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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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hatten? Jeannie Montfreize, das Mädchen, das erwürgt worden war? Und Sie haben den Fall geknackt?«
    Gooch wollte bloß wieder in den Wagen. Aber das würde den Rhythmus des Geständnisses des Jungen unterbrechen. Also legte Gooch die Arme über Kreuz und machte es sich bequem. Wahrscheinlich würde er sich einen Haufen sinnloses Geschwätz anhören müssen, aber irgendwann würde der Junge ihm etwas Nützliches erzählen. Auf der anderen Seite des Feldes fuhr ein grüner Traktor langsam den Horizont entlang, winzig in der Ferne.
    Cody Floss fuhr mit seiner Geschichte fort. »Also, wie auch immer, Sir, ich weiß noch, als Sie die beiden Typen erwischten, die es waren. Melvin Eddy und Purvis Nix. Da war diese große Schießerei live im Fernsehen. Sie haben die beiden umgelegt. Ich habe das im Fernsehen gesehen. Ich war in der Highschool und versuchte mir darüber klar zu werden, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Dann habe ich Sie im Fernsehen gesehen, wie Sie die beiden Typen fertiggemacht haben, und plötzlich war mir klar: Mann, so jemand willst du sein! «
    Nein. Nicht das.
    »Es ist mir ein bisschen peinlich, aber ich habe ein Album mit allen Ihren Fällen. Ich wollte nur … Ich wollte Sie sein.«
    »Gegen so was gibt es Pillen, Junge«, sagte Gooch.
    »Sir, ich versuche bloß …« Der Junge legte sein Gesicht in die Hände.
    » Du interessiert mich nicht, Junge. Geht das nicht in deinen Schädel? Erzähl mir von MeChelle.«
    »Ich will ein guter Polizist sein! Wirklich! Aber …« Es folgte ein langes Schweigen. Schließlich sagte der Junge: »Sir, ich glaube, es ist meine Schuld, was ihr geschehen ist. Und als mir klar wurde, dass die Abteilung nichts unternehmen würde, weil sie weg war, habe ich einfach … ich wusste, ich muss jemand zuhilfe holen.«
    »Das ist das Erste, was du bisher gesagt hast, was einigermaßen Sinn hat«, sagte Gooch. »Und jetzt erzähl mir, was für einen Mist du gebaut hast.«
    »MeChelle hatte da diesen Fall. Es war so, da kam eine blinde Frau ins Büro. Sie hatte einen weißen Stock und alles. Sie setzte sich zu MeChelle und sagte: ›Ich weiß, wer meine Mutter umgebracht hat.‹ MeChelle fing an, sie zu befragen. Es stellte sich heraus, dass diese Frau …«
    »Ich muss dich mal unterbrechen. Du bist Polizist, kein Philosoph. Polizisten beschäftigen sich mit tatsächlichen Gegebenheiten. Nicht mit Prinzipien. Wenn man jemand verhört, dann hat dieser Jemand einen Namen und eine Beschreibung. Wenn man von einer Situation erzählt, dann hat diese Situation an einem bestimmten Datum zu einer bestimmten Zeit stattgefunden. Und jetzt noch einmal von vorne.«
    Der Junge fummelte an seinem Krawattenknoten herum. »Okay. Also. Gestern gegen 15:30 Uhr kam eine Person mit einem weißen Stock in unser Büro. Sie stellte sich als Lane Priest vor. Eine weiße Frau, vielleicht einszweiundsiebzig, etwa sechzig Kilo, blondes Haar. Und sonst? Also, obwohl sie blind war – sie war, äh, echt scharf.«
    »Was soll das denn heißen, man kann nicht gleichzeitig blind und attraktiv sein?«
    »Also, ich weiß nicht, Sir.« Der Junge hatte plötzlich Angst, als gäbe es keine richtige Antwort auf diese Frage.
    Gooch zog ein Päckchen Red Man aus seiner hinteren Hosentasche, biss ein Stückchen ab und schob es sich in die Wange. Dieser Junge nervte ihn von Minute zu Minute mehr. Der Tabak beruhigte ihn ein wenig, er konnte damit herumspielen. »Erzähl mir einfach die Geschichte.«
    »Ja, Sir! Ich danke Ihnen, Sir. Also, jedenfalls, diese Dame, Ms Priest, sie sagte, ihre Mutter sei vor achtzehn Jahren ermordet worden. Und sie wüsste auch, wer das Verbrechen begangen hätte. Und Sergeant Deakes fragte: ›Woher wissen Sie das?‹ Und die Blinde sagte: ›Ich habe seine Stimme gehört, als meine Mutter ermordet wurde. Ich werde diese Stimme nie vergessen.
    Und gestern habe ich sie wieder gehört.‹ Und Sergeant Deakes sagte: ›Okay, also, wer war es?‹ Und Ms Priest sagte: ›Ja, das weiß ich auch nicht. Aber hier ist sie.‹ Und dann hält sie einen MP3-Player hoch und drückt den Abspielknopf. Es war die Aufnahme eines Werbespots. Die Frau sagte: ›Hören Sie. Können Sie den Mann in dem Spot hören? Das ist er. Das ist der Mann, der meine Mutter umgebracht hat.‹«
    Gooch nickte. Jetzt kam der Junge – vielleicht – endlich weiter.
    »Also, jedenfalls, MeChelle – Sergeant Deakes – sie schreibt das alles auf, und die Blinde geht wieder.«
    »Wer war bei ihr?«, unterbrach ihn

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