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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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niemals verstehen werden. Und wenn das, was passiert ist, seine Liebe nicht gemindert haben sollte, würde sein Leben verpfuscht sein, wenn er das Pferd verlöre. Weil ich das weiß, habe ich ihm geholfen und nicht über unsere Schwierigkeiten gesprochen.«
    Wieder saßen beide eine lange Zeit schweigend beieinander. Dann sagte Herr Ramsay mit müder Stimme: »Gehen Sie jetzt zu ihm hinauf, Henry, er erwartet Sie. Es ist nun auch alles gesagt, was ich sagen wollte.«
    Als Henry die Eingangstür hinter sich schloß, blickte er zurück. Heri Ramsay saß unbeweglich auf demselben Fleck und starrte vor sich auf den Boden. Henry konnte ihm nachfühlen, was er empfand. Mit schweren Füßen stieg er die Treppenstufen nach oben und ging auf Alecs nur angelehnte Zimmertür zu. Als er eintrat, machte er ein freundliches Gesicht. Alec sollte nichts von seinen neuen Sorgen spüren.
    Das erste, was er sah, war Sebastian, ein zottiges braunes Pelzbündel auf dem weißen Bett. Neben ihm lag Alec, das Gesicht so weiß wie die Kissen. Er winkte seinem Besucher fröhlich zu und richtete sich zum Sitzen auf. »Darfst du denn das?« fragte Henry besorgt. »Sollst du nicht liegenbleiben?«
    »I wo, es geht mir doch schon wieder gut!« Alec lächelte. »Ich könnte gut aufstehen, bloß erlaubt Mutter es mir noch nicht, jedenfalls in den nächsten Tagen nicht!«
    »Das ist ganz richtig so!« Henry rückte sich einen Stuhl an die Seite des Bettes und setzte sich. »Du nimmst es zu leicht! Gottlob hast du Glück gehabt, Junge, und du weißt das auch!«
    Ein Hauch Farbe kehrte in Alecs Wangen zurück.
    »Ja, sonst hätte er mich glatt umgebracht, nicht wahr, Henry?« Alecs Augen gingen von seinem Gast zu der angelehnten Tür. »Mach sie bitte zu, Henry, ich möchte mit dir über die Sache reden!«
    Henry stand auf und schloß die Tür. Vielleicht war es gut, wenn Alec sich jetzt aussprach.
    Als Henry sich wieder auf den Stuhl setzte, fragte Alec sogleich: »Wie hast du ihn eigentlich damals in den Stall bekommen?«
    »Mit einer Heugabel hineingejagt«, knurrte Henry, »das Zaumzeug und den halb zerquetschten Sattel habe ich ihm tagelang umgelassen.«
    »Vielleicht hat er sich inzwischen daran gewöhnt!« warf Alec hoffnungsfreudig ein.
    Henry starrte ihn an — ihm blieb die Sprache weg vor Erstaunen. Er hatte eine andere Reaktion nicht nur erwartet, sondern erhofft. Alecs unverändert liebevolle Anteilnahme an dem Pferd nach dem, was es ihm angetan hatte, war nicht zu fassen. »Alec, du kannst doch nicht noch einmal den Versuch machen, Vulkan zu reiten!« brachte er endlich heraus. »Das ist unmöglich!«
    Alec runzelte die Brauen und warf seine roten Haare aus der Stirn, ehe er antwortete: »Das kann ich nicht? Warum soll ich das denn nicht können?«
    »Weil das Pferd ein Verbrecher ist, ein Mörder! Du solltest es ja nun wohl besser wissen als jeder andere. Vulkan ist nicht aus Versehen hintenübergefallen, Alec, er wollte dich töten.«
    »Tut mir leid, Henry, aber ich glaube, du irrst dich«, erwiderte Alec ernst. »Ich bin der Ansicht, daß es mein eigener Fehler war, er hat das Gleichgewicht verloren, weil ich mich zu fest an seinen Hals geklammert habe.«
    »Das war nicht daran schuld, du dummer Kerl«, platzte Henry heraus, hielt dann aber inne, denn er begriff plötzlich, daß er niemals imstande sein würde, Alec davon zu überzeugen, daß sein Pferd ein Killer war. »Glaube, was du magst«, schloß er resigniert.
    Alec lachte. »Weißt du«, sagte er eifrig, »ich fühle, ehrlich gestanden, daß der Sturz mir sehr gutgetan hat, denn es ist lange her, seit ich einen Fingerzeig bekommen habe wie diesen. Ich hatte nämlich ganz vergessen, daß es viele Dinge gibt, die ungleich schlimmer sind als Vulkans Benehmen. Ich habe mich manchmal vor ihm gefürchtet, Henry, ich will es gestehen. Aber jetzt fürchte ich mich nicht mehr — das hat der Sturz bewirkt.« Während der letzten Worte hatte er die Augen gesenkt, jetzt sah er Henry wieder an. »In ein paar Tagen darf ich aufstehen, darf mich aber, sagte der Arzt, zwei Wochen lang nicht anstrengen. Danach kann ich wieder reiten, Henry, ich habe ihn extra danach gefragt.«
    Henry schwieg. Was war mit einem solchen Jungen zu machen? Nichts! Man konnte bloß den Himmel bitten, er möge ihm weiter Geistesgegenwart geben, wenn er mit diesem schrecklichen Pferd umging. Allerdings, dachte Henry bei sich, sollte er sich Vulkan gegenüber tatsächlich durchsetzen, so würde er einer der besten

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