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Blitz und Pam

Blitz und Pam

Titel: Blitz und Pam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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und seine großen Augen sprühten Feuer, als ei die anderen Pferde auf dem Sattelplatz musterte.
    »Willst du ihn wohl stillhalten!« schnauzte Henry beim Anziehen des Riemens am Sattelgurt, wie wenn er zu irgendeinem Angestellten und nicht zu Alec spräche. Seine Stirn war so sehr in Falten gelegt, daß seine Augenbrauen nur noch durch einen schmalen Streifen Haut von den grauen Haaren getrennt wurden.
    Als der Gurt so saß, wie er ihn haben wollte, richtete sich der Trainer-Veteran auf und legte eine Hand auf die Bleiunterlage unter dem Sattel.
    »Kein Pferd sollte soviel Gewicht tragen«, meinte er. »Aber wir werden’s ihnen zeigen! Wir werden’s auch so schaffen.«
    Alec sagte kein Wort; er wußte, daß auch kein Kommentar von ihm erwartet wurde. Henry sprach vielmehr sich selbst zu. Die schweren Zusatzgewichte, mit denen der schwarze Hengst für jedes Rennen von den Rennbahn-Handicappern belastet wurde, mußten bald einmal einen Turfrekord darstellen. Sie trugen jedesmal viel zu der gespannten Atmosphäre vor einem Rennen bei; Alec hatte deshalb Verständnis für die Schroffheit seines alten Freundes und fand sich damit ab.
    Die Gewichte wurden zugeteilt, damit jedes Pferd in einem Rennen eine Chance auf den ersten Preis hatte. Das Gewicht, das ein Pferd auf seinem Rücken zu tragen hatte, wurde auf Grund der körperlichen Kondition bestimmt. Dem Gewicht des Reiters fügte man wo nötig in einer Unterlage unter dem Sattel Blei hinzu, um das vom Handicapper vorgeschriebene Gesamtgewicht zu erreichen. Am meisten Gewicht hatten die Champions zu tragen, und Blitz trug regelmäßig mehr als alle anderen Pferde.
    Henry trat zurück. Er war ein untersetzter Mann mit einer gewölbten Brust, die an ein Faß erinnerte. Mund und Augen waren schmale Schlitze in einem vollen Gesicht. Das einzige wirklich hervorstechende Merkmal war seine Nase: sie war gekrümmt — beinahe wie der Schnabel eines Raubvogels. Peinlich genau untersuchte er Vorder- und Hinterbeine des Hengstes und die Festigkeit von Brust und Flanken. Auch nicht das kleinste Zeichen von Schmerz oder Schwäche wäre ihm entgangen.
    »Die Reiter werden gebeten aufzusitzen!« ertönte die Stimme des Sattelplatz-Aufsehers.
    Alec wurde in den Sattel gehoben, und indem er die Zügel ergriff, sprach er Blitz ruhig zu. Sobald Alec oben saß, beruhigte sich der Hengst jeweils, und seine Nervosität machte der Ungeduld Platz. Blitz beliebte es nicht zu warten.
    »Irgendwelche Anweisungen?« fragte Alec den Trainer. Henry hatte ihr Stallpony Napoleon bestiegen und begleitete die beiden nun zum Startplatz.
    Er schüttelte den Kopf. »Du sollst bloß dein Rennen reiten«, sagte er und packte das Zaumzeug des schwarzen Hengstes. »Ich kann dir nichts sagen, was du nicht schon weißt.« Er schob Napoleons Hinterhand zwischen Blitz und ein Pferd, das ihnen zu dicht folgte.
    In der Mitte der Rennbahn stand der Signalbläser in seinem roten Rock. Er trug glänzendschwarze Stiefel und eine schwarze Jagdmütze. Das lange Kutscherhorn hatte er bereits an die Lippen gehoben. Henry lief es vor lauter Lampenfieber kalt über den Rücken, als der Ruf zum Start ertönte. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wie viele Jahre vergangen waren, seit er diesen Ruf zum ersten Mal vernommen hatte. Er war so alt und grau wie der Wallach, auf dem er ritt, und genauso rund. Aber sie hatten beide noch ihre Aufgabe.
    Die Tribünen waren zum Bersten voll. Es herrschte ungeduldige Spannung. Man wartete. Neun Pferde gingen in der Startparade für das Roseben-Handicap — eine Distanz von 1400 Metern, die mit 25 000 Dollar dotiert war. Doch die Zuschauermenge sah nur den großen Favoriten: Blitz.
    Jedermann war überzeugt, daß der Champion es nicht an Geschwindigkeit fehlen lassen würde, aber es kam auch auf das Rennglück an. Und wenn man bedachte, daß Blitz ganze 124 Pfund auf seinem Rücken tragen mußte, während das Zusatzgewicht einiger seiner Konkurrenten nur 93 Pfund betrug... Zudem war das Rennen für den schwarzen Hengst fast zu kurz. Wenn sein Reiter auch nur einen einzigen Fehler machte, würde er möglicherweise Schwierigkeiten haben, die anderen vor dem Finish einzuholen. Bei so vielen Rennern würde es unweigerlich zu Zusammenstößen und Drängeleien kommen. Wer weiß, dies konnte ein denkwürdiger Tag werden — der Tag, an dem der größte Handicap-Renner aller Zeiten geschlagen wurde, und sie alle würden es mit eigenen Augen gesehen haben!
    Alec wickelte die Zügel um die Hände

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