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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ich wählte ihn.
    Mrs. Hollis’ letzte Worte an mich waren: »Schick uns etwas, wenn du kannst.« Ich habe weder sie noch ihren Mann wiedergesehen. Ich hatte gute Noten im ersten Jahr und bekam im Sommer einen Ganztagsjob in der Bibliothek. Ich schickte ihnen im ersten Jahr eine Weihnachtskarte, aber es blieb die einzige.
    Im ersten Semester meines zweiten Jahres verliebte ich mich. Es war das Tollste, was mir je passiert ist. Hübsch? Sie hätte einen glatt umgehauen. Bis heute hab ich keine Ahnung, was sie an mir fand. Ich weiß nicht einmal, ob sie mich geliebt hat oder nicht. Anfangs vermutlich schon. Später war ich für sie wohl einfach eine Gewohnheit, die man schwer ablegen kann, wie das Rauchen oder das Autofahren mit dem zum Fenster hinausgelehnten Ellbogen. Sie hielt mich noch eine Zeit lang, vielleicht weil sie die Gewohnheit nicht aufgeben wollte. Vielleicht hielt sie mich aus Verwunderung, oder weil es ihrer Eitelkeit schmeichelte. Braver Junge, sitz, mach Männchen, hol das Papier. Hier hast du einen Gutenachtkuss. Es spielt keine Rolle. Eine Zeit lang war es Liebe, dann war es so etwas wie Liebe, dann war es aus.
    Ich schlief zweimal mit ihr – beide Male, nachdem etwas anderes die Liebe verdrängt hatte. Das gab der Gewohnheit eine Zeit lang neuen Reiz. Dann kam sie aus den Erntedankfest-Ferien zurück und erklärte mir, sie hätte sich in einen Delta Tau Delta aus ihrer Heimatstadt verliebt. Ich versuchte sie zurückzuerobern, und einmal gelang es mir beinahe, aber jetzt hatte sie etwas, das sie vorher nicht gehabt hatte – eine Zukunft.
    Das brachte alles zum Einsturz, was ich in all den Jahren erreicht hatte, seit das Feuer die B-Film-Darsteller umgebracht hatte, die einmal meine Familie gewesen waren. Das Abzeichen dieses Burschen an ihrer Bluse.
    Danach machte ich mit drei oder vier Mädchen herum, die bereit waren, mit mir zu schlafen. Ich könnte die Schuld auf meine Kindheit schieben und sagen, dass ich nie gute sexuelle Vorbilder gehabt habe, aber daran lag es nicht. Ich hatte nie Probleme mit dem Mädchen gehabt. Erst als das Mädchen fort war.
    Ich bekam ein wenig Angst vor Mädchen. Nicht einmal so sehr vor jenen, bei denen ich impotent war, sondern vor jenen, mit denen ich es machen konnte. Die stimmten mich unbehaglich. Ich fragte mich ständig, wo sie wohl die scharfe Axt versteckt haben mochten und wann sie auf mich herabsausen würde. Ich bin da bei weitem kein Einzelfall. Zeigen Sie mir einen verheirateten Mann oder einen Mann mit einer festen Freundin, und ich zeige Ihnen einen, der sich fragt (vielleicht nur in den frühen Morgenstunden oder freitagnachmittags, wenn sie Einkäufe macht): Was macht sie, wenn ich nicht da bin? Was denkt sie wirklich von mir? Und am meisten vielleicht: Wie viel besitzt sie schon von mir? Wie viel habe ich noch? Als ich anfing, darüber nachzudenken, dachte ich ständig darüber nach.
    Ich fing an zu trinken, und meine Noten stürzten ab. In den Semesterferien bekam ich einen Brief, in dem stand, dass mein Stipendium für das zweite Halbjahr gestrichen würde, wenn sie nicht innerhalb von sechs Wochen besser wurden. Ich betrank mich mit einigen Kumpels, mit denen ich damals herumzog, und war die ganzen Ferien über betrunken. Am letzten Tag gingen wir ins Puff, und ich brachte es voll. Es war zu dunkel, um Gesichter zu sehen.
    Meine Noten blieben gleich. Einmal rief ich das Mädchen an und weinte am Telefon. Sie weinte auch, und ich glaube, dass sie es in gewisser Hinsicht genoss. Ich hasste sie damals nicht, und auch heute nicht. Aber sie machte mir Angst. Große Angst.
    Am 9. Februar erhielt ich einen Brief vom Dekan für Kunst und Wissenschaften; in dem wurde mir mitgeteilt, dass ich in zwei von drei Kursen meines Hauptfachs durchgefallen war. Am 13. Februar erhielt ich einen zurückhaltenden Brief des Mädchens. Sie wollte, dass zwischen uns alles in Ordnung kam. Sie hatte vor, den Typ von Delta Tau Delta im Juli oder August zu heiraten, und ich konnte eingeladen werden, wenn ich wollte. Das war fast komisch. Was hätte ich ihr zur Hochzeit schenken können? Mein Herz, mit einer roten Schleife darum? Meinen Kopf? Meinen Schwanz?
    Am 14. – Valentinstag – entschied ich, dass es Zeit für einen Tapetenwechsel war. Dann kam Nona, aber das wissen Sie schon.
    Sie müssen wissen, was sie mir bedeutete, wenn dies einen Sinn haben soll. Sie war schöner als mein Mädchen, aber das war es nicht. Gutes Aussehen ist in einem reichen Land billig.

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