Blonde Engel sind gefährlich
Mr. Boyd .«
»Ich habe mit Miss Annette,
einer guten Bekannten von Ihnen, gesprochen. Sie erinnert sich deutlich an
diese Dawn Damon .«
»Schon möglich.« Er kippte mit
geübtem Schwung den Drink und griff erneut nach dem Mixer. »Ich will nicht
ungefällig sein, Mr. Boyd — aber ich gebe regelmäßig jedes Wochenende eine
Party mit über hundert Gästen. Die meisten von ihnen kommen aus dem
Show-Geschäft. Oft sind es allerdings nur sehr kleine Fische. Sie lassen sich
auf meine Kosten vollaufen und erzählen jedem, der es hören oder auch nicht
hören will, wie erstaunlich es ist, daß der alte Gus Terry immer noch lebt und
sich all die Jahre um die Einkommensteuer herumgedrückt hat. Die meisten meiner
lieben Gäste kenne ich nicht einmal dem Namen nach, und ich bin auch gar nicht
scharf darauf, die Bekanntschaft zu vertiefen .«
»Das kann ich Ihnen nachfühlen,
Terry«, meinte ich. »Aber leider hilft mir das nicht viel weiter .«
Die schmalen Lippen verzogen
sich zu einem bitteren Lächeln. »Daß der Mensch edel, hilfreich und gut sei,
Mr. Boyd, hat man uns in der Schule beigebracht. Aber leider habe ich in der
Stunde gerade gefehlt .«
»Die Rolle, die Sie spielen,
ist nicht neu«, knurrte ich . »Der Schauspieler, der
sich nicht daran gewöhnen kann, daß sein Stern endgültig untergegangen ist.
Sitzen Sie jeden Abend hier und sehen sich Ihre alten Filme an ?«
Er stellte den Mixer sehr
sorgfältig hin und betrachtete mich aufmerksam aus seinen tiefliegenden Augen.
»Ich habe im Laufe meiner Filmkarriere dreiundfünfzig Filme gedreht, Mr. Boyd«,
sagte er sehr sanft. »Und ich bin stolz darauf, daß ich nie mich dazu
erniedrigt habe, einen lächerlichen Privatdetektiv in irgendeinem billigen
Massenkrimi zu spielen. Das ist eine Leistung — finden Sie nicht auch ?«
»Ich glaube, im Namen aller
meiner Berufskollegen zu sprechen«, erklärte ich großartig, »wenn ich Ihnen
dafür von Herzen danke. Von einem solchen Schlag hätte sich unser Beruf nie
wieder erholen können. Ein Schauspieler, der Macbeth so spielt, daß man denkt,
es ist eine Neufassung von Charleys Tante — nee, danke für Backobst !«
Ich fragte mich, woher
plötzlich dieser trockene, rasselnde Laut kam. Es dauerte fünf Sekunden, bis
ich merkte, daß Gus Terry lachte.
»Nennen Sie mich Gus«, sagte
er, als er sich einigermaßen wieder gefaßt hatte. »Diese Unterhaltung ist sehr
anregend, Mr. Boyd. Alle meine Besucher kommen nur zu mir, weil sie etwas von
mir wollen, aber noch niemand hat mich dabei so erfreulich unhöflich behandelt
wie Sie .«
»Nennen Sie mich ruhig Danny!
Sie könnten immerhin mein Großvater sein, Gus«, sagte ich großzügig und füllte
meinen Wodka-Martini aus dem Mixer auf. »Wie wär’s, wenn Sie mir jetzt etwas
über Dawn Damon erzählten ?«
»Danny Boyd«, wiederholte er
nachdenklich. »Ich habe einmal einen Cliff Boyd gekannt. Er war Mitte der
dreißiger Jahre Regisseur bei uns. Er beging den schweren, wenn auch recht
häufigen Fehler, sich mit dem falschen Mädchen einzulassen. Zufällig war es die
Tochter eines sehr einflußreichen Produzenten. Sie haben ihn natürlich fix und
fertig gemacht. Schließlich ist er in Pasadena von einem Wolkenkratzer
gesprungen. Ich weiß noch, wie besorgt wir waren, daß das Aufsehen dem Geschäft
schaden könnte. War dieser Cliff Boyd zufällig Ihr Vater? Wenn Sie der Sohn aus
einer so romantischen Verbindung sind, muß ich aber doch lachen, Danny !«
»Fehlanzeige, Gus«, sagte ich
energisch. »Ich kann mich sehr gut an meinen Vater erinnern — und an meine Mutter
auch. Das kann nicht jeder von sich behaupten, hab’ ich gehört .«
Das trockene, rasselnde Lachen
erklang wieder. Unwillkürlich schaute ich in die dunklen Ecken des großen
Saales. Ich hätte mich nicht gewundert, ein paar Fledermäuse darin
herumflattern zu sehen.
»Sie sind großartig, Danny — so
können Sie bleiben !« brachte Terry schließlich heraus.
»Sie würden einen großartigen Presseagenten abgeben .«
»Bevor ich mich mit solcher
Zukunftsmusik beschäftige, würde ich gern das Problem Dawn Damon klären .«
»Pflichtbewußtsein? Jetzt
werden Sie langweilig !« beklagte er sich. »Bei der
kann ich Ihnen wirklich nicht weiterhelfen. Halt, da fällt mir ein: ich gebe
morgen meine übliche Wochenendparty. Sie sind herzlich eingeladen, Danny.
Vielleicht kreuzt Ihre Dawn Damon auch auf .«
Ich war nicht besonders scharf
auf diese Auszeichnung, und mein Dank fiel recht lauwarm aus.
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