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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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des Pferdes keine nennenswerten Umstände machen würde. Ferner sagten Sie, daß Vulkan absolutes Vertrauen zu Ihnen und Alec gewinnen würde, so daß es leicht sein würde, ihn zu zähmen. Und wenn ich mich recht erinnere, war ich es, der sagte, vielleicht besäße Vulkan dieselbe Unbändigkeit wie Blitz; dann würde es ganz und gar nicht so leicht sein, mit ihm fertig zu werden. Sie lächelten damals, Henry. Aber mir scheint, ich hatte recht! Stimmt’s oder stimmt’s nicht?«
    Der alte Trainer rutschte unbehaglich auf seinem Sitz hin und her, ohne etwas zu erwidern.
    Herr Ramsay sah ihn eine Weile an. Dann sagte er: »Sie wollen sich nicht über Vulkan äußern, nicht wahr?«
    Henry nickte. Zu was sollte es gut sein? fragte er sich selbst. Er hatte sich geirrt, als er Herrn Ramsay zu beruhigen suchte. Das hatte er nach dem ersten Blick in Vulkans Augen gewußt. Ein Pferd mit dem ererbten Drang, wild und frei zu leben und jeden zu töten, der ihm dabei entgegentrat. Er hatte Alec immer wieder darauf hingewiesen mit der Warnung, daß er sein Leben aufs Spiel setzte, wenn er Vulkan zu reiten versuchte. Aber er war auch in dieser Minute noch der Meinung, dies dem Vater mitzuteilen, wäre allein Alecs Angelegenheit.
    Als sie so schweigend beieinandersaßen, überlegte Henry, wie Alec jetzt wohl in betreff des Pferdes fühlen mochte. Hing er immer noch an ihm als an seines geliebten Vaters Sohn, oder sah er es als den Mörder, der Vulkan in Wirklichkeit war? Niemals in seinem Leben würde Henry den schrecklichen Blick des Pferdes vergessen, als es sich in rasender Wut hintenüberfallen ließ, um seinen Reiter durch sein Gewicht zu erdrücken. Niemals zuvor hatte er etwas Ähnliches bei einem Pferd erlebt, und er hoffte, es kein zweites Mal erleben zu müssen. Wenn Alec nicht so geistesgegenwärtig und ein so ausgezeichneter Reiter gewesen wäre, würde er es nicht fertiggebracht haben, sich genau im richtigen Moment zur Seite zu werfen, so daß er neben und nicht unter den schweren Körper zu liegen kam. Alec lag links neben Vulkan, nachdem beide gleichzeitig auf den Boden geprallt waren; Alec war mit dem Hinterkopf hart aufgeschlagen und hatte die Besinnung verloren. Und während Vulkan mit wild in die Luft schlagenden Hufen auf dem Rücken gelegen hatte, war es Henry gelungen, Alec wegzutragen.
    Wozu würde es gut sein, das Herrn Ramsay in allen Einzelheiten zu schildern? Glücklicherweise war der Junge glimpflich davongekommen, und er war auf dem Wege, wieder ganz gesund zu werden. Leicht möglich, daß dies Erlebnis das Ende von Alecs Liebe zu Vulkan bedeutete, dann konnten sie beide einen Schlußstrich unter die Angelegenheit ziehen.
    Herr Ramsay blickte Henry von neuem forschend an. »Sie können mir nichts mehr vormachen, Henry. Ich weiß jetzt, was Vulkan für ein Pferd ist.« Diesmal klang seine Stimme kalt und streng und zwang Henry aufzuhorchen. »Ich war heute morgen bei ihm im Stall«, fuhr er fort. »Ich hatte seit langem das Gefühl, daß etwas nicht stimmte; nun wollte ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen. Das habe ich getan, Henry... Das Pferd ließ mich nicht einmal an die Box herankommen. Es ist nicht nur wild. Es ist bösartig... Unvergleichlich viel schlimmer als Blitz.« Herr Ramsay sprach in kurzen, abgehackten Sätzen. »Sie wissen das, und Alec weiß es auch. Ihr wollt es mir aber nicht sagen. Was immer geschehen sein mag — es war kein unglücklicher Zufall. Das Pferd in seiner Bösartigkeit ist Alec auf irgendeine Weise zu Leibe gegangen — alles beweist mir das, sowohl, was ich heute mit eigenen Augen gesehen habe, als auch Ihr Schweigen.« Er sprach mit gedämpfter Stimme weiter. »Alec wird Vulkan nicht reiten, das ist mein fester Entschluß. Das Pferd gehört juristisch mir — ich werde es verkaufen oder verschenken. Und wenn keines von beiden möglich sein sollte, werde ich es töten lassen.«
    Henry heftete seine Augen lange auf Herrn Ramsays blasses, erzürntes Gesicht, bevor er antwortete: »Noch ist Vulkan Alecs Pferd. Sie müssen zuallererst mit ihm darüber sprechen.«
    »Das werde ich tun!« erwiderte Herr Ramsay scharf und fuhr dann ruhiger fort: »Es ist sein Pferd, ich weiß es wohl, Henry, aber es ist doch unmöglich, daß er es nach dem Vorgefallenen noch ebenso liebt!«
    »Es ist nicht wahrscheinlich, aber unmöglich ist es nicht«, widersprach Henry. »Alecs Liebe zu Blitz und jetzt zu seinem Sohn ist etwas, was die meisten Menschen nicht verstehen können...

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