Blumen fuer die Toten - Ein Fall fuer Commissario Mariani
und zu zur Aushilfe.«
»Ja, ja, die Mieten werden immer teurer«, werfe ich hin.
Sie sehen sich an, bevor sie erklären, die Wohnung gehöre ihnen, sie hätten aber so viele Unkosten, und außerdem sei da noch Nando. Pause. »Aber Nando hat nichts mit dem Ganzen zu tun. Nando ist ein guter Junge, er könnte keiner Fliege was zuleide tun.«
Ich frage nicht nach, wer Nando ist, bin ich mir doch sicher, dass sie es mir von selbst sagen werden.
»Unser Enkel. Er ist neunzehn. Mein Sohn und seine Frau … ein Unfall vor fünf Jahren, da haben wir ihn zu uns genommen.«
»Ja, Kinder sind teuer. Ich habe auch eine Tochter, sie ist erst sechs, aber das Geldausgeben nimmt kein Ende.«
Als sie hören, dass ich Vater bin, werde ich in ihren Augen plötzlich zum Menschen. Sie geben ihre Wachsamkeit auf und treten so weit zur Seite, dass ich ins Wohnzimmer gehen kann (auch hier ein Spiegel, sie braucht das Wohnzimmer, um bei ihren Kunden Maß zu nehmen). Sie bietet mir einen Sessel an, und die beiden setzen sich gegenüber auf das Sofa. »Möchten Sie einen Kaffee? Entschuldigen Sie bitte, wir sind Ihnen gewiss ein wenig unfreundlich vorgekommen, weil wir Sie so in der Tür haben stehen lassen, aber wissen Sie, wir sind einfach so durcheinander.«
»Nein danke, keinen Kaffee.«
»Es macht bestimmt keine Umstände.«
»Danke, aber ich versuche gerade, es ein bisschen einzuschränken.« Ich sehe sie an. »Als ich klein war, hat mich meine Mutter mitgenommen, wenn sie zur Anprobe zur Schneiderin ging. Sie wollte mich nicht allein zu Hause lassen. Und diese Schneiderin hatte genauso einen Spiegel. Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen.«
Sie nickt.
»Ist Ihre Nachbarin Gina Gualtieri auch Schneiderin gewesen? Bei ihr habe ich einen ähnlichen Spiegel im Wohnzimmer gesehen.«
Sie wird rot und sieht ihren Mann an, er ist also mit Antworten dran. Er schaut auf seine Füße und sagt: »Sie hat immer Besuch bekommen, Besuch von … Männern.«
»Es haben sich schon welche beim Hausverwalter beschwert, und es gab eine Unterschriftensammlung. Aber wir«, die Frau zuckt die Schultern, »wir hatten ganz andere Sorgen.« Sie reibt sich die Arme. »Wer weiß, warum sie das getan hat. Das Leben ist nicht leicht, das lernt man, ob man will oder nicht.«
Alles hätte ich von einer Frau wie ihr erwartet, aber nicht, dass sie so modern sein und einfach akzeptieren könnte, Tür an Tür mit einer Nutte zu wohnen.
»Im Grunde hat sie keinen Ärger gemacht, und die Männer, die sie besucht haben, auch nicht. Außerdem liegen unsere Wohnungen nicht direkt nebeneinander, das Treppenhaus ist dazwischen. Ich habe sie eigentlich nie gehört, ich verbringe meine Zeit an der Nähmaschine und bin ein bisschen schwerhörig. Nur wegen Nando habe ich mir ein wenig Sorgen gemacht …«
»Es ist bestimmt nicht leicht, einen Jungen in diesem Alter zu erziehen. Und dann noch Ihr Verlust …« Ich sage das nicht nur so, um sie zum Sprechen zu bringen, ich denke das wirklich, das schwöre ich. Nun, Francesca sagt, dass ich nur als Vater einigermaßen menschlich bin.
»Früher oder später werden Sie es ja doch erfahren.« Sie hebt den Kopf und sieht mich mit den wässrigen Augen einer alten Frau an, die sich trotz allem ihren Stolz bewahrt hat. »Nando, mein Nando, hat Probleme mit Drogen gehabt. Jetzt ist er aus der Sache raus, er ist fast wie früher.« Ihr Mann legt ihr den Arm um die Schultern und sagt: »Wir hoffen nur, dass diese Geschichte ihn jetzt nicht aus der Bahn wirft. Er hat nichts damit zu tun, aber Sie wissen ja, wie das ist. Sie werden wieder gesund, behalten aber eine Schwachstelle.«
Ich nicke. »Kannte er Signora Gualtieri?«
»Sie war unsere Nachbarin. Vielleicht wusste er, wie sie sich ihren Lebensunterhalt verdient hat. Aber mehr auch nicht, glaube ich«, antwortet der Mann.
»Ich würde gerne mit ihm sprechen.« Ich mache eine vage Geste mit der Hand, die beruhigend sein soll. »Nicht, dass ich glaube, dass er in irgendetwas verwickelt ist, sondern weil ich jede Hilfe brauche, die ich finden kann. Keine Sorge, Signora, ich werde ihn mit Samthandschuhen anfassen. Einverstanden?« Pause. »Könnten Sie ihm ausrichten, dass er bitte in die Questura kommen soll … Nein, vielleicht ist es besser, wenn ich zu Hause mit ihm spreche.« Sie bejaht. »Oder … wo kann ich ihn finden, wenn es dringend sein sollte?«
»Er hat eine Arbeit gefunden, er ist Gärtner bei einer Spezialfirma … und wir haben gehofft, dass er auf
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