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Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Blinde Seele: Thriller (German Edition)

Titel: Blinde Seele: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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– ein hagerer, energiegeladener, ein wenig schwieriger Mann, der vor vier Jahren aus dem Hinterland von New York hierher gezogen war. Sein Garten und seine große umgebaute Garage dienten als Probenort, bis die Truppe in ihr Theater konnte. Es war ein guter Ort zum Proben, solange die Nachbarn nichts dagegen hatten.
    Sam und die anderen saßen auf Bänken an Tylers langem Holztisch, der mit großen Wasserkrügen und Pappbechern gedeckt war – schwarzer Tee, Kaffee, Cola und Alkohol waren während der Proben verboten. Der Duft des Gartensalbeis, der in den Blumenbeeten wuchs, war in der stillen Luft beinahe berauschend.
    Sam ließ den Blick über die Gesichter der anderen schweifen.
    Da war Toni Petit, die langjährige Kostümbildnerin der South Beach Opera, eine kleine Frau in den Dreißigern mit kurzen dunklen Haaren und kirschschwarzen Augen.
    Linda Morrison war die Regisseurin der Carmen , in der Truppe als »La Morrison« bekannt. Sie war ein kumpelhafter Typ und seit vielen Jahren Mitglied der Operntruppe – eine stattliche Erscheinung mit roten Haaren und ein begabter Mezzosopran. Sie besaß ein Bekleidungsgeschäft in der Nähe der Lincoln Avenue.
    Dann war da Billie Smith, die hübsche, dreiundzwanzigjährige Tochter eines alten Schulfreundes von Sam, gesegnet mit einem himmlischen Mezzosopran. Sie sang die Titelpartie. Gerüchten zufolge hatte Billie ihr Musikstudium an der Universität von Miami mehr oder wenig freiwillig aufgeben müssen – aus unbekannten Gründen. Jetzt nahm sie Unterricht an der Lincoln Park Music School.
    Jack Holden war der Tenor der Truppe, ein gut aussehender, blonder und blauäugiger Anwalt, in Schottland gebürtig. Er sang den Don Jos´e.
    Und schließlich war da Carla Gonzales, eine ehrgeizige, zweiunddreißigjährige Kuba-Amerikanerin. Sie sang die Rolle der Micaëla.
    Sam fühlte sich erschöpft, aber zufrieden. Seine Stimme hatte gut durchgehalten, und Tyler war weniger hart zu ihm gewesen als zu manchen anderen. Er hatte vor allem Carlas Unwillen auf sich gezogen, indem er von ihrem »dicken Hintern« gesprochen hatte. Jack Holden hatte er als »schwerfällig« bezeichnet und Toni Petit als »die kleine Näherin«.
    Tyler Allen konnte in der Tat unfreundlich sein. Er hatte sogar etwas von einem Schikanierer.
    Ein Charakterzug, den Sam Becket nicht mochte.

10.
    10. Mai
    Der Ort der Konferenz war zu Fuß keine Viertelstunde von Grace’ Hotel entfernt – ein elegantes, modernes Gebäude. Das Begrüßungsfrühstück fand um halb neun statt. Auf Grace’ Namensschild stand in kräftigen Farben »Dr. Grace Lucca« in einem preisgekrönten Design, entworfen von den Kindern einer Grundschule im Kanton Graubünden.
    Dr. Elspeth Mettler, eine der Organisatorinnen der Tagung, kam zu Grace an den Tisch. Sie trug ein elegantes Kostüm, eine Brille von Chanel und dazu passende Schuhe.
    »Wir freuen uns sehr, dass Sie einspringen konnten, Dr. Lucca. Ich bin Dr. Shrike sehr dankbar für ihre Empfehlung.«
    »Es ist mir eine Ehre, hier zu sein«, versicherte Grace ihr. »Obwohl es, offen gestanden, lange her ist, seit ich irgendwo einen Vortrag gehalten habe, erst recht vor einer solch illustren Gesellschaft. Ich hoffe, ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    »Das werden Sie bestimmt nicht«, erwiderte Elspeth Mettler. »Ihr Vortrag wird, wenn ich recht verstehe, ein interaktives Event sein?«
    »So ist es geplant, ja«, antwortete Grace. Obwohl sie erst morgen mit ihrem Vortrag an der Reihe war, fühlte sie sich auf einmal schrecklich nervös.
    Mit einem Mal wurde ihr bewusst, warum.
    Es war lange her, seit sie zuletzt auf einem Podium gestanden hatte.
    Das letzte Mal war es im vergangenen Jahr gewesen.
    Vor Gericht.
    Während dieser schrecklichen Zeit war ihr vieles entrissen worden, und auch wenn sie allmählich wieder ins gewohnte Gleis fand, lag noch immer ein langer Weg vor ihr.
    In den alten Zeiten hatte Grace Lucca Becket geglaubt, zu wissen, wer sie war.
    Eine zufriedene, dankbare Frau, mit sich selbst im Reinen.
    Sie war noch nicht ganz wieder dort.

11.
    Mildred war endlich beim Augenarzt.
    David hatte für sie einen Termin bei Ralph Sutter vereinbart, den er seit ungefähr zehn Jahren kannte. Sutter war ein guter, erfahrener Augenarzt mit einer eigenen Praxis am NE 29th Place.
    Mildred hegte eine tiefe Abneigung gegen illegale Drogen, die so weit ging, dass sie sogar gegenüber verschreibungspflichtigen Medikamenten misstrauisch war. Deshalb nahm sie nur selten Pillen. Aber

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