Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
Vom Netzwerk:
weißbärtigen Scheich herumtanzte. »Mir scheint«, fuhr er dann fort, »daß der Kleine die ganze Wildheit des Vaters geerbt hat! Was mich betrifft, so würde ich es vorziehen, mit unsern gesitteten Vollblütern zu Hause umzugehen!«
    Kurz bevor der Beduine mit dem Fohlen die Landebrücke des Schiffes erreichte, begann der kleine Kerl wieder zu toben. Wieder ließ der Beduine das Fohlen erst gewähren, um dann im geeigneten Augenblick den Halfterstrick kurz zu fassen; doch dieses Mal fletschte es, als es die Vorderhufe gezwungenerweise auf den Boden setzte, die Zähne und biß nach dem Mann. Kein Schmerzenslaut kam von den Lippen des Beduinen, als die Zähne des Fohlens seine Schulter faßten; nur die in der Nähe stehenden Leute konnten erkennen, daß er unter seiner mahagonidunklen Haut erblaßte. Mit ruhigem, festem Griff packte er das Maul des Fohlens und machte sich frei.
    Der Scheich hatte einem seiner Männer einen Wink gegeben, daraufhin eilte dieser seinem Stammesbruder zu Hilfe. Er nahm den Unband von der anderen Seite am Halfter, worauf die beiden das Fohlen über die Landebrücke in die Laderäume des Schiffes führten.
    »So verhält sich das also«, rief Morgan, »verladen als Frachtgut für New York! Ich möchte gern erfahren, wer der glückliche Empfänger ist!«
    »Das interessiert mich ebenfalls«, stimmte Harrity zu. »Wie ich gelesen habe, schätzen diese Beduinen ihre Pferde höher als ihr Leben. Nur in ganz seltenen Fällen sollen sie eines aus Arabien ausführen.«
    »Also kann’s sein, daß das Fohlen gar nichts taugt«, grübelte Morgan. »Aber vor allem bin ich gespannt, wem die Wüstensöhne diesen kleinen Wildfang zugedacht haben! Ich will mal runtergehen und mich erkundigen, wie sich die Sache verhält. Sam ist im Laderaum, der wird mir’s schon sagen, wenn er Bescheid weiß.«
    Kurz nachdem Morgan gegangen war, tauchten die beiden Beduinen wieder auf, schritten schnell über die Landebrücke und eilten — ohne sich umzusehen — zu den ihren zurück. Dort sprachen sie einige Worte mit dem Scheich und bestiegen dann ihre Pferde. Schweigend verharrte der Trupp an Ort und Stelle, bis die letzte Fracht im Bauch der »Königin von Indien« verstaut war und die Dockarbeiter die Trossen lösten, die das Schiff am Kai festgehalten hatten.
    Harrity hätte eigentlich längst wieder unten im Kesselraum sein müssen, aber der Anblick der Beduinen, die wie Statuen gelassen auf ihren prächtigen Pferden saßen, ließ ihn nicht los. Das Schiff hatte sich bereits vom Kai gelöst, als Morgan zurückkam.
    »Sam hat mir alles gesagt, was er selbst wußte«, berichtete er. »Du wirst staunen. Das Fohlen ist nicht etwa für eins der großen Gestüte in Kentucky bestimmt, sondern für einen jungen Menschen namens Alec Ramsay. Und du wirst noch mehr staunen: er wohnt in dem New Yorker Vorort Flushing! Na! Das ist nicht viel anders, als wenn der kleine Wildhengst in mein Viertel käme — nach Brooklyn!«
    »Doch! Sehr viel anders!« widersprach Harrity. »Flushing ist viel kleiner und liegt weiter draußen! Hat auch mehr Platz, wo sich ein Pferd tummeln kann.«
    Sie wandten sich der Luke zu, von der aus eine Leiter in den Kesselraum hinunterführte. Harrity blieb plötzlich stehen. »Alec Ramsay hast du gesagt?«
    »Ja, so heißt der Empfänger. Was stört dich daran?«
    »Ich muß den Namen schon irgendwo gehört haben«, sagte Harrity mehr zu sich selbst, wandte sich noch einmal um und blickte zu dem großen schwarzen Hengst zurück. Der Scheich war inzwischen wieder aufgesessen, aber der Trupp verharrte noch immer am gleichen Fleck. Der Hengst hielt den Kopf hoch, seine Ohren spielten, und er schien wie die Reiter dem abfahrenden Schiff nachzublicken. Dann warf er den Kopf noch höher und ließ ein in der unbewegten heißen Luft weithin widerhallendes, schneidend schrilles Wiehern ertönen. Den Schrei eines Wildhengstes! Etwas Ähnliches hatte Harrity bisher noch nie gehört. Und wahrscheinlich ging es den andren Menschen auf dem Schiff, ja sogar der Menge der Eingeborenen im Hafen ebenso. Es war ein langer hoher Schrei, der einem durch Mark und Bein fuhr, geisterhaft und erschreckend.
    Morgan war gleichfalls stehengeblieben. »Was war denn das?« fragte er. »Kam der Ton etwa von dem schwarzen Hengst?«
    Harrity nickte.
    Sie sahen jetzt, wie sich der Rappe auf die Hinterhand hob, bis er fast senkrecht stand. Der auf ihm sitzende Scheich preßte seine langen Beine wie Stahlklammern um den Körper des

Weitere Kostenlose Bücher