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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Feuerhydrant! O Gott! O Gott! O Gott!
    Blut floss aus Dekes beiden Ohren. Sein Gesicht war eine diabolische rote Runkelrübe, die durch den hydrostatischen Druck einer unglaublichen Umkehrung zu Formlosigkeit angeschwollen war; es war das Gesicht eines Mannes im bärenhaften Klammergriff einer monströsen und unbekannten Kraft.
    Dann war es barmherzigerweise vorbei.
    Deke fiel wieder nach vorn, sein Haar hing auf die blutigen Dielen des Floßes, und Randy sah von angeekeltem Staunen erfüllt, dass sogar die Kopfhaut geblutet hatte.
    Geräusche drangen unter dem Floß hervor. Saugende Geräusche.
    Da fiel seinem kreisenden, überlastenden Verstand ein, dass er schwimmen können und eine gute Chance zu entkommen gehabt hätte. Aber La Verne war in seinen Armen schwer geworden, befremdlich schwer; er sah in ihr schlaffes Gesicht, zog ein Lid hoch, erblickte nur das Weiße und stellte fest, dass sie nicht bewusstlos, sondern in eine Art Schockkoma gefallen war.
    Randy betrachtete die Oberfläche des Floßes. Er hätte sie selbstverständlich hinlegen können, aber die Bretter waren nur dreißig Zentimeter breit. Im Sommer war ein breites Sprungbrett am Floß befestigt, aber das war abgenommen und irgendwo verstaut worden. Außer der Oberfläche des Floßes selbst war nichts mehr da, vierzehn Bretter, jedes dreißig Zentimeter breit und sechs Meter lang. Es war unmöglich, ihren bewusstlosen Körper hinzulegen, ohne mindestens eine dieser Fugen zu berühren.
    Lass eine Fuge aus und du bist raus.
    Sei still.
    Und dann flüsterte sein Verstand verschwörerisch: Mach es trotzdem. Leg sie hin und schwimm los.
    Aber das machte er nicht, er konnte es nicht. Schreckliche Schuldgefühle wurden bei diesem Gedanken in ihm wach. Er hielt sie fest und spürte die Belastung in Armen und Rücken. Sie war ein großes Mädchen.
     
    Deke verschwand unten.
    Randy hielt La Verne in seinen schmerzenden Armen und sah dabei zu. Er wollte es nicht, und lange Sekunden, es konnten auch Minuten gewesen sein, wandte er das Gesicht ganz ab; aber seine Blicke schweiften immer wieder hin.
    Nach Dekes Tod schien alles viel schneller abzulaufen.
    Der Rest seines rechten Beins verschwand, das linke wurde weiter und weiter abgespreizt, bis Deke wie ein einbeiniger Balletttänzer aussah, der einen unmöglichen Pas de deux macht. Das Becken brach knacksend, und dann schwoll Dekes Magen unter neuerlichem Druck beängstigend an, und Randy sah lange Zeit weg, versuchte, die nassen Geräusche nicht zu hören, versuchte, sich auf die Schmerzen in seinen Armen zu konzentrieren. Er konnte sie vielleicht wieder zu sich bringen, dachte er, aber vorläufig war es besser, die pochenden Schmerzen in Armen und Schultern zu spüren. So hatte er wenigstens etwas, worüber er nachdenken konnte.
    Hinter ihm ertönte ein Laut, als würden kräftige Zähne einen Mundvoll Karamellplompenzieher zerbeißen. Als er sich wieder umdrehte, wurden Dekes Rippen durch die Fuge gezwängt. Er hatte die Arme erhoben und ausgestreckt und sah aus, wie eine obszöne Parodie von Richard Nixon, der das Zeichen V für Sieg machte, das Demonstranten in den Sechziger- und Siebzigerjahren rasend gemacht hatte.
    Er hatte die Augen offen. Und er streckte Randy die Zunge heraus.
    Randy sah wieder weg, hinaus über den See. Such nach Lichtern, sagte er sich. Er wusste, dass es dort drüben keine Lichter gab, aber er redete es sich trotzdem ein. Such da drüben nach Lichtern, jemand muss eine Woche in seinem Sommerhaus verbringen, Herbsturlaub, kann man sich nicht entgehen lassen, und bringt die Nikon mit, die Lieben daheim werden sich über die Dias freuen.
    Als er wieder hinsah, standen Dekes Arme kerzengerade hoch. Er war nicht mehr Nixon jetzt war er ein Footballtrainer, der signalisierte, dass der Extrapunkt gut gewesen war.
    Dann schien Dekes Kopf auf den Brettern zu liegen.
    Seine Augen waren immer noch offen.
    Die Zunge streckte er immer noch heraus.
    »Oh, Ciiisco«, murmelte Randy und sah wieder weg. Seine Arme und Schultern kreischten förmlich vor Schmerzen, aber er hielt sie immer noch in den Armen. Er sah zur anderen Seite des Sees. Die andere Seite des Sees war dunkel. Sterne strahlten am dunklen Himmel wie verschüttete kalte Milch, die irgendwie hoch droben in der Luft schwebte.
    Minuten verstrichen. Jetzt ist er bestimmt fort. Du kannst wieder hinsehen. Okay, schon gut, prima. Trotzdem nicht hinsehen. Auf Nummer sicher gehen und nicht hinsehen. Einverstanden? Einverstanden. Ganz

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