Blitz schickt seinen Sohn
Reiter des Landes werden. Und darauf wollte er ja wohl hinaus.
»Hast du meinen Eltern alles erzählt?« fragte Alec.
»Nein«, entgegnete Henry, »aber dein Vater ist von selbst dahintergekommen, was geschehen ist.«
Alec war betroffen: »Das ist schlimm! Hoffentlich hat er nun nicht zu viel Angst um mich.«
Henry sah Alec an, sagte aber nichts. Offensichtlich kam es Alec überhaupt nicht in den Sinn, daß sein Vater ihn hindern würde, sich weiter mit Vulkan abzugeben. Nein, Alec setzte volles Vertrauen in seinen Vater, genau wie in sein Pferd.
Sie hörten die Türglocke läuten und dann den Klang von Stimmen. Alecs Mutter sprach mit einem Mann. Henry horchte auf, erhob sich, sagte, er käme gleich wieder und verließ das Zimmer, die Tür leise hinter sich ins Schloß ziehend. Im Flur schlich er sich zum Treppengeländer und schaute hinunter. Alecs Mutter sprach unten in der Diele mit einem Mann, der ihm den Rücken zuwandte. Dann sah er ihn zur Garderobe gehen und seinen grauen Hut aufhängen. Henry hielt vor Überraschung den Atem an — er erkannte seinen ehemaligen Brotgeber, Peter Boldt! Boldt bedankte sich, als Frau Ramsay, aus dem Wohnzimmer zurückkommend, sagte, sie habe ihrem Mann berichtet, daß Herr Boldt ihn zu sprechen wünsche; er werde gleich kommen. Als sie sich entfernte, sah er Boldt vor den Spiegel in der Diele treten und mit seinen langen Spinnenfingern sein Haar und dann seine stahlgrauen Bartkoteletten glätten. Henry schnitt eine Grimasse und schüttelte den Kopf.
Plötzlich drehte sich Herr Boldt um und lächelte. Herr Ramsay betrat die Diele. Boldt fragte: »Habe ich das Vergnügen, mit Herrn Ramsay zu sprechen?« Alecs Vater nickte. »William Augustus Ramsay?« Boldt wollte es genau wissen.
»Jawohl, der bin ich«, bestätigte Herr Ramsay, und an seinem Tonfall konnte man hören, daß ihm der Besucher lästig war. Er hatte gerade heute genug anderes zu überdenken, als daß es ihm angenehm sein konnte, unterbrochen zu werden.
»Ich bin Peter Boldt!« stellte sich der Besucher vor. Henry grinste, als Herr Ramsay den von seiner Bedeutung zutiefst Überzeugten nur mit einem gleichgültigen Kopfnicken begrüßte, weil ihm der Name nichts sagte. Boldts Lächeln verschwand. »Ich habe in einer alten Ausgabe des Rennkalenders zufällig gelesen«, sagte er langsam, seine hinterhältigen Augen auf Herrn Ramsay geheftet, »daß Sie ein schwarzes Hengstfohlen von Scheitan aus der Johar haben eintragen lassen. Es handelt sich um ein aus Arabien importiertes Pferd, und es ist von einem Araberscheich gezüchtet worden; ich glaube, er heißt Abu Ben Isaak.«
Henry knurrte in sich hinein: Pah! Boldt »glaubt«! Als ob er nicht Abus Namen ganz genau kennen würde und ebenso genau wüßte, daß Scheitan und Blitz identisch sind! Wahrscheinlich hatte er auf alle mögliche Weise versucht, an Abu heranzukommen, und war damit so beschäftigt gewesen, daß er die Eintragung Vulkans im Rennkalender zunächst übersehen hatte. Henry hatte nie daran gezweifelt, daß Boldt das Vorhandensein Vulkans früher oder später entdecken würde; aber er fand es schlimm, daß das nun gerade zu diesem Zeitpunkt geschah — in einem ungünstigeren Moment hätte Boldt gar nicht kommen können.
Überraschung spiegelte sich in Herrn Ramsays Gesicht, als Boldt den schwarzen Hengst erwähnte. »Ah so, Sie sind der Rennstallbesitzer!« sagte er. Boldts Gesicht gefror, als Herr Ramsay jetzt fragte: »Henry Dailey war bei Ihnen angestellt, nicht wahr?«
Es entstand eine Pause, ehe der andere antwortete: »Ja, er hat bei mir gearbeitet. Kennen Sie ihn?«
Dem heimlichen Lauscher oben am Treppengeländer wurde es unbehaglich zumute, denn es war nicht gut, daß Herr Ramsay seinen Namen genannt hatte.
Herr Ramsay erklärte Boldt, daß Henry sein Nachbar sei und daß er ihn gut kenne.
Boldt schwieg eine Weile nachdenklich. Dann sagte er achselzuckend: »Nicht wichtig! Die Ursache meines Besuches bei Ihnen, Herr Ramsay, ist Ihr Pferd: ich möchte es kaufen und biete Ihnen 25 000 Dollar dafür.« Henry sah, wie Herr Ramsay bei Boldts enormem Angebot zurückfuhr. Er wußte, daß das eine Summe war, die Herr Ramsay in seinem ganzen Leben nicht zusammensparen konnte.
Erst nach geraumer Weile fand Alecs Vater seine Stimme wieder und stotterte: »Fünf... und... zwanzig... tausend?«
Boldt nickte selbstgefällig. Herrn Ramsays Augen fuhren die Treppe hinauf. Henry duckte sich eilends hinter das Geländer, um nicht gesehen zu
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