Blinde Seele: Thriller (German Edition)
Department hoffte inständig, dass es dabei blieb, Sam Becket eingeschlossen. Er hatte mehr als genug über diese Morde gehört, um zu hoffen und zu beten, dass es den Irren nicht bis hierher verschlug.
»Keine neuen Verbindungen?«, fragte Sam.
»Nichts«, sagte Duval. »Nicht mal die Spur eines Anhaltspunkts.«
Alle drei Opfer waren Frauen weißer Hautfarbe und gut situiert. Die einzige andere bisher festgestellte Gemeinsamkeit war die Art ihres Todes gewesen. Die Jüngste war zweiundzwanzig, die Älteste neunundvierzig. Eine Blondine, zwei Brünette. Eine verheiratet, eine geschieden, eine Single. Zwei von ihnen waren Mütter. Eine war nicht berufstätig, eine andere arbeitete in der Immobilienbranche. Das letzte Opfer, Lindy Braun, besaß eine Bar.
Beim Essen drehte die Unterhaltung sich um die Familie, die Hitze, die Hurrikans und darum, dass Duval, der in der Nähe des MROC – des Miami Regional Operations Center – in Doral wohnte, gern nach Pembroke Pines ziehen würde. Er hatte sich bereits dort umgesehen, und es hatte ihm gefallen.
»Grace und ich haben vor einer Weile auch mit dem Gedanken gespielt, umzuziehen«, sagte Sam, »aber irgendwie sind wir doch froh, dass wir geblieben sind.«
»Unser Sohn steht einem Umzug skeptisch gegenüber«, sagte Duval.
»Kann ich verstehen«, meinte Sam. »Für Jugendliche ist es besonders schwer, sich in eine neue Umgebung hineinzufinden. Ich kann mich erinnern …«
Duvals Handy klingelte. »Entschuldige.«
Sam nickte.
»Fort Lauderdale«, sagte Duval, als er das Gespräch beendet hatte. Seine Stimme klang rau und angespannt.
»Und?«, fragte Sam, von einer düsteren Vorahnung erfüllt.
Duval verzog das Gesicht. »Wir haben wieder eine Leiche.«
*
Fort Lauderdale gehörte nicht zu Sams Zuständigkeitsbereich, aber Duval hatte ihn gebeten, trotzdem mitzukommen. Sam tat ihm den Gefallen. Nicht aus Höflichkeit, sondern aus beruflichem Interesse. Schließlich war er Ermittler.
Die Mitarbeiter vom Morddezernat in Fort Lauderdale waren bereits am Tatort, einem hübschen kleinen Einfamilienhaus in Shady Banks, einer ruhigen Wohngegend.
Ein hübscher Ort zum Leben.
Als Sam Becket im Schlafzimmer des Opfers stand, wünschte er sich, er hätte Duvals Einladung ausgeschlagen, denn es gab Dinge, deren Anblick ein normaler Mensch nach Möglichkeit vermeiden sollte.
»O Gott«, sagte er leise, als er die Leiche der Frau sah.
Sein Magen verkrampfte sich. Er schaute weg. Schließlich war das hier nicht sein Fall, sodass er sich den Luxus leisten konnte, den Blick von dem Grauen abzuwenden, das über diese arme Frau hereingebrochen war.
Amelia Newton, dreiunddreißig Jahre alt. Sie wohnte allein in ihrem hübsch eingerichteten, gepflegten, einstöckigen Haus mit zwei Schlafzimmern und einem Bad. Es waren keine Spuren eines Einbruchs oder eines Kampfes zu sehen, nicht einmal in dem Zimmer, in dem sie lag.
Zwei Fotos auf ihrem Frisiertisch ließen erkennen, dass sie attraktiv gewesen war. Eine schlanke Frau mit hübschem Lächeln, kurzem blondem Haar und blauen Augen.
Sam blickte zu Joe Duval hinüber. Duval wirkte ruhig und gefasst. Er tat, was alle Ermittler in Situationen wie dieser tun sollten: Er verschloss seine menschliche, mitfühlende Seite und konzentrierte sich ganz auf den Tatort. Für das Opfer konnte man nichts mehr tun. Man konnte nur noch versuchen, ihm ein wenig Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, indem man den Täter fasste.
Sam zwang sich, den Blick wieder auf Amelia Newton zu richten.
Was man ihr angetan hatte, war selbst nach den Maßstäben eines erfahrenen Mordermittlers bizarr und grauenhaft.
Der Täter hatte die Leiche der Frau in die Mitte ihres Doppelbetts gelegt und regelrecht arrangiert. Von den Schultern abwärts lag ihr Körper auf einer Art Patchworkdecke, die über dem Bett ausgebreitet war. Sie schien vollständig bekleidet mit einer türkisfarbenen Baumwollhose und einem weißen T-Shirt.
Ihre Kleidung und die Patchworkdecke waren blutbespritzt.
Unter dem Kopf und dem Nacken der Toten hatte jemand ein Latexlaken ausgebreitet, das die Kissen, die sie stützten, bedeckte, aber nicht schützte.
Drei Kissen, zählte Sam.
Und jede Menge Blut.
Ein Rechteck aus Schaumstoff lag links neben dem Bett auf dem Boden. Es sah aus wie der Schaumstoffeinsatz eines Kissens. Brandspuren ließen darauf schließen, dass es als Schalldämpfer benutzt worden war.
Wieder blickte Sam auf die Tote.
Wenn der Killer so vorgegangen war, wie man es
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