Blumen fuer Polt
in eine ausweglose Situation. Ihr Ehrenwort
untereinander oder das Bündnis mit einem bedrohlichen Partner soll Rettung bringen,
doch es macht alles nur noch schlimmer. Die vier wissen, daß sie verloren
haben, und geben auf.“
„Du vergißt deine Rolle in diesem Spiel, Simon.“
„Absichtlich, weil ich sie noch nicht einschätzen
kann. Aber ganz abgesehen davon: Was werden die vier tun?“
„In den Untergrund gehen, um dort elendiglich, aber
ehrenhaft zu verkommen. Oder um eines Tages als strahlende Helden
zurückzukehren.“
„Meine ich auch. Aber vorher werden sie
verschlüsselte oder versteckte Botschaften hinterlassen, als Hinweise darauf,
daß man mit ihnen noch zu rechnen hat.“
„Die Blumen an Gapmayrs Kellertür?“
„Vielleicht. Aber vor allem werden sie an ihre
geheimnisvollen Schlupfwinkel gedacht haben. Wo könnte hier etwas versteckt
sein?“
„In den Spalten zwischen den Brettern.“
„Zu einfach. Ein doppelter Boden?“
„Zu kompliziert. Es mußte rasch gehen.“ Karin
schaute herum. „Vielleicht gibt es eine Aushöhlung im Baum?“
„Nicht schlecht. Wenn du einen dumpfen Fall hörst:
Das war ich.“ Polt kletterte nach außen und kam nach einiger Zeit enttäuscht
wieder. „Nichts. Was jetzt? Wir können nicht ewig hier herumsitzen. Sag was,
Karin.“
„Laß mich. Ich denke eben darüber nach, wie und wo
Schüler ihre Schummelzettel verstecken. - He, manchmal sind sie ja gar nicht
versteckt, und darum bemerkt man sie nicht.“
„Das ist mir zu hoch.“
„Na, zum Beispiel der vollgekritzelte Umschlag einer
Arbeitsmappe. Fällt gar nicht auf, wenn da irgendwo auch ein paar Formeln oder
Vokabeln draufstehen. Da, schau dir einmal die Wände an!“
Tatsächlich entdeckte Polt erst jetzt und im Licht
der Taschenlampe, daß mit schwarzem Filzstift auf die Bretter des Baumhauses
gezeichnet und geschrieben worden war.
Da stand Fischzug
Habesam, Splitternacht Grenzwacht und Belagerung Ziegelfeste, auch Fahrrad-Rache und Waldtier-Verteidigungsschlacht. Unter den Zeichnungen stellte eine offensichtlich
eine Lehrerin dar, die unter dem Gewicht ihres gewaltigen Busens fast nach
vorne kippte. „Kennst du die?“ fragte Polt harmlos.
„Ich bin die einzige weibliche Lehrkraft an der
Schule. Und wir sollten uns nicht durch erhitzte Knabenphantasien aufhalten
lassen. Schau lieber einmal da her!“
Polt las vor. Freund
oder Feind! Du bist schlau, also der Wahrheit würdig. Wir gehen den geraden
Weg. Die Wolkenburg gehört von nun an Inspektor Simon Polt. Der Schatz ist in
die Räuberhöhle zurückgekehrt. Frau Walter, unsere Lehrerin, soll ihn haben.
Die vier.
„Im Aufsatz waren die nie so gut. Und daß sie ausgerechnet
dir die Wolkenburg geben.“ Karin Walter suchte Simon Polts Gesicht in der
Dunkelheit. „Du, das klingt nach Testament!“
„Schon. Aber wenn ich daran denke, wie viele Abschiedsbriefe
und Testamente ich als Kind meinen Eltern und Freunden vor die Tür gelegt habe,
ein Dokument melodramatischer als das andere! Klar, daß sich die vier aus
ihrer tristen Wirklichkeit flüchten und die Hinterlassenschaft regeln. Aber
hinter dem Spiel steht ein ganz konkretes Vorhaben, das auch ziemlich banal und
harmlos sein kann.“
„Rede dir nur nichts ein, Simon. Nach der Zeugnisverteilung
hat es schon Selbstmordversuche gegeben. Und die vier haben wahrscheinlich
Ärgeres erlebt als schlechte Noten.“
„Das wäre feige Flucht, Karin, nichts für Helden.
Und ich glaube, der Klaus ist alles andere als ein Feigling. Seine Freunde
machen ohnehin, was er sagt. Wir müssen herausfinden, was es mit dem
>geraden Weg< auf sich hat. Vielleicht wollen sich die vier irgendwie
von diesem fatalen >großen Ehrenwort< befreien?“
„Und das könnte gefährlich werden. Wir müssen weiter
nach Hinweisen suchen. Also auf zur Räuberhöhle.“
Karin Walter und Simon Polt waren außer Atem, als
sie unterm Lößabsturz ankamen. Zuvor hatten sie Inspektor Halbwidl getroffen,
der mit dem Auto unterwegs war und nichts Neues berichten konnte. Vorsichtig
stapften die beiden durchs tiefe Gras und drangen zwischen dichtem Buschwerk
zur Höhle vor. Karin leuchtete die Wände ab. „Keine Inschriften, keine
Zeichnungen.“
„Nicht notwendig.“ Polt untersuchte aufmerksam den
Boden. „Schätze pflegt man zu vergraben. Schau nur, hier ist der Sand etwas
lockerer.“ Er grub mit beiden Händen, bis er einen festen Gegenstand spürte.
„Hier, Karin! Du bist die rechtmäßige
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