Blinder Einsatz
mich auf dem Laufenden über die angesagten Stars, Fernsehsendungen und die aktuelle Mode. Natürlich machte sie sich auch gerne ein wenig lustig über mich. Oft plauderten wir die ganze Nacht hindurch, bis uns im Morgengrauen die Augen zufielen.
Während dieser zwei Tage machte mich Clara mit dem Internetpoker bekannt, das damals gerade in Mode kam. Alle Jugendlichen schienen sich dafür zu begeistern. Ich begriff nicht, was sie daran fanden: Man brauchte sich doch nur irgendwo mit anderen Spielern zu treffen, um einen schönen Abend zu verleben. Beim Internetpoker dagegen ist jeder für sich allein. Der psychologische Aspekt tritt stark in den Hintergrund, es bleibt allein das finanzielle Wagnis. Ich versuchte mein Glück dabei, aber ohne Erfolg. Die Regeln des Texas Hold’em, das mit offenen Karten gespielt wird, waren ganz anders als die Pokervariante, die ich aus meiner Jugend kannte und bei der jeder Spieler fünf verdeckte Karten in der Hand hat. Wenn ich Clara zusah, spürte ich, wie viel Adrenalin dieses Spiel freizusetzen vermag, auch wenn alle Spieler nur bei sich zu Hause vor ihrem eigenen Computer sitzen.
Ich begann mich mehr für Online-Poker zu interessieren. Warum sollte Kramer nicht in diesen Bereich investieren, wenn er sich tatsächlich so stürmisch entwickelte, wie Clara mir sagte: drei Milliarden Dollar Umsatz im vorangegangenen Jahr, zehn Millionen Spieler weltweit, ein Casino, das einem überall und zu jeder Zeit offen stand, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Schon gab es Internetforen von Pokerfans, und die Spieler konnten während der Partien in Chats direkt miteinander kommunizieren. Die Pokerspieler hatten begonnen, sich zu einem eigenen sozialen Netzwerk zusammenzuschließen. Ein Wachstum von dreihundert Prozent in anderthalb Jahren brachte natürlich jeden Investor zum Träumen. Die Steueroasen der Welt empfingen die verschiedenen Pokerseiten, die sich häufig nur durch einen Slogan oder durch einen bekannten Spieler als Galionsfigur unterschieden, mit offenen Armen. Warum sollte nicht ein finanzstarker Konzern die vielen Einzelakteure unter seine Fittiche nehmen, die verschiedenen Portale zusammenführen und damit ihre Wahrnehmbarkeit erhöhen? Mit der Weiterentwicklung des Internets konnte auch das Online-Poker von neuen Anwendungen profitieren. Poker war bereits zu einer Art Trendsport geworden. Große Turniere wurden live im Fernsehen übertragen, Profispieler schlossen Werbeverträge ab, und die eingesetzten Summen knackten immer öfter die Grenze von einer Million Dollar. Natürlich berichteten die Medien hauptsächlich von den Erfolgsgeschichten, den jungen Spielern, die über Nacht zu Millionären wurden. Wie viele sich dagegen in Schulden und ins Unglück stürzten, erfuhr man nicht. Die Zuschauer erlebten die Spannung, die Adrenalinschübe und die unerwarteten Wendungen des Spiels wie bei jedem anderen sportlichen Wettkampf. Bislang wurden die Plätze jedoch noch nicht verkauft.
Das Phänomen war ebenso interessant wie das Spiel selbst, und ich investierte ein paar Stunden in einen Finanzplan, der aufzeigte, wie sich Kramer in diesem Bereich engagieren konnte. Aber es kam nichts Schlüssiges dabei heraus, mir fehlten noch einige Parameter, um zu einer Einschätzung zu kommen, ob wir in diesem Bereich das schnelle Geld machen konnten.
Ich suchte fieberhaft nach der zündenden Idee, die den Aktionären einleuchtete und die gewünschten Gewinne garantierte. Schließlich konnte ich kaum noch schlafen. Mitten in der Nacht fuhr ich hoch und notierte mir, was mir im Traum eingefallen war. In der Regel stellte es sich am nächsten Morgen als wertlos heraus. Vielleicht setzte Jane Kramer doch zu großes Vertrauen in mich. War ich wirklich der Richtige für dieses Projekt?
Ich hatte Probleme mit zu hohem Blutdruck, was mich zwang, eine Weile zu Hause zu bleiben. Eine willkommene Ruhepause. Ich lag auf dem Sofa und schaute mir Filme an, die ich mir über die Fernbedienung aus dem Internet herunterlud. Einer dieser Filme war Insider mit Al Pacino und Russel Crowe. Er schildert den Kampf eines Chemikers gegen die amerikanischen Tabakkonzerne. Zahllose wissenschaftliche Entdeckungen sind aus ganz alltäglichen Situationen entstanden, und bei mir war es dieser Film, der den Geistesblitz auslöste. Ich hatte einen Weg gefunden, Milliarden zu verdienen! Auf einmal fügte sich alles zusammen. Ich brauchte nur noch ein paar Recherchen.
Nur in das Internetpoker selbst zu
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