Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
abraten, den Namen öffentlich
zu nennen.«
»Ja«, sagte ich. Meine Stimme klang wieder fester. »Das hoffe ich von ganzem Herzen.«
Erst als ich den ersten Schock, die erste Erleichterung über Thomas’ Unwissenheit und die Hoffnung, dass mein Name nicht in
der Öffentlichkeit auftauchen würde, überstanden hatte, wandte sich mein malträtiertes Gehirn der eigentlich ganz naheliegenden
Frage zu: Wie hat Susan Walker meine Identität herausgefunden?
Es gab drei Möglichkeiten. Die unwahrscheinlichste war, dass sie es selbst irgendwie über die Computerverbindung herausgefunden
hatte. Für so schlau hielt ich sie aber nicht. Die beiden anderen Möglichkeiten liefen darauf hinaus, dass jemand, der meine
Identität kannte, es ihr gesteckt hatte.
Kommissar Frank Stahl wusste davon. Aber warum hätte er nur wenige Stunden, nachdem er es selbst herausgefunden hatte, einer
ihm vermutlich unbekannten Susan Walker weitertratschen sollen? Viel wahrscheinlicher war, dass er sich ganz der Suche nach
Werner Funk widmete, dessen Spur sich in der Nacht verlor, in der er bei mir eingebrochen war.
Außerdem wusste Jasmin, dass ich Millie war, aber ihr traute ich diesen Verrat nie im Leben zu.
Jake dagegen schon.
Er hatte es von Jasmin erfahren. Er kannte Susan Walker. Schrieb für ihr Magazin, wenn ich mich recht erinnerte. Jake hatte
Jasmins Vertrauen ausgenutzt, um sich bei Susan Walker einzuschleimen.
Meine Abneigung gegen den Typ war von Anfang an berechtigt gewesen. Er war ein mieser, kleiner Scheißer, der die Freundin
seiner Freundin verpfiff. Eine falsche Schlange. Eine Amöbe. Himmel, hoffentlich hatte er es nicht auch Thomas verraten!
Ich schlief nicht in dieser Nacht. Zwar versuchte ich es, aber die pochenden Kopfschmerzen und das ständige Grübeln über die
mittelalterlichen Foltermethoden, die ich an Jake ausprobieren wollte, hielten mich davon ab. Gelegentlich sank ich in einen
Dämmerzustand, in dem meine anerzogenen Hemmungen von mir abfielen und ich mit einem kalten Lächeln auf den Lippen Jake teerte,
federte, vierteilte, auspeitschte, ihm die Zunge rausschnitt, ihn in eine eiserne Jungfrau steckte, auf der Streckbank in
die Länge zog, an den Füßen aufhängte und ihn ohne Wasser und Brot mit einem Eisenring um den Hals stehend an eine nasse Kerkerwand
fesselte.
Niemals hatte ich vermutet, dass ich zu solchen Fantasien fähig wäre. Ich war von mir selbst geschockt. Gerädert stand ich
um acht Uhr auf, schaltete den Laptop ein und kontrollierte meinen Posteingang und den Blog.
Es gab vierundzwanzig E-Mails . Sieben Markenartikler, die ihre Werbeanfragen zurückzogen. Journalisten, die kein Interview mehr wollten. Journalisten,
die jetzt erst recht ein Interview wollten. Eine Mail von John Hunter, der das Jobangebot zurückzog.
Die Kommentare auf dem Blog waren ebenfalls gemischt. Viele Beschimpfungen, aber auch einige Stimmen, die sich »trotz allem«
für die wunderbaren Bilder und Anregungen bedankten. Es waren diese Mails, die mir die Tränen in die Augen trieben.
Ich schaltete den Laptop aus, ohne auch nur eine einzige Nachricht zu beantworten.
Jasmin rief gegen neun Uhr abends an.
»Es tut mir so leid«, sagte sie statt einer Begrüßung. »Wie geht es dir?«
»Das fragst du noch?«, keifte ich sofort los. »BekommtJakedarling jetzt die Titelgeschichte? Oder mehr Zeilenhonorar? Oder was bietet Susan Walker als Gegenleistung dafür, dass
er mich verpfiffen hat?«
Jasmin lachte zum ersten Mal, seit ich sie kannte, nicht über meinen zickigen Tonfall. Im Gegenteil. Sie holte tief Luft,
dann sprach sie mit einer Stimme, die verletzt klang. »Er hat dich nicht verraten, Lulu.«
»Pah!« All meine Verachtung lag in diesem einen Wort.
»Wie kommst du überhaupt auf die Idee, dass er es war?«
»Er wusste es doch, oder?«
»Natürlich.«
»Natürlich? Ich habe dir gesagt, dass du es niemandem verraten darfst!«
»Aber das bezieht sich doch nicht auf Jake.« Ihr Ton war eine Mischung aus Naivität und Entrüstung.
»Besonders auf ihn«, brüllte ich.
»Lulu, wir werden heiraten.«
Mir stiegen die Tränen in die Augen. »Das verzeihe ich dir nie.«
»Lulu, jetzt hör mir doch mal zu …«
»Hat er Thomas etwa auch davon erzählt?«
»Er hat es überhaupt niemandem erzählt, Lulu. Glaub mir! Ich schwöre bei allem, was mir heilig …«
»Dir ist nichts heilig, und du hast dein Wort schon gebrochen, als du Jake davon erzählt
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