir. Die Auswahl geht zwar rascher voran, aber größer ist sie deswegen nicht. Und besser schon gar nicht.«
»Das kann ja sein, ich werd’s rausfinden.« Sie hatte sich bereits dazu entschlossen und so kurz vor dem Start hatte Maira keine Lust, diese Theorie mit Eveline zu diskutieren. Sie stellte den kranken Orangenbaum neben ihre
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