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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die Farben, die Rachel gesehen hatte – fantastische Rot- und Gelb- und Blautöne, die über die Ebenholzoberfläche kreisten wie zähes Plastik oder dunkles, viskoses Naugahyde. Es stieg und sank mit den Wellen, und das veränderte die Farben und ließ sie wirbeln und ineinanderfließen. Randy merkte, dass er vornüberkippen würde, direkt in das Ding hinein, er konnte spüren, wie er kippte …
    Mit letzter Kraft schlug er sich selbst die rechte Faust auf die Nase – die Geste eines Mannes, der ein Husten unterdrückt, nur etwas höher und viel fester. Schmerz explodierte in seiner Nase, er spürte warmes Blut übers Gesicht fließen, und dann konnte er zurückweichen und rufen: »Sieh es nicht an! Deke! Sieh es nicht direkt an, die Farben machen dich schwindlig!«
    »Es versucht, unter das Floß zu gelangen«, sagte Deke grimmig. »Was soll die Scheiße, Pancho?«
    Randy sah hin – sah genau hin. Er sah, wie das Ding sich an die Seite des Floßes schmiegte und sich dabei zu einer Form einer halben Pizza plattdrückte. Einen Augenblick schien es sich dort zu stauen, dicker zu werden, und er sah in einer Schreckensvision, wie es sich so sehr wölbte, dass es auf den Boden des Floßes fließen konnte.
    Dann zwängte es sich darunter. Einen Moment glaubte er, ein Geräusch zu hören – ein schabendes Geräusch, als würde eine Rolle Segeltuch durch ein schmales Fenster gezogen –, aber daran konnten auch seine Nerven schuld sein.
    »Ist es darunter?«, sagte La Verne, deren Ton etwas seltsam Nonchalantes an sich hatte, als versuchte sie mit aller Gewalt, im Plauderton zu sprechen, aber sie schrie auch. »Ist es unter das Floß geschwommen? Ist es unter uns?«
    »Ja«, sagte Deke. Er sah Randy an. »Ich werde sofort losschwimmen«, sagte er. »Wenn es da unten ist, stehen meine Chancen nicht schlecht.«
    »Nein!«, kreischte La Verne. »Nein, lass uns hier nicht allein, lass …«
    »Ich bin schnell«, sagte Deke, der Randy ansah und La Verne überhaupt nicht beachtete. »Aber ich muss los, so lange es da unten ist.«
    Randy war zumute, als würden seine Gedanken mit Mach 2 dahinwirbeln – auf eine ölige, ekelerregende Weise war das berauschend, wie die letzten Sekunden, bevor man während einer billigen Jahrmarktsfahrt kotzt. Er hatte Zeit, die Fässer unter dem Floß hohl aneinander stoßen zu hören, Zeit, die Blätter der Bäume am Ufer zu hören, die trocken in einem Windstoß raschelten, Zeit, sich zu fragen, weshalb es unter das Floß geschwommen war.
    »Ja«, sagte er zu Deke. »Aber ich glaube nicht, dass du es schaffst.«
    »Ich schaffe es«, sagte Deke und ging zum Rand des Floßes.
    Er ging zwei Schritte, dann blieb er stehen.
    Er hatte angefangen, schneller zu atmen, sein Gehirn hatte Herz und Lunge darauf vorbereitet, die schnellsten fünfzig Meter seines Lebens zu schwimmen, und jetzt stand sein Atem still wie alles andere an ihm, stand einfach mitten beim Einatmen still. Er drehte den Kopf, und Randy konnte sehen, wie sich seine Nackenmuskeln wölbten.
    »Panch…«, sagte er mit einer seltsam erstickten Stimme, und dann fing er an zu schreien.
    Er schrie mit erstaunlicher Kraft, gewaltige Baritonheuler, die sich zu schrillen Sopranhöhen hinaufschwangen. Sie waren so laut, dass sie als geisterhafte Halbtöne vom Ufer widerhallten. Zuerst dachte Randy, sein Freund würde nur schreien, aber dann stellte er fest, dass es sich um ein Wort handelte – nein, zwei Worte, immer wieder dieselben zwei Worte: »Mein Fuß!«, schrie Deke. »Mein Fuß! Mein Fuß! Mein Fuß!«
    Randy sah nach unten. Dekes Fuß sah seltsam eingesunken aus. Der Grund war offensichtlich, aber Randys Verstand weigerte sich anfangs, ihn zu akzeptieren – es war zu unmöglich, zu irre grotesk. Vor seinen Augen wurde Deke zwischen zwei Brettern hinuntergezogen, die die Plattform des Floßes bildeten.
    Dann sah er das dunkle Glitzern des schwarzen Dings unter Ferse und Zehen, den dunklen Glanz, in dem tückische Farben wirbelten.
    Das Ding hatte seinen Fuß ( »Mein Fuß!«, kreischte Deke, als wollte er diese elementare Feststellung bestätigen. »Mein Fuß, o mein Fuß, mein FUUUUUUUUSS!« ) Er war auf eine Fuge zwischen den Brettern getreten (Lass eine Fuge aus und du bist raus, stammelte sein Verstand ), und das Ding war da unten gewesen. Das Ding hatte …
    »Zieh!«, schrie er plötzlich. »Zieh, Deke, gottverdammt, ZIEH!«
    »Was ist da los?«, bellte La Verne, und Randy bemerkte am Rande, dass sie nicht nur seine

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