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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Tagen war der Praelector ein vielbeschäftigter Mann. Er konsultierte die Herren Retter und Wyve; er telefonierte mit London, traf in Grantchester eine füllige, mit einer Liberty-Einkaufstüte bewaffnete Frau und führte auf einem Wiesenspaziergang ein langes Gespräch mit ihr; er fuhr sogar nach Coft Castle, wo er eine äußerst unangenehme Stunde mit Sir Cathcart verbrachte, der Skullion Krokodilstränen nachweinte und sich schließlich einverstanden erklärte, eine Badekur zu machen. Er sprach auch mit Kentucky Fry, der sagte: Scheiße, so einen Kack werde er nicht tun. Der General habe ihm ein paar Ferkel gekauft, und er wolle ganz groß in die Schweinezucht einsteigen. Ein Typ habe ihm erzählt, ehemaliges Land der Luftwaffenstützpunkte würde für transzendentale Meditation verkauft, aber er dachte, Schweine seien besser, mit fünfzigtausend im Dreck wühlenden Ferkeln hätte man ein gutes Auskommen, und das sei für ihn jetzt das Ding, seinen Lebensunterhalt verdienen, überleben. Dem pflichtete der Praelector bei, es sei eine gute Idee, doch in der Zwischenzeit solle er bloß ein wenig darüber nachdenken. Kentucky Fry entgegnete, er könne an nichts anderes denken außer ...
    »Wie wär’s mit einer Auslieferung? Nach Singapur vielleicht«, schlug der Praelector vor und lenkte Kudzuvines Aufmerksamkeit von der Schweinezucht ab. Lächelnd gab ihm der Praelector zwei Stunden Bedenkzeit. Kudzuvine brauchte keine zwei Stunden. Nein, Sir, wenn Sie das wirklich wollen, nur so ’ne Art zeremoniellen Auftritt, und er nichts anderes tun müßte, sei die Antwort ja. Der Praelector fuhr mit dem Taxi zurück nach Porterhouse und sprach mit dem Koch, der sagte, es sei zwar etwas ungewöhnlich, aber im Grunde spräche nichts dagegen. Und schließlich traf der Praelector nach Voranmeldung in der Onion Alley ein und hatte eine lange Unterredung mit Skullion.
    Doch seine schwerste Aufgabe schob er möglichst lange hinaus, nämlich bis der Maiball in vollem Gange war und die Telefone im Pförtnerhaus mit Anrufen von Nachbarn überschwemmt wurden, die den entsetzlichen Lärm nicht ertrugen, ihre Beschwerden aber nicht laut genug vorbringen konnten, daß Walter sie verstand.
    »Ich muß Ihnen was sagen«, schrie er dem Dekan zu, der dastand und wie hypnotisiert einer karibischen Band lauschte, die keine Lautsprecherboxen brauchte, um jedem in Hörweite den Kopf durchzupusten. Auf der Tanzfläche vor ihnen hopsten Studenten unter pulsierenden Stroboskoplampen wild und ekstatisch herum, was den Dekan so anwiderte, daß er keine vernünftige Antwort hätte geben können, wenn er den Praelector denn verstanden hätte, was aber nicht der Fall war. Der Praelector schrie noch mehr, doch der von dem wummernden Beat gemarterte Dekan nickte nur.
    »Sie haben völlig recht«, brüllte er zurück, nachdem der Praelector auch seinen dritten Gesprächsversuch abgebrochen hatte.
    »Danke sehr«, blaffte der Praelector. »Freut mich ungemein, daß Sie meiner Meinung sind.« Und damit begab er sich zum Rektorenhaus, wo ihn der kleinere und furchterregendere der beiden diensthabenden Männer sofort einließ. »Er ist oben in der Kommunikationszentrale«, sagte der Mann, nachdem er die Tür zugemacht hatte. »Anscheinend schläft er nie. Ständig surft er im Internet auf der Suche nach Dingen, von deren Existenz ich nichts wußte, obwohl ich bei der Sitte gearbeitet habe, bevor ich dieser Einheit zugeteilt wurde. Ich melde ihm, daß Sie kommen.«
    Der Praelector wartete im Salon, schaute hinaus in die pulsierende Nacht und dachte an die Maibälle, die er aus seiner Jugend kannte. Das waren beschauliche Festivitäten gewesen, die er sehr genossen hatte; er war durch den Speisesaal geglitten, hatte einen Quickstep, einen Foxtrott oder – gewagter ging es nicht – einen Tango aufs Parkett gelegt, und zwar mit einer eleganten und lebhaften Begeisterung, die sich unendlich von dem mechanischen Bacchanal unterschied, nach dem sich die jungen Leute heutzutage offenbar sehnten. Und das konnte er ihnen nicht verdenken. Sie übertönten eine scheinbar durch nichts mehr zusammengehaltene Welt, einen monströsen Basar, in dem es nur wenige anerkannte Kriterien gab, nämlich Geld, Sex, Drogen und das Streben, wenigstens zeitweise partielles Vergessen zu erreichen. Vielleicht war es eine bessere Welt, als er sie gekannt hatte – als Europa in den Krieg gezogen und Disziplin alles gewesen war. Er wußte es nicht und würde nicht lange genug leben, um es

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