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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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inne, als müsse er sich erst überlegen, in welcher Richtung er jetzt suchen sollte. Zweifelnd sah er zu dem braunen Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite zurück, aus dem er gekommen war, dann in der entgegengesetzten Richtung über das grasbewachsene Gelände hin, das sich weit hinter dem Stallgebäude erstreckte. Seine Augen folgten dem es umgebenden Holzzaun bis zu der Senke am südlichen Ende. Dort war eines der Lieblingsplätzchen seines Herrn! Ohne noch länger zu zögern, rannte er jetzt darauf zu. Am Rand der Senke bellte er, und sein Ringelschwanz wedelte heftig: er hatte sich nicht geirrt, dort unten im Gras lag Alec! Voller Freude lief er zu ihm
    Alec Ramsay zog den Hund auf seinen Schoß, Sebastains lange Zunge fuhr ihm ins Gesicht. Er drehte ihn auf den Rücken, hielt ihn zwischen den Knien und kraulte ihn am Bauch. »He, Seb!« Er lachte. »Du solltest doch heut eigentlich noch gar nicht aus dem Haus; es ist zu heiß für dich, du darfst uns doch nicht wieder krank werden!« Seb fand es herrlich, so liebkost zu werden, er lag ganz still. Beide verharrten so eine ganze Weile, während der Junge, ohne im Streicheln innezuhalten, seine Augen über das hohe, ungemähte Gras wandern ließ bis zu dem dichten Unterholz, das am niedrigsten Punkt der Senke wucherte. Eine Unmenge Disteln hatte sich angesiedelt, er würde sie ausreißen müssen, bevor sein neues Pferd hier weiden konnte, wie es Blitz getan hatte. Ach, würde er überhaupt jemals wieder ein Pferd, das ihm gehörte, über dieses Feld galoppieren sehen? Würde Scheich Abu wirklich sein Wort halten und ihm das erste Fohlen nach Blitz — nach Scheitan, wie er in Arabien genannt wurde — schicken? »Scheitan« war das arabische Wort für »Teufel«, aber Blitz war kein Teufel, zu Alec war er stets sanft und anschmiegsam gewesen. Es war nun schon viele Monate her, seit Alec Arabien verlassen hatte, und nicht die geringste Nachricht hatte er in der Zwischenzeit von Scheich Abu Ben Isaak erhalten. Doch der Scheich hatte ihm sein Versprechen in vollem Ernst gegeben. Alec konnte nicht glauben, daß er nicht zu seinem Wort stehen würde.
    »Komm jetzt, Seb«, sagte der Junge und setzte den Hund auf den Boden. »Es ist Zeit, nach Hause zu gehen!«
    Alec Ramsays Kraft lag in seinen breiten Schultern, der Brust und den Armen; in den Hüften war er schmal; Schenkel und Beine waren muskulös, aber schlank. Seine hellen blauen Augen suchten das Stallgebäude, als er jetzt, von dem Hund gefolgt, über das Feld ging. Er wollte Tony guten Tag sagen, da er ihn einige Zeit nicht gesehen hatte; er hielt gute Freundschaft mit dem treuherzigen Menschen und seinem geliebten alten Napoleon.
    Die Sonne meinte es an diesem Augusttag besonders gut; der Schweiß rann Alec von der Stirn. Er wischte ihn mit der Hand ab und strich gleichzeitig sein zerzaustes rotes Haar zurück. Als er den Stall betrat, kam Napoleon mit seinem grauen Kopf über die Tür seiner Box und wieherte. Alec streichelte ihn und holte ein paar Stückchen Zucker aus der Tasche seiner Cordreithose. Auf einmal wurde die Stille durch Tonys lauten Gesang unterbrochen: »Auf in den Kampf, To-re-e-e-ro!« schallte es. Der Junge lächelte, verabschiedete sich mit einem nochmaligen Streicheln von Napoleon und ging in die Geschirrkammer.
    »Hallo, Tony, so fleißig?« begrüßte er ihn.
    »Hallo, Alec!« gab der Händler zurück. »Jawohl, mein Nappy soll morgen früh wieder schmuck aussehen! Aber ich bin gerade fertig!« Er stand auf und hängte das Lederzeug über einen hölzernen Pflock. Dabei streiften seine blanken schwarzen Augen den leichten Rennsattel, der gleich daneben hing. Er strich ehrfürchtig mit der Hand darüber. »Du pflegst ihn sorgfältig, nicht wahr?« fragte er, ohne seinen jungen Freund anzusehen.
    »Es wäre töricht von mir, wenn ich ihn verkommen ließe, es ist ja ein sehr guter Sattel«, antwortete Alec.
    Es entstand eine kurze Pause, bevor Tony wieder zu sprechen begann: »Hast du von dem Mann aus Arabien immer noch nichts gehört? Wie heißt er doch gleich? Ab... Abu...«
    »Du meinst Abu Jakub Ben Isaak«, ergänzte Alec.
    »Ja, den meine ich!« Der kleine Italiener nickte.
    »Nein«, erwiderte Alec, »ich habe noch nichts von ihm gehört.«
    »Glaubst du denn, daß er dir wirklich ein junges Pferd schicken wird, wie er es dir damals nach deinem Besuch bei ihm in Arabien versprochen hat?«
    Alec setzte sich auf den Stuhl, von dem Tony eben aufgestanden war, und strich

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