Blinder Passagier
unbescholtenen Charakter lege ich jeder Zeit die Hand ins Feuer«, sagte ich.
»Wenn es darauf ankäme, würde das nichts nützen.«
Ich führte ihn durch das makellose Haus, das ich entworfen hatte, an schönen Möbeln und Kunstgegenständen und den alten medizinischen Instrumenten vorbei, die ich sammelte, über farbenfrohe Teppiche und Hartholzböden. Alles entsprach genau meinem Geschmack, und doch war alles anders als zu der Zeit, als Benton noch gelebt hatte. Ich kümmerte mich derzeit genauso wenig um mein Zuhause wie um mich selbst. Ich war zu einer herzlosen Verwalterin meines Lebens geworden, und das offenbarte sich, wohin ich auch blickte.
Senator Lord ließ seinen Blick über meine offene Aktentasche auf der Couch im großen Zimmer schweifen, über die Akten, die Korrespondenz und die Zettel, die verstreut auf dem gläsernen Beistelltisch und auf dem Boden herumlagen. Sofakissen waren zerdrückt, ein schmutziger Aschenbecher stand herum, weil ich wieder angefangen hatte zu rauchen. Er machte mir keine Vorwürfe.
»Kay, ist dir klar, dass ich nach diesem Besuch nur noch begrenzt Kontakt zu dir halten kann?«, sagte Senator Lord. »Wegen der Sache, die ich gerade erwähnt habe.«
»Oh Gott, schau dir nur dieses Chaos an«, platzte ich angewidert heraus. »Ich scheine keine Ordnung mehr halten zu können.«
»Es gab Gerüchte«, fuhr er vorsichtig fort. »Ich will nicht in die Details gehen. Verschleierte Drohungen.« Er klang zornig. »Nur weil wir befreundet sind.«
»Und ich war so ordentlich.« Ich lachte verzweifelt auf. »Benton und ich stritten immer wegen meines Hauses, wegen meiner Scheiße. Meiner perfekt gestylten, perfekt arrangierten Scheiße.«
Meine Stimme wurde lauter, als Schmerz und Wut höher aufflackerten als zuvor. »Wenn er etwas umstellte oder in die falsche Schublade legte ... So geht es einem, wenn man älter wird und immer allein gelebt hat und alles auf seine gottverdammte eigene Art gemacht hat.«
»Kay, hörst du mir zu? Ich möchte nicht, dass du meinst, mir liegt nichts an dir, wenn ich mich nur selten melde, wenn ich dich nicht zum Mittagessen einlade oder bei einer Gesetzesvorlage um deinen Rat frage.«
»Im Augenblick kann ich mich nicht einmal mehr daran erinnern, wann Tony und ich geschieden wurden«, sagte ich voll Bitterkeit. »Wann? 1983? Er hat mich verlassen. Na und? Ich brauchte weder ihn noch irgendjemand anders. Ich habe mir meine Welt so erschaffen, wie ich sie wollte. Meine Karriere, meinen Besitz, meine Aktien. Und schau nur.«
Ich stand noch immer im Flur und machte eine ausholende Handbewegung, die mein schönes Haus aus Stein und alles, was sich darin befand, umfasste.
»Na und? Na und, verdammt noch mal?« Ich blickte Senator Lord in die Augen. »Benton könnte mitten im Haus Müll abladen! Er könnte das verdammte Ding einreißen! Ich wünschte nur, nichts davon wäre von Bedeutung gewesen, Frank.« Ich wischte die Tränen der Wut ab. »Ich wünschte, ich könnte noch einmal von vorne anfangen und würde ihn nie wegen irgendetwas kritisieren. Ich möchte ihn nur zurück. Oh Gott, ich möchte ihn zurück. Jeden Morgen wache ich auf, ohne daran zu denken, und dann fällt es mir wieder ein, und ich kann kaum aufstehen.«
Tränen liefen mir übers Gesicht. Jeder Nerv in meinem Körper schien verrückt zu spielen.
»Du hast Benton sehr glücklich gemacht«, sagte Senator Lord leise und voll Mitgefühl. »Du hast ihm mehr als alles andere bedeutet.
Er hat mir erzählt, wie gut du zu ihm warst, wie gut du die Schwierigkeiten in seinem Leben verstanden hast, die entsetzlichen Dinge, die er mit ansehen musste, als er diese grauenhaften Fälle für das FBI bearbeitete. Und zuinnerst weißt du das auch.«
Ich holte tief Luft und lehnte mich gegen die Tür.
»Und ich bin sicher, er möchte, dass du jetzt wieder glücklich bist, ein besseres Leben führst. Und wenn du dich dagegen wehrst, dann wird sich deine Liebe für Benton Wesley als schädlich und falsch erweisen, als etwas, was dein Leben zerstört.
Letztlich als Fehler. Verstehst du, was ich meine?« »Ja«, sagte ich. »Natürlich. Ich weiß genau, was er jetzt möchte.
Ich weiß, was ich möchte. So möchte ich es nicht. Das ist mehr, als ich ertragen kann. Manchmal hab ich gedacht, dass ich zerbreche, einfach auseinander falle und irgendwo in einem Krankenhaus lande. Oder in meinem eigenen verdammten Leichenschauhaus.«
»Das wirst du nicht.« Er nahm meine Hand in seine. »Wenn ich etwas
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