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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ihrem sperrangelweit offenen Mund, der Gabel, die mitten in der Luft stehenblieb, und dem plötzlich aufblitzenden Licht in den blauen Augen merkte Jury, daß es sich wirklich um ein Versehen handelte. Einerlei, er kannte Carole-anne gut genug, um zu wissen, daß sie ihm die Nachricht sicher übermittelt hätte, selbst wenn hübsche Damen Probleme gehabt hätten.
    »Eine Sekunde. Stimmt, das hat sie gesagt. Auweia, Super.«
    Die schönen Augen schauten zur Decke, als beschwöre sie die hellseherischen Kräfte, die sie zeitweilig verlassen hatten.
    »Macht nichts.« Er lächelte sie an.
    Die blauen Augen betrachteten ihn aufmerksam. Wohlwollend, ein wenig herablassend. »Hm, vielleicht sind Sie es.«
    »Was?«
    »Hellseherisch.«
    Ein Donnerschlag ließ sie auffahren. Zeus hatte gesprochen.
13/II
    Anstatt seine Reisetasche aus- und wieder einzupacken (was er für absurde Zeitverschwendung hielt), beschloß Jury, sie zu öffnen und den Inhalt zu lüften. Gesagt, getan, und dann schaute er sich seine Post zu Hause im Wohnzimmer an - seine Rechnungen und Postwurfsendungen. Und beäugte sein Telefon. Er mußte sich einen Anrufbeantworter anschaffen, sosehr er diese Dinger auch haßte. Seine Wohnung war kein Sammelplatz für die neuesten technischen Errungenschaften. Er hatte weder Videorecorder noch Stereoanlage, CD-Player, Faxgerät oder Dolby-Raumklang (es sei denn, Carole-annes Gespräche zählten dazu). Und eben auch keinen Anrufbeantworter. Im Moment besaß er nicht mal einen Fernseher. Nicht aus Hochmut und Verachtung für das, was die Glotze zu bieten hatte, sondern weil er das Gerät Carole-anne geliehen hatte. Diese Leihgabe, dachte er nun, da er in die Küche ging, um sich einen Kaffee zu machen, mußte vor etwa einem Jahr erfolgt sein. Als er einmal mit ihr in ihrer Wohnung eine hirnlose Show angesehen und ein Bier getrunken hatte, hatte er sie gefragt, wie sie es schaffte, sich um die Gebühren zu drücken. Woraufhin sie geantwortet hatte, sie habe eine »besondere Vereinbarung« mit dem Fernsehhändler. Das war vor ihren Starrdust-Zeiten, als sie ihre Handlesekunst noch gratis offerierte, und Jury hätte zu gern gewußt, wie sie diesen Menschen dazu verleitet hatte, ihr Gerät nicht anzumelden.
    Der Kessel pfiff (obwohl Jury daneben stand und ihn beobachtete), und er löffelte Pulverkaffee in eine Tasse. Egal, welche Marke er nahm oder wie stark er ihn machte, das Ergebnis schmeckte immer wäßrig und nach Metall.
    Zurück im Wohnzimmer versuchte er noch einmal, Jenny zu erreichen. Wieder nahm keiner ab. Er trank seinen Kaffee und starrte das Telefon an. Versuchte es zu hypnotisieren. Nun klingle doch endlich! Es klingelte nicht. Er setzte sich hin, faltete die Zeitung auseinander und sah nach, ob er einen weiteren Artikel über den Tod der Frau in Wiltshire fand. Da hätten die Medien doch anbeißen müssen, das war doch ein gefundenes Fressen für sie. Er war überrascht, daß kein Kolumnenschreiber aus der bizarren Ruhestätte der toten Frau Kapital geschlagen hatte, konnte man doch geheime religiöse Riten und geopferte Jungfrauen ins Spiel bringen. Etwas in der Art. Auf der Innenseite entdeckte er eine Spalte darüber, die aber weder lang war, noch mit etwas Neuem aufwartete. Detective Inspector Gordon Rushs Name stach hervor, aber sein Kommentar war »Kein Kommentar«.
    Über den Zeitungsrand hinweg starrte Jury böse das Telefon an, das sich weigerte, seine Geheimnisse, seine verborgenen Nachrichten und gefangenen Stimmen preiszugeben. Er schloß die Augen und rief sich Lady Crays Türkisskulptur in Erinnerung. Für diesen Teil der USA nichts Ungewöhnliches, Türkis und Silber. Im letzten Jahr waren die Schaufenster von Harrods mit Kram aus dem amerikanischen Westen dekoriert gewesen: Fransenjacken, Stiefel, indianische Decken, Silberschmuck und Gürtel. Er betrachtete das Foto von Chief Inspector Gordon Rush in der Zeitung und dachte, er sehe doch ganz passabel aus, intelligent, aufgeschlossen und so, wie er den Kopf neigte, sogar ein klein wenig demütig.
    Es war nicht von der Hand zu weisen, daß alle drei Frauen zur selben Zeit in oder in der Nähe von Santa Fe gewesen waren. Und ja, man konnte den Tod der beiden älteren auf irgendeine Herzgeschichte zurückführen, aber was war mit der jüngeren? Bei der war das doch sehr unwahrscheinlich. Macalvie hatte recht. Die Polizei in Wiltshire sollte die Leiche auf Giftspuren hin untersuchen - aber auf welches Gift? Hm, außer ein, zwei Fäden verband

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