Blinder Einsatz
abgeschottet sei und es mir gefährlich erscheine, sich dort hineinzudrängen. Das Geschäft mit den Online-Casinos würde so lukrativ sein, dass wir uns nicht auch noch um die echten Casinos kümmern müssten. Ohnehin konnten die Casinos sich nicht schnell genug vergrößern, um die erwartete Nachfragesteigerung zu befriedigen, die wir mit unserer »Spielerdroge« erzeugen wollten. Die Internetseiten hingegen konnten problemlos wachsen. Es war eben einfacher, Gigabytes im Internet zu vermehren als die Quadratmeter der echten Pokersäle. Jane Kramer erwiderte, dass unser Geschäftsplan auf ein begrenztes Zeitfenster baute, da wir die Lebensmittelkontrollen bei Doc Fountain nicht ewig verhindern konnten. Außerdem wollte sie den Casinos nicht zwanzig bis dreißig Prozent des Gewinns überlassen, was auch den Aktionären sehr missfallen würde – selbst dann, wenn wir ein Milliardengeschäft machten. Ich versprach, nach einer Lösung zu suchen, hielt das aber im Augenblick für ein weniger dringliches Problem. Jane Kramer meinte, wir sollten versuchen, die Besucherzahlen der echten Casinos zu senken. Ich weiß noch, wie ich ihr etwas schnippisch antwortete: »Ja, aber wir können die Leute nicht umbringen, wenn sie ins Casino wollen.«
Die Zeit drängte. Da wir auf keinen Fall die Aufmerksamkeit unserer Konkurrenten auf uns ziehen wollten, kauften wir vier der zehn größten Pokersites über Strohmänner auf. Aber wie bei einem Projekt, das so rasch aus dem Boden gestampft wurde, zu erwarten war, stellten sich bald Probleme ein.
Das Labor, das die Tests unseres Wirkstoffs in Europa durchführte, meldete uns eines Tages, dass eine Versuchsperson namens Lars Loy verschwunden war. Der Test selbst war gut verlaufen, Lars entsprach genau dem Typ, den wir suchten. Seine Spielneigung hatte sich schon nach wenigen Wochen so verstärkt, dass er die Kreditkarte seiner Eltern benutzt hatte, um auf einer unserer Seiten viel Geld zu verspielen. Wir mussten unbedingt herausfinden, wo er steckte. Schließlich machten wir ihn in Las Vegas ausfindig. Sein Verhalten in der Welthauptstadt des Spiels zeigte eindeutig, dass wir auf dem richtigen Weg waren: Der Wirkstoff führte dazu, dass er seine Verluste herunterspielte, während ihn Gewinne in eine Hochstimmung versetzten. Wodurch sich seine Spielleidenschaft immer mehr steigerte. Wir mussten bloß vermeiden, dass er mit jemandem über das Medikament sprach, das er für uns testete. Dieses Problem löste sich von selbst, denn er kam bei einer Schlägerei zu Tode. Unser Mann vor Ort sorgte dafür, dass die Polizei keine Papiere bei ihm fand, was seine Identifizierung verzögerte. Da die Polizei von Bloemendaal bei dem Doppelmord an Lars Loys Eltern nicht mit großem Eifer ermittelte, glaubten wir, dass die Sache erledigt sei.
Womit wir nicht gerechnet hatten, war die Inkompetenz der Leute von Powerfood, die beinahe unseren Plan zunichtegemacht hätte. Über unser Erfrischungsgetränk Doc Fountain war es uns gelungen, den offiziellen Sponsorenvertrag für das Main Event der WSOP zu bekommen, quasi die Pokerweltmeisterschaft. Somit war es für uns von entscheidender Bedeutung, das Image des Produkts als Sport- und Freizeitgetränk zu verstärken. Eine Internetplattform mit interaktiven Spielen war bereits im Aufbau: Hier waren Chips zu sehen, wie sie im Pokerfinale verwendet wurden. Außerdem wurde eine breit angelegte Werbekampagne vorbereitet. Doch kurz vor dem Startschuss erfuhren wir, dass uns der Domainname nicht mehr gehörte. Die Marketing- und die Informatikabteilung von Powerfood beschuldigten sich gegenseitig, die Erneuerung der Rechte vergessen zu haben. Den Namen der Internetplattform zu ändern war nicht mehr möglich, alles war für www.docfountain.com vorbereitet. Der Besitzer der Domain war ein Cybersquatter, der rasch herausfand, wie dringend wir den Namen brauchten. Unsere Einschüchterungsversuche blieben ohne Erfolg. Als er schließlich Anstalten machte, www.docfountain.com an einen Konkurrenten zu verkaufen, ließen wir uns auf seine überzogene Forderung ein, ihm eine Million Dollar zu zahlen. Ihn vor Gericht zu zerren hätte viel zu lange gedauert. Das war zwar ein herber Verlust, kam uns aber immer noch billiger, als mit einem anderen Namen noch einmal ganz von vorn anzufangen. Überdies bestand die Gefahr, dass dieser Philippe Bloker – so hieß der Cybersquatter – oder einer unserer Konkurrenten am Ende www.docfountain.com nutzte, um sich an unser
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