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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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vor dem Hinabgleiten. Beim Herunterkommen schrie Henry: »Laß dich fallen und renne um dein Leben, rasch — er will dich töten!« Bevor Alec jedoch abspringen konnte, stieg Vulkan erneut bis zur Senkrechten, und dieses Mal waren seine Augen blutunterlaufen vor grenzenloser Wut. Alec fühlte die Anstrengung der gigantischen Muskeln. Er preßte sich mit aller Kraft an Vulkans Hals in der Hoffnung, daß sein Gewicht das Pferd zwingen würde, wieder nach vorn zu Boden zu gehen. Aber im Gegenteil, Vulkan stieg höher und stieß ein schrilles Wiehern höchsten Zornes aus. Henry schrie, heiser vor Verzweiflung: »Er will sich hintenüberwerfen und dich erdrücken! Spring nach der Seite ab, oder du bist geliefert!«
    Alec setzte der Herzschlag aus, als er tatsächlich den schwarzen Kopf und den Hals, an dem er hing, über sich kommen sah — denn Henry hatte recht gehabt: Vulkan warf sich auf den Rücken, um seinen jungen Herrn unter seinem enormen Gewicht zu begraben und ihn umzubringen. Das Pferd war ein Mörder...

    ELFTES KAPITEL

Peter Boldt

    Eine Woche nach dem Unglücksfall ging Henry zu Alecs Elternhaus hinüber. Von der Straße aus ließ er seine Augen über die geöffneten Fenster im ersten Stock gleiten; es waren die von Alecs Zimmer. Es war beruhigend, die Fenster offen zu sehen, denn während der vergangenen Woche, als Alec im Krankenhaus gelegen hatte, waren sie geschlossen gewesen und hatten Henry nur immer noch trauriger gemacht, wenn er vorübergegangen war. Jetzt war Alec wieder daheim, und die weißen Vorhänge hinter den offenen Fenstern wehten leise im Nachmittagswind.
    Sebastian sprang von dem Liegestuhl hinunter, in dem er geschlafen hatte, und kam schwanzwedelnd herbei, um seinen Freund zu begrüßen, der die Stufen zur Veranda heraufstieg. Der Hund winselte, und seine Pfötchen klopften vor Freude gegen die Knie Henrys, der sich zu ihm hinabbeugte und seinen braunen Kopf streichelte. »Du bist wohl auch froh, daß du ihn wiederhast, wie?« fragte er.
    Frau Ramsay hatte ihn sprechen hören und öffnete die Tür. »Das ist lieb von Ihnen, Henry, daß Sie kommen«, sagte sie, »Alec hat schon nach Ihnen gefragt!« Henry gab Sebastian einen verabschiedenden Klaps und begrüßte Alecs Mutter, die recht müde und versorgt wirkte, doch drückten ihre Augen Erleichterung aus. »Die Ärzte befürchteten eine Gehirnerschütterung und innere Verletzungen, aber das Röntgenbild hat — Gott sei Dank! — ergeben, daß nichts dergleichen vorliegt. Heute geht es ihm schon wesentlich besser. Wir sollen ihn nur noch einige Tage im Bett halten, ihn dann aber aufstehen lassen, wenn er will. Und ich kenne ihn, er wird bald wieder hinauswollen. Er hat nie zu denen gehört, die gern lange im Bett liegen.«
    »Was bin ich froh, das zu hören, Frau Ramsay«, erwiderte Henry.
    Als sie die Diele betraten, kam ihnen Alecs Vater entgegen. Er sah sehr bekümmert aus, als er Henry die Hand schüttelte. Frau Ramsay war schon halb auf der Treppe, um Alec Bescheid zu sagen, als ihr Mann sie anhielt. »Ich möchte gern erst mit Henry ein paar Worte sprechen, Belle«, sagte er bedachtsam. Sie sah ihn mit einem Blick des Einverständnisses an, nickte beiden zu und verschwand in der Küche. Die beiden Männer gingen auf die Veranda und setzten sich hin.
    Herr Ramsay schwieg eine Weile, ehe er langsam, jedes Wort sorgsam abwägend, zu sprechen begann: »Sie haben uns nichts Genaues erzählt über den Unfall, als Sie uns Alec ins Haus brachten. Er wäre vom Pferd gestürzt, sagten Sie, und wäre dabei auf den Hinterkopf gefallen.«
    Henrys Antwort kam ebenfalls langsam und wohlüberlegt: »Es verhielt sich so, daß Alec ohne Steigbügel ritt und herunterfiel.« Er sah Alecs Vater gerade in die Augen, denn er hatte sich seit langem dahin entschieden, außer Alec zu niemandem darüber zu sprechen, wie er über Vulkan dachte. Das Pferd gehörte Alec, und er allein hatte darüber zu entscheiden, was er seinen Eltern mitteilen wollte. Sogar nach dem, was geschehen war.
    Herr Ramsay erwiderte mit Nachdruck: »Ich weiß es besser, Henry! Alec ist ein zu guter Reiter, um sich nicht auch ohne Steigbügel auf einem Pferd halten zu können. Ihr habt Schwierigkeiten mit dem Pferd — es ist der geborene Verbrecher!« Henry erwiderte nichts, er senkte auch nicht die Augen vor Herrn Ramsays forschendem Blick. Alecs Vater fuhr fort: »Erinnern Sie sich an den Tag, als Vulkan ankam und wir ihn am Pier abholten? Sie sagten mir, daß das Eingewöhnen

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