Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
sogen scharf die Luft ein, zweifellos, weil Keith den Ausdruck Vampirliebchen verwendet hatte. Keins der beiden Worte war für sich genommen allzu schrecklich, aber zusammengefügt … nun ja, sie repräsentierten eine Idee, die so ziemlich allem zuwiderlief, wofür die Alchemisten standen. Wir kämpften, um Menschen vor Vampiren zu beschützen. Mit diesen Kreaturen unter einer Decke zu stecken war so ziemlich das Abscheulichste, was man einem von uns vorwerfen konnte. Selbst bei ihren Befragungen waren die anderen Alchemisten in ihrer Wortwahl sehr vorsichtig gewesen.
Keith’ Ausdrucksweise war beinah obszön gewesen. Horowitz wirkte um meinetwillen wütend und öffnete den Mund, wie um etwas gleichermaßen Schneidendes zu erwidern. Nach einem schnellen Blick auf Zoe und mich schien er sich jedoch zu besinnen und wahrte Stillschweigen. Michaelson hingegen konnte sich nicht bezähmen und murmelte: »Beschütze uns alle.« Er machte ein Zeichen gegen das Böse.
Doch es war nicht Keith’ Verleumdung, die mich wirklich bestürzte (obwohl mich gewiss ein Schauder überlief). Vielmehr war es Stantons frühere beiläufige Bemerkung. Wir wissen, dass Sie Zoe angefragt haben.
Keith hatte also für diesen Auftrag Zoe angefragt? Meine Entschlossenheit, sie aus der Sache herauszuhalten, wuchs rapide an. Bei der Vorstellung, dass sie mit ihm gehen könnte, ballte ich unwillkürlich die Fäuste. Alle hier mochten Keith Darnell für einen Musterknaben halten, aber ich wusste es besser. Kein Mädchen – geschweige denn meine Schwester – sollte mit ihm allein gelassen werden.
»Keith«, begann Stanton, eine sanfte Warnung in der Stimme. »Ich respektiere Ihre Gefühle, aber Sie sind nicht in der Position, diese Forderung zu stellen.«
Er errötete. »Ich bin in Palm Springs stationiert! Ich habe jedes Recht vorzuschreiben, was auf meinem Territorium geschieht.«
»Ich kann durchaus verstehen, warum Sie so empfinden«, bemerkte mein Vater. Unglaublich. Wenn Zoe und ich die Autoritäten so in Frage gestellt hätten, wie Keith es gerade getan hatte, hätte unser Vater nicht gezögert, uns unsere Rechte zu erklären – oder vielmehr, er hätte uns erläutert, dass wir keine hatten. Keith hatte einen Sommer bei meiner Familie verbracht – junge Alchemisten taten das manchmal während der Ausbildung – , und mein Vater hatte sich angewöhnt, ihn wie den Sohn zu betrachten, den er nie gehabt hatte. Schon damals hatte er bei Keith und uns immer mit zweierlei Maß gemessen. Zeit und Entfernung hatten daran offenbar nichts geändert.
»Palm Springs mag Ihr Posten sein«, stellte Stanton fest, »aber dieser Auftrag kommt von Stellen in der Organisation, die weit jenseits Ihres Horizonts liegen. Sie sind von großer Wichtigkeit für die Koordinierung, das trifft schon zu. Aber Sie sind hier auf keinen Fall die letzte Autorität.« Im Gegensatz zu mir hatte Stanton dem einen oder anderen zu ihrer Zeit vermutlich was drübergezogen und würde das wahrscheinlich jetzt bei Keith auch gern tun. Es war seltsam, dass sie zu meiner Verteidigerin geworden war – ich war mir ziemlich sicher, dass sie mir meine Geschichte, ich hätte Rose benutzt, um meine Karriere zu fördern, nicht abgekauft hatte.
Keith beruhigte sich sichtlich, da er klugerweise einsah, dass ihn ein kindischer Wutanfall nicht weiterbrächte. »Verstehe. Aber ich mache mir einfach Sorgen um den Erfolg dieser Mission. Ich kenne beide Mädchen. Selbst vor Sydneys Zwischenfall hatte ich im Hinblick auf sie ernsthafte Vorbehalte. Ich war jedoch davon ausgegangen, sie würde dem … entwachsen, daher habe ich damals nichts weiter dazu gesagt. Jetzt sehe ich allerdings, dass das falsch war. Damals hielt ich tatsächlich Zoe für die weitaus bessere Wahl für die Familienposition. Nichts für ungut, Jared.« Er bedachte meinen Vater mit einem Lächeln, das wahrscheinlich charmant wirken sollte.
Inzwischen fiel es mir immer schwerer und schwerer, meinen Unglauben zu verbergen. »Zoe war elf, als du bei uns gewohnt hast«, sagte ich. »Wie in aller Welt konntest du zu einer solchen Schlussfolgerung gekommen?« Ich kaufte ihm keinen Moment lang ab, dass er damals im Hinblick auf mich Vorbehalte gehabt hatte. Das war Unfug. Seine Bedenken sind ihm wahrscheinlich am letzten Tag seines Aufenthaltes bei uns gekommen, als ich ihn auf ein schmutziges Geheimnis angesprochen hatte, das er hütete. Das war es, da war ich mir fast sicher, worum es hier bei alldem ging. Er wollte mich zum
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