Blitz und Pam
herüberzuschauen.
Seine Bewegungen gingen jetzt eher in ihrer Richtung als von ihr weg. Sie ließ den Kopf ins Gras zurücksinken und summte weiter; nur zu gut wußte sie, daß sich der Hengst nicht drängen ließ. Er würde zu ihr kommen, wenn es ihm paßte, und keine Sekunde früher.
Sie hatte die Augen geschlossen, aber sie konnte hören, daß er sich ihr näherte. Dann brachen die Hufschläge ab, und sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut. Sie öffnete die Augen und sah zu ihm auf. Sie streckte die Hand nach dem herabbaumelnden Steigbügel aus und zog sich daran hoch. Als sie auf den Füßen stand, schlang sie die Arme um Black Sands Hals und drückte ihre Wange an ihn.
Alec fuhr in seinem Jeep zum Stallgebäude zurück und wartete auf Pam. Er hatte ihren Sturz aus der Ferne mitangesehen und ihr eben zu Hilfe eilen wollen, als sie sich im Grase aufrichtete und Black Sand anscheinend zurief. Da er sah, daß sie sich nicht ernstlich verletzt hatte und daß der Augenblick kritisch war, weil sie versuchte, den Hengst zu sich zu bringen, hatte er sich nicht einmischen wollen.
Was sie ihm wohl sagen würde? fragte sich Alec. Oder würde sie etwa gar nichts sagen? Sollte sie ihren Sturz verschweigen, nur um die Stelle nicht aufs Spiel zu setzen, wie konnte er ihr dann die Aufgaben auf der Farm anvertrauen? Es würden ihr — wie jedem Pferdemann — weitere Fehler unterlaufen; die eigentliche Gefahr aber lag im Verschweigen der Fehler.
Sie ritt in leichtem Galopp auf ihn zu. In ihrem Gesicht standen Schweißtropfen; die Anstrengung war ihr und dem dampfenden Hengst anzusehen. Sie lächelte Alec zu — trotz allem — und sagte schlicht: »Er hat mich abgeladen, aber er ist nicht durchgegangen.« Ihre Stimme klang fröhlich und freundlich, aber es schwang darin auch die Neugier mit, wie Alec die Nachricht aufnehmen würde.
»Ich habe Ihre Warnung wohl nicht ernst genug genommen«, setzte sie hinzu. »Die Zweige im Wald peitschten ihn, und dann warf er mich ab. Aber er ist nicht davongelaufen«, wiederholte sie.
»Ja, das ist allerdings schon ein Fortschritt«, pflichtete Alec ihr bei. »Würden Sie ihn bitte schnell für mich halten?« fragte sie und stieg ab. Sie eilte zu ihrem alten Wagen und kam mit einer Mohrrübe zurück. Sie biß die Spitze ab, spuckte sie in die Hand und hielt sie Black Sand hin. Als er sie nahm, sagte Pam:»Nun sind wir Freunde.« Und mit den Lippen berührte sie sein Maul.
Alec wußte, daß ihm Henry Schwierigkeiten machen würde, wenn er Pam anstellte. Zudem war er sich bewußt, daß sie nicht bleiben würde, wie gut ihre Arbeit auch immer war. Sie hatte ja gesagt, sie wolle sich nicht für lange Zeit verpflichten. Der Wecker in ihrem Kopf würde rasseln und ihr das Zeichen zum Aufbruch geben.
Pam blickte Alec forschend an, und er fragte sich, wieviel sie ihm wohl an den Augen ansehen mochte. »Sie haben die Stelle, wenn Sie sie noch wollen«, sagte er.
»O ja, ich will sie noch«, antwortete sie nachdenklich. Dann wandte sie sich ab und sagte: »Ich werde ihn jetzt waschen. Er hat es nötig.«
Alec sah ihr nach, als sie Black Sand zum Stall führte. Es schien unglaublich, aber sie sah tapferer, stolzer und freier aus als irgend sonst jemand, den er kannte — und dabei war sie nur ein junges Mädchen. Henry würde ihm bestimmt hundert Gründe unterschieben, warum er sie angestellt hatte, nur den richtigen würde er nicht finden.
Alec würde Henrys Meinung schnell genug kennenlernen, denn am folgenden Tag schon mußte er auf der Aquädukt-Rennbahn in New York zurück sein. Blitz stand während der. zweiten Hälfte der Woche im Rennen. Alec kam zum Schluß, daß es wohl das beste war, von Pam bis nach dem großen Rennen nichts zu sagen. Wenn Blitz, wie zu erwarten war, gewann, würde Henry guter Dinge sein und sich vielleicht mit der Idee befreunden können, daß ein Mädchen für sie arbeitete.
VIERTES KAPITEL
Mit Blitz am Start
Am folgenden Samstag wurde Blitz auf dem Areal der Aquädukt-Rennbahn für das große Rennen des Nachmittags gesattelt. Bar jeglichen überflüssigen Gewichts, war er in bester Form.
Es war, als wüßte er, wie gut er aussah, denn er täuschte Ungeduld und Auflehnung gegen Alec vor, der neben seinem Kopfe stand. Der schwarze Hengst stampfte und richtete sich halb auf; seine Mähne, die erst kurz zuvor sorgfältig gebürstet und gestriegelt worden war, fiel wild zerzaust um Kopf und Hals. Sein schöngeschwungener, langer Hals erhob sich majestätisch,
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