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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shiloh Walker
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bevor er überhaupt zu verstehen begann, was das überhaupt bedeutete. In der Schule hatten dann all die hübschen Mädchen, die mit ihm flirteten, die Aufmerksamkeit der Jungs aus seiner Stufe auf sich gezogen. Weshalb er ziemlich oft in Schwierigkeiten geraten war.
    Irgendwann hatte er gelernt, das Flirten zu genießen, ohne auf die Sticheleien der anderen zu achten. Meistens jedenfalls.
    Im vorletzten Jahr an der Highschool war es zu einer Schlägerei mit einem anderen Spieler aus dem Basketball-Team gekommen, bei der er sich die Nase gebrochen hatte. Und nachdem seine Eltern in die Schule gebeten worden waren, musste er schließlich aus der Mannschaft ausscheiden.
    Eine Maßregelung, die er stets als sehr bitter empfunden hatte, auch wenn er im Nachhinein betrachtet froh darüber war, dass seine Eltern aus Liebe eine strenge Hand walten ließen und Regeln aufstellten, egal, wie schmerzvoll diese zunächst auch sein mochten.
    Zur großen Bestürzung seiner Mutter und seiner eigenen Freude, war seine Nase nicht ganz gerade wieder zusammengewachsen. Die leichte Krümmung machte sein Gesicht vielleicht ein kleines bisschen weniger hübsch.
    Ansonsten hatte sich Ezra über die Jahre nicht groß verändert. Die Grübchen in seinen Wangen waren tiefer geworden. Er rasierte sich morgens, aber bereits am späten Nachmittag zeigte sich wieder ein bläulicher Schatten. Und er war immer noch groß und schlank, obwohl er auf dem College dank Fitnesstraining endlich ein paar Kilos zugenommen hatte.
    Mittlerweile fühlten sich seine Muskeln warm und locker an. Sogar die verhärteten Stränge in seinem rechten Oberschenkel. Vor sechs Monaten hatte er sich eine Kugel gefangen, weshalb er nun weit draußen in Ash, im Bundesstaat Kentucky, lebte. Er hatte seinen Job mitsamt seiner Dienstmarke an den Nagel gehängt und bezweifelte, dass er jemals wieder zurückkehren wollen würde.
    Sobald seine Muskeln sich nach getaner Arbeit verkrampften, würden die Schmerzen ihn umbringen, so viel war klar. Spätestens bei Einbruch der Dunkelheit müsste er durch die Hölle gehen. Doch darum würde er sich kümmern, wenn es so weit war.
    Zugleich stellte er fest, dass die Terrasse langsam immer mehr Form annahm.
    Gegen drei Uhr machte er noch eine weitere kurze Pause, als er das vertraute Rumpeln eines Jeeps hörte. Der Postbote brachte ihm Rechnungen – und ein Paket. Nachdem der Wagen wieder weggerauscht war, stopfte Ezra sich die Briefe in die Gesäßtasche und riss das Päckchen auf. Bücher … verdammte Axt, darunter auch der Band, den er monatelang gesucht hatte.
    Doch Ezra schlug das Buch nicht auf. Auch wenn es ihm in den Fingern juckte, zwang er sich, es wieder in den Karton zu legen. Vorerst zumindest. Wenn er nun anfinge zu lesen, würde er an diesem Tag nichts anderes mehr schaffen, und er wollte mit der Terrasse schließlich noch ein gutes Stück weiterkommen.
    Nachdem er die Post in die Küche gelegt und seine Thermoskanne wieder mit Eistee aufgefüllt hatte, ging er durch die Seitentür wieder nach draußen.
    Er hörte das Brummen eines Motors und schaute die Landstraße hinauf, die vor seinem Haus entlangführte. Als er eine schwarze Stretchlimousine erblickte, hielt er kurz inne.
    Mit finsterer Miene schraubte er seine Thermoskanne auf, nahm einen Schluck und blickte dem Wagen hinterher, bis der glänzende schwarze Schlitten hinter einer Kurve verschwand.
    Ezra wusste, wohin die Fahrt ging – zum Running Brook Inn . In seiner Kindheit war das große alte Haus sehr verkommen und unansehnlich gewesen. Nach dem Tod des Besitzers hatte einer der Erben die geniale Idee gehabt, eine Frühstückspension daraus zu machen, und das war ein Erfolg geworden.
    Inzwischen war das Running Brook mehr als nur eine Übernachtungsmöglichkeit. Es gab ein kleines Restaurant, und die Crew richtete auch Edelhochzeiten aus – wer auch immer auf so etwas stand.
    Dieses Angebot führte zu einem ordentlichen Verkehrsaufkommen, und die ganzen Wagen fuhren nun regelmäßig an seinem Grundstück vorbei. Eigentlich war er auf der Suche nach Frieden und der Ruhe hierhergekommen, so wie er es von früher in Erinnerung behalten hatte. Und stattdessen fand er nun einen nicht abreißen wollenden Strom von Autos vor.
    »Was soll’s. Solange sie nicht durch meinen Vorgarten brettern … «, brummelte er vor sich hin und versuchte, seine Wut zu unterdrücken. Also verdrängte er den Gedanken an die Limousine und machte sich wieder an die Arbeit. Erst als es

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