Bloss kein Kind
hat mir meine Mutter gesagt: werd bloß nicht schwanger! Wenn du jetzt ein Kind kriegst, dann ist deine Zukunft verbaut.
Ich hab das auch so gesehen. Allerdings war nicht das der hauptsächliche Grund, warum ich auf keinen Fall schwanger werden wollte. Meine panische Angst, schwanger zu werden, kam mehr dadurch, dass ich meine Kindheit und Jugend als sehr unglücklich empfunden habe und ich befürchtete, das, was ich als Kind und Jugendliche erlebt hatte, nun noch einmal – quasi umgekehrt – würde erleben müssen. Aus dieser panischen Angst heraus habe ich versucht – was mir heute ziemlich seltsam vorkommt - mich mit 18 sterilisieren zu lassen. Das hat überhaupt nicht geklappt. Überall, wo ich war, bin ich mehr oder weniger „abgebürstet“ worden und auf Unverständnis gestoßen nach der Devise: was wollen Sie denn hier, das gibt‘s ja überhaupt nicht für so Leute wie Sie. Es gab also keine einzige Stelle - ich war auch bei Beratungsstellen - die irgendwie auf mein Anliegen freundlich, sachlich eingegangen wäre und die sich mal mit mir hingesetzt hätte, um mal darüber zu sprechen. Einerseits war ich mir damals hundertprozentig sicher, dass sich mein Entschluss niemals ändern wird, andererseits habe ich nicht gesehen, wie lang das Leben ist und dass sich da Einstellungen ändern können. In dem Alter hatte ich für diese langen Zeiträume einfach kein Gefühl.
Mit meiner Mutter habe ich auch darüber gesprochen. Sie fand das eine gute Idee, was mir heute auch sehr seltsam vorkommt, aber damals fand ich diese Unterstützung gut, weil es wenigstens ein Punkt war, in dem ich mit meiner Mutter übereingestimmt habe.
Ich hab dann Abitur gemacht mit 18, 19 und hab dann hier in T. ein Studium begonnen und im Rahmen des Studiums hatte ich dann eine Menge neuer Kontakte und über solche Kontakte bekam ich eine Adresse in den Niederlanden, die Sterilisierungen machten. Und das war für mich eine große Erleichterung. Ich hab mich sofort mit denen in Verbindung gesetzt und gefragt, ob sie das bei mir machen würden, da war ich mittlerweile 20. Dann bin ich mit einer Freundin nach Holland gefahren zu dieser Klinik. Die Klinik war sehr ordentlich, keine Hinterhof-Pfusch-Klinik. Das waren auch die ersten und einzigen, die sich vor der Sterilisation mit mir hingesetzt haben, mit mir gesprochen haben. Die hatten dann einen Fragebogen, wo auch gefragt wurde: was ist, wenn Sie sich das mit den Kindern in der Zukunft mal anders überlegen? Es war relativ einfach, auf diese Fragen zu antworten und so haben sie schließlich der Sterilisierung zugestimmt. Die Sterilisation war für mich jahrelang eine wirklich große Erleichterung und ein positiver Wendepunkt in meinem Leben.
Ich habe das dann auch meiner Mutter erzählt, als die Rede mal auf Kinder kam. Sie fand das gut, dass ich das gemacht habe, hat aber gesagt, ich soll das nicht meinem Vater erzählen. Meine Familie ist sehr katholisch und sie meinte, mein Vater hätte kein Verständnis dafür. Es war mir eigentlich egal, wem ich es erzähle oder nicht, ich hatte keinen Grund, das zu verschweigen, aber ich bin ihrem Wunsch nachgekommen. Das hieß aber dann in der Konsequenz - das war mir auch nicht sofort klar - dass ich es dann niemand in der Verwandtschaft erzählen durfte, denn wenn man‘s einem erzählt, hat man‘s allen erzählt und so kam‘s dann dazu, dass ich‘s niemand erzählen konnte und das fand ich dann auch nicht so glücklich. Das bekam dann dadurch den Anstrich eines Geheimnisses, was ich von mir aus gar nicht so beabsichtigt hatte.
In den nächsten Jahren wurde ich öfter, auch in der Verwandtschaft, gefragt: ja, willst du denn keine Kinder haben? Und da habe ich eben immer gesagt: nein, ich will keine. Und habe eben nichts von der Sterilisation erzählt und musste mir dann ewig anhören: ja, wart nur, bis du im richtigen Alter bist, oder bis es dich packt oder so, das fand ich dann ziemlich nervig. Weil ich ja schon eine endgültige Entscheidung getroffen hatte. In der Klinik war mir auch klar gemacht worden, dass diese Sterilisation nicht rückgängig zu machen gewesen wäre. Heute gäbe es da ja auch andere Möglichkeiten.
Mit 21 habe ich dann meinen Lebenspartner kennen gelernt und hab ihm dann auch ziemlich früh von der Sterilisierung erzählt und auch, dass das endgültig ist. Und wenn er für irgendwann in der Zukunft plant, doch mal Kinder zu haben, dass das nicht mit mir möglich wäre. Die Reaktion war
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