Blumen fuer Polt
Eigentümerin.“
Karin Walter schaute ein wenig ratlos auf eine
Statuette aus rosa Plastik. „Muß wohl eine Madonna sein.“
„Bestimmt. Frau Habesam führt solche Kunstgegenstände
in ihrem Kaufhaus. Soweit ich informiert bin, läßt sich der Kopf abschrauben,
damit man geweihtes Wasser einfüllen kann, oder auch Likör.“
„Schrecklich. - Aber es funktioniert tatsächlich. -
Und da ist ein Zettel drin. - Warte, gleich hab ich ihn. - O Gott, das schaut
aber gar nicht gut aus, Simon!“
„Lies vor.“
„Also, da steht: Am Ende des geraden Weges schließt sich das dunkle Tor
hinter uns. Und nie mehr wird es sich öffnen. Die vier.“
Das
dunkle Tor
Gegen Mitternacht standen alle Streifenwagen wieder
vor der Dienststelle, auch die Fahrräder von Karin Walter und Simon Polt waren
da. Im Gemeinschaftsraum stellte Harald Mank die Plastikmadonna feierlich
neben die Kaffeemaschine. „Ich finde, sie gibt unserem nächtlichen Polizeialltag
etwas unbestreitbar Transzendentales.“
Polt blickte verwundert auf, denn Fremdwörter waren
an sich nicht die Stärke seines Vorgesetzten. Er gähnte. „Bis jetzt hat sich
dieser himmlische Hohlkörper aber noch nicht so richtig bewährt. Wenn ich an
die vier Buben denke, wird mir ganz anders. Anfangs mag ihre Flucht ja noch
abenteuerlich gewesen sein. Aber mitten in der Nacht, in irgendeinem kalten,
feuchten Versteck, da kann einen der Mut schon verlassen.“
Karin Walter strich den Zettel glatt, den sie in der
Figur gefunden hatte. „Mir geht dieses >dunkle Tor< nicht aus dem Kopf.
Ich versuche es einmal mit deinem Zweckoptimismus, Simon. Dann machen die
Buben auch im zweiten Brief nur ein Geheimnis um etwas Alltägliches. Und damit
wären wir bei einer Preßhaustür oder einer Kellertür.“
Harald Mank hatte die Madonna wieder in die Hand genommen
und drehte fasziniert den Schraubkopf. „Wir haben uns natürlich gleich die
Preßhäuser der betroffenen Eltern vorgenommen, obwohl es wenig wahrscheinlich
ist, daß sich die Buben ausgerechnet in Reichweite ihrer prügelfreudigen Väter
verstecken. Dann sind natürlich unversperrte Türen in den Kellergassen
überprüft worden. Soweit wir sie kennen, haben wir uns auch bei den
Weingartenhütten umgeschaut. Aber natürlich kommt zudem jeder Stadel als Versteck
in Frage, jedes leerstehende Haus. Morgen früh gehen wir es bei Tageslicht noch
einmal an. Aber man sucht ja doch Stecknadeln im Heuhaufen. Sag einmal, Karin,
vielleicht bringst du den Direktor Pollak dazu, wenigstens deiner Klasse morgen
schulfrei zu geben? Das wäre eine große Hilfe bei der Suche, und Kinder können
sich vielleicht eher vorstellen, wo sich Altersgenossen verstecken würden.“
„Gute Idee. Wird kein Problem sein.“
„Na dann.“ Harald Mank stand auf. Die Kollegen vom
Nachtdienst werden noch weiter die Augen offenhalten. Und uns Freiwilligen wird
auch der Schlaf nach Mitternacht genügen. Bis morgen früh also. Soll ich dich
nach Brunndorf bringen, Karin?“
„Nein, danke.“ Die Lehrerin schüttelte müde den
Kopf. „Gendarmen machen mich derzeit verwirrt und ratlos. Nichts für ungut,
Harald.“
Am nächsten Morgen war nicht nur die erste Klasse
der Hauptschule ausgeschwärmt, auch viele Leute aus Burgheim und Brunndorf,
die vom Verschwinden der Buben gehört hatten, halfen bei der Suche mit.
Karin Walter und Simon Polt waren zum Ausgangspunkt
ihrer nächtlichen Unternehmung zurückgekehrt und überprüften mit einigen
Schulkindern Tür für Tür die aufgelassene Kellergasse. Zwar fehlten da und
dort Schlösser, doch die Türen klemmten oder waren halb verschüttet und
zugewachsen und ließen sich nicht öffnen.
„Hier brauchen wir nicht weiter zu suchen.“ Karin
Walter winkte die Kinder zu sich. „Aber wie wäre es, wenn wir wirklich einmal
alles wörtlich nehmen. Zum Beispiel die Sache mit dem >geraden Weg<.
Verfolgen wir einfach geradeaus die Richtung dieser Kellergasse weiter. Was
meinst du, Simon?“
„Logisch, der Gedanke. Direkt unweiblich. Wir versuchen
es.“
An ihrem oberen Ende wurde die Kellergasse zu einem
dicht verwachsenen Hohlweg. Simon Polt arbeitete sich mit einiger Mühe durchs
Gebüsch. „Hier ist schon lange kein Fuhrwerk mehr gefahren. - Geht's, Karin? -
Kommen die Kinder nach?“
„Von wegen. Die werden uns gleich überholen.“
Nach einiger Zeit war der Weg kaum noch zu erkennen.
„Ich hätte als Indianer auf die Welt kommen sollen“, schimpfte Polt, als ihm
wieder einmal ein Zweig
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