Blonde Engel sind gefährlich
hat
übrigens bar bezahlt. Schon deshalb hätte ich sie mir eigentlich merken müssen.
Barzahlungskunden sind in meinem Geschäft sehr dünn gesät«, fügte sie mit einem
halb spöttischen, halb kläglichen Lächeln hinzu.
»Wer hat diese Party gegeben,
von der Sie vorhin sprachen ?« fragte ich mit letzter
Hoffnung.
»Die Party fand in der Villa
von Gus Terry statt«, sagte sie. »Drüben auf der Landzunge.«
»Gus Terry? Ich dachte, er wäre
längst tot !«
In ihren grauen Augen blitzte
es zornig auf. »Er ist sogar sehr lebendig, Mr. Boyd, das kann ich Ihnen
versichern! Nur weil er ein bekannter Filmstar der dreißiger Jahre war, denken
die Leute, er müßte jetzt schon ein Tattergreis sein. Aber als er am größten
war, war er erst fünfundzwanzig Jahre alt .«
»Der reinste Wunderknabe«,
bemerkte ich harmlos. »Um wieviel Zentimeter ist er
denn jedes Jahr eingeschrumpft ?«
»Finden Sie das sehr witzig ?« fragte sie mit Gletscherkälte in der Stimme. »Für
Schulbubenhumor habe ich nicht viel übrig .«
»Tut mir leid !« entschuldigte ich mich. »Erzählen Sie weiter — Gus Terry interessiert mich .«
»Da gibt es nicht viel zu
erzählen«, sagte sie. »Er ist sehr reich. Er hat sich auf der Landzunge ein
phantastisches Haus gebaut und gibt sehr viele Gesellschaften. Hauptsächlich
sind natürlich Leute von Film und Fernsehen bei ihm zu finden .«
»War er nicht nach dem Kriege
in irgendeinen Skandal verwickelt ?« fragte ich.
Undeutlich konnte ich mich an die Schlagzeilen erinnern. »Deshalb ist er doch
so schnell von der Leinwand verschwunden. Niemand wollte ihm danach noch einen
Job geben .«
»Es gab einen Skandal, das
stimmt !« sagte Annette mit unbewegter Miene. »Aber Gus
war das Opfer. Man hat ihm nicht einmal eine Chance gegeben, sich zu verteidigen.
Kein Mensch könnte es ihm verdenken, wenn er verbittert wäre. Aber er hat
vergeben — wenn vielleicht auch nicht vergessen .«
»Nun, ich werde mir diesen
edelmütigen Gus einmal ansehen«, versprach ich. »Vielleicht kann er mir bei der
Suche nach Dawn Damon helfen. Wetten, daß sie in Wirklichkeit einen höchst
spießigen Namen hat?«
»Ich denke, Sie suchen eine
Blondine namens Jeri ?« fragte sie spöttisch. »Mr.
Boyd, ich habe den Eindruck, daß Sie nicht ganz ehrlich mir gegenüber gewesen
sind .«
»Ich heiße Danny«, erinnerte
ich sie noch einmal hoffnungsvoll. »Sie haben schon recht ,
die Dinge liegen ein bißchen komplizierter, als Sie denken. Aber das ist eine
lange Geschichte. Was halten Sie davon, wenn ich Sie Ihnen beim Abendessen
erzähle ?«
»Das wäre sehr nett, Mr. Boyd«,
sagte sie bedauernd, »wenn ich nicht leider für heute abend schon eine
Verabredung hätte .«
»Vielleicht klappt’s ein
andermal«, meinte ich.
»Vielleicht.« Sie zog ihre
Seidenbluse straff und sah mich von der Seite an. »Aber ich bezweifle es .« Als letzten Versuch wandte ich ihr noch einmal mein
Profil zu, und zwar von beiden Seiten, aber es schien sie nicht weiter zu
beeindrucken.
»Sie zucken so nervös mit dem
Kopf«, meinte sie besorgt. »Nehmen Sie’s mir nicht übel — aber ich glaube, Sie
sollten das mal behandeln lassen. So etwas wird leicht chronisch !«
3
Eine halbe Stunde nach meinem
Besuch im Maison d’Annette tauchte die Villa auf der Landzunge, die Gus Terry gehörte, vor mir auf. Annettes
Beschreibung war nicht übertrieben. Das Haus war wirklich phantastisch. Die
Landzunge war felsig und erhob sich etwa hundertfünfzig Meter über dem
Pazifischen Ozean. Terrys Grundstück erstreckte sich über fünf Morgen Land. Die
Aussicht war atemberaubend.
Ich fuhr durch die geöffneten
Ranch-Tore und kam mir vor wie in der Kulisse zu einem Western-Film. Unter
prachtvollen hohen Kiefern rollte ich bis zu einem makellos geharkten
Kiesrondell. Das Haus selber war eine kühne Mischung aus spanischem, marokkanischem
und undefinierbarem Phantasiestil mit Rundbögen und — um das Maß vollzumachen —
zwei gotischen Türmchen. Die Haustür bestand aus massiver, künstlich gealterter
Eiche und war mit antiken Kupferbeschlägen verziert. An der Tür befand sich ein
bronzener Klingelknopf in einem massiven bronzenen Ring; als ich ihn betätigte,
erklang drinnen ein melodisch gemeintes, jetzt aber arg verstimmtes
Glockenspiel.
Sekunden später öffnete sich
die Tür, und eine attraktive Dienstbotenfee betrachtete mich abschätzend. Ihr
honigblondes Haar war kurz geschnitten und artig unter das
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