Blind Date mit Folgen - Roman
eigenen und sah ihre Freundin abwartend an.
»Ich wollte mich eben einloggen …«
»Okay, hol den Laptop, ich will das sehen.«
»Ah, nein. Keinesfalls. Das mach ich alleine.«
»Ich darf nicht mal zusehen?« Sie mimte die Gekränkte.
»Nein. Du findest es doch doof, wieso willst du dann zusehen? Und danach werde ich mich um dein Bäumchen kümmern, okay?«
»Okay, okay. Danke. Dann mach ich mich wieder auf den Weg, ich sollte eh noch bei meinen Eltern vorbeischauen. Falls John und ich ins Kino gehen heute Abend, hast du Lust mitzukommen, ich meine naaach dem Chat?« Maira überhörte geflissentlich die Ironie und begleitete Eveline in den Flur.
»Nein, danke. Sven hat mich schon gefragt. Ich werde zu Hause bleiben.«
»Gute Idee, hast du ja lange nicht mehr gemacht.« Maira verdrehte die Augen und sie umarmten sich flüchtig.
»Also, bis dann.«
»Bis dann, übrigens sind die Zeugen Jehovas von Zürich in Wetzikon stationiert, das weiß ich«, scherzte sie zum Abschied und beide lachten herzlich. Dann verschwand Eveline im Treppenhaus.
Als Maira die Tür hinter ihrer Freundin geschlossen hatte, lauschte sie noch dem Knarren ihrer Tritte auf der Holztreppe, dann ging sie zu ihrem Patienten. Egal, wie mies es ihm jetzt ging, sie zweifelte nicht an seiner Heilung.
Zehn Minuten später saß Maira wieder auf der Couch, den Laptop auf dem Schoss und tippte ›Room2Chat‹ ein, das war der Name des Chatraums, den auch Sven benutzte. Sie wurde zur Registrierung und der Eingabe eines Pseudonyms aufgefordert.
Sie grübelte. Lara Croft, die Comic-Figur. Sie gab den Namen ein, aber der war leider vergeben. Natürlich!
Schade, damit hätte sie sich gut identifizieren können. Sie war zwar nicht brünett, sondern blond, und verglichen mit der prallen Oberweite von Angelina Jolie im Film herrschte bei ihr eher Flachland, aber wie die Croft war sie sportlich und hielt sich gern in der Natur auf. Maira versuchte es erneut, diesmal mit einem anderen Nickname und nun klappte es.
Ihre Miene hellte sich auf, als auf dem Bildschirm eine Meldung erschien und sie als neues Mitglied herzlich willkommen geheißen wurde.
2
Alex erhob sich vom Küchentisch, als Deborah am Türrahmen auftauchte. Ihr Parfüm drang ihm scharf in die Nase.
»Wir hätten auch bei schlechtem Wetter fahren können«, fuhr sie ihn an: »Was macht das für einen Unterschied? Seit Wochen war diese Reise geplant, doch du findest immer wieder neue Ausreden, nicht zu gehen. Sag es doch einfach, wenn du keine Lust dazu hast.« Bei ihren letzten Worten wandte sie sich ab und stampfte ins Wohnzimmer. Der Duft von Chanel No. 5 hing noch einen Moment in der Luft, bevor er ihr folgte.
Alex blickte seiner Frau nach und entschied sich, sie dieses Mal nicht versöhnlich zu stimmen. Sollte sie doch schmollen. Es war Sonntagabend und er wollte vor einer stressigen Woche im Büro noch etwas Ruhe tanken. Um ungestört zu sein, ging ins Arbeitszimmer. Es herrschte ein mittleres Chaos auf dem Pult weil er den Arbeitsplatz seit einiger Zeit unaufgeräumt verließ, was normalerweise nicht seine Art war, aber er hatte absolut keine Lust gehabt, Ordnung in seine Akten zu bringen. Er ließ sich in den schweren Ledersessel fallen und startete den Computer.
Italien, ein paar Tage Italien. Sie hatte ja recht. Etwas Abwechslung hätte vielleicht geholfen. Ihnen beiden. Ihrer Ehe. Vielleicht auch ihm. Seit einer Weile war ihm bewusst, dass etwas nicht stimmte, aber er vermochte nicht zu sagen, was es war.
Gerade erst hatten sie sich eine großräumige Fünf-Zimmer-Maisonettewohnung gekauft, nahe der Rennbahn, etwas außerhalb der Stadt am östlichen Rand von Berlin gelegen. Die Einrichtung hatte Deborah zusammen mit einem Innenarchitekten ausgewählt und dabei viel Wert auf Designermöbel und eine perfekte Ausleuchtung der Räume gelegt.
Das Licht, die dimmbare Deckenbeleuchtung, die Halogenlampen und das eingebaute Wohnatrium hatten ihren Preis und er war gezwungen gewesen, einen Kredit aufzunehmen. Inzwischen konnte er sich die Vorlieben seiner Frau leisten. Die letzten drei Jahre hatte er mit seinem Partner seine eigene PR-Agentur, Olin&Sailer, aufgebaut. Ihm war wenig Zeit für anderes geblieben, er hatte hart gearbeitet, um endlich schwarze Zahlen zu schreiben. Nun hatten sie sich eine ansehnliche Kundenliste aufbauen können und strichen von drei bis vier großen Aufträgen pro Jahr einen satten Gewinn ein.
Während der Computer noch hochfuhr, begann Alex das Pult
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